13.11.2018

SBB

«Wir vertrauen unseren Mitarbeitenden»

Der neue Social-Media-Guide der Schweizerischen Bundesbahnen passt auf eine A4-Seite – und lässt sich sogar auf eine einzelne Regel reduzieren. Dass es nicht mehr brauche, sei Teil der SBB-Kultur, sagt Sarah Stiefel, Leiterin Digitale Kommunikation & Transformation.
SBB: «Wir vertrauen unseren Mitarbeitenden»
«Wichtig ist meines Erachtens nicht nur was man sagt, sondern dass man es bewusst sagt», so Sarah Stiefel, Leiterin Digitale Kommunikation & Transformation. (Bild: zVg.)
von Christian Beck

Frau Stiefel, Sie haben für die SBB-Mitarbeitende einen Social-Media-Guide veröffentlicht. Warum schaffen Sie das auf einer Seite, wo andere Unternehmen dicke Handbücher dafür publizieren?
Jede Unternehmung ist anders, deshalb kann ich diese Frage nur für uns beantworten. Das wichtigste ist unsere Kultur: Wir vertrauen unseren Mitarbeitenden, das gilt auch im Umgang mit Social Media. Auch ich geniesse in meiner Rolle sehr viel Vertrauen für wirklich gewagte Ideen. Von Vorteil ist sicher auch, dass unser CEO Andreas Meyer und unsere Kommunikationsleiterin Kathrin Amacker beide sehr aktiv sind und Social Media selber erleben und verstehen. Unser Weg hat auch Umwege und Stolpersteine beinhaltet. Wir haben stetig daraus gelernt und uns weiterentwickelt – was wir auch weiterhin tun.

sbb_socialmedia

Der Kürzest-Guide lässt sich sogar mit dem Zitat im Titel zusammenfassen: «Wir sagen auf Social Media Dinge, die wir auch vor einem Publikum mit 100 Leuten sagen würden.» War der Satz Ihre Idee?
Wir haben uns dafür an diversen Orten inspiriert. Der grosse Teil der Arbeit war die interne Verankerung mit viel Teamwork. Als Basis haben wir unsere eigenen Mitarbeitenden befragt, jene, die auf Social Media aktiv sind. Weiter haben wir Workshops mit den aktivsten Mitarbeitenden durchgeführt. Entstanden ist daraus der Hashtag #SBBconnect und eben unser neuer SBB-Social-Media-Guide. Der Tweet von Torsten Beeck von «Spiegel Online» hat unsere Headline inspiriert, wobei wir das Ganze aufs absolute Minimum reduziert haben.


Was war das Schlimmste, was Sie selbst vor 100 Leuten mal gesagt haben?
Ganz ehrlich, ich glaube ich habe noch nie etwas wirklich Schlimmes vor 100 Leuten gesagt (lacht). Schliesslich liegt «schlimm» ja auch im Auge der Betrachterin, jeder Mensch nimmt die Dinge durch die eigene Brille wahr. Ich persönlich sage auf Social Media Dinge, die etwas in mir auslösen und mir für mein Netzwerk relevant erscheinen. Wichtig ist meines Erachtens nicht nur was man sagt, sondern dass man es bewusst sagt. Und sich eben bewusst macht, dass da eine kleine – manchmal schnell sehr grosse – Öffentlichkeit mitliest. Sich ein Publikum mit 100 Personen vorzustellen, finde ich dafür bei allen Themen eine gute Messlatte. Weiter bieten wir unseren Social-Media-aktivsten Mitarbeitenden auch sogenannte «Social-Media-Rollen-Coachings» auf freiwilliger Basis an. Das Modell habe ich im Rahmen meiner Coaching-Weiterbildung selber entwickelt. Ziel dabei ist es, die bewusste Nutzung und das bewusste Verhalten auf Social Media zu fördern.

«Sich hinter einem Avatar verstecken und ‹abtrollen› – kann man natürlich machen»

Warum braucht die SBB nicht mehr Regeln? Sind Ihre Mitarbeitenden so anständig?
Ja, das ist wohl der erste und wichtigste Grund. Ich denke übrigens, dass dies eigentlich für alle Menschen stimmt. Sich hinter einem Avatar verstecken und «abtrollen» – kann man natürlich machen, aber dann weiss man ja sowieso nicht, wer dahinter steht und verhindern kann man es auch nicht. Wir arbeiten lieber an der Kultur und machen Dinge transparent, die vielleicht noch nicht so gut funktionieren, anstatt Symptome zu bekämpfen.

Posten mittlerweile auch ältere Mitarbeitende auf Social Media?
Einen Generationen-Gap aufzutun, finde ich immer etwas abwertend. Und was heisst heute schon «ältere Menschen»? Bei uns posten viele und querbeet durch alle Berufs- und Altersgruppen.

Bei welchem Social-Media-Post mussten Sie intervenieren?
Das kommt zum Glück sehr selten vor. Wir hatten schon Genderthemen oder Situationen, wo Mitarbeitende unter sich auf Social Media Interna ausgetragen haben. Das hat mich auch schon persönlich betroffen. Oft regeln die Mitarbeitenden das unter sich selber, in einzelnen Fällen haben wir persönlich Kontakt aufgenommen und den Dialog gesucht. Meistens sind sich die Mitarbeitenden der Wirkung ihrer Aussagen gar nicht bewusst. Das war mitunter ein Grund, der mich dazu gebracht hat, das erwähnte Coaching zu entwickeln.

Sprechen Sie manchmal auch Lob für besonders gute Posts aus?
Ich like und kommentiere «da draussen» mit meinen persönlichen Social-Media-Profilen täglich ganz viele Dinge, mitunter Posts von SBB-Kolleginnen und -Kollegen. Das sind aber einfach meine persönlichen Präferenzen. Ein guter Post ab einem persönlichen Profil liegt immer im Auge des Beschauers. Ich würde mir nie anmassen, dies aus meiner Rolle für die SBB zu werten. Aber: Ich freue mich täglich, wenn Mitarbeitende mit Freude aus ihrem Job bei der SBB erzählen. In dieser Firma steckt so viel Herzblut, und ich möchte das für die ganze Schweiz – und die Welt – sichtbar machen.



Newsletter wird abonniert...

Newsletter abonnieren

Wollen Sie Artikel wie diesen in Ihrer Mailbox? Erhalten Sie frühmorgens die relevantesten Branchennews in kompakter Form.

Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240420

Die Branchennews täglich erhalten!

Jetzt Newsletter abonnieren.