TV-Kritik

Blasser Blick in fremde Wohnungen

Wohnen nimmt einen gewichtigen Aspekt in unserem Leben ein. Sich häuslich niederlassen ist ein menschliches Grundbedürfnis. In der Gestaltung einer Wohnung spiegelt sich die Persönlichkeit und Lebenssituation eines Menschen wider. Die meisten von uns schauen gerne in fremde Wohnungen rein. Wir wollen unter anderem erfahren, was sich andere Leute unter Wohnen vorstellen. Dazu möchte TeleZüri mit seinem neuen Kurzformat «Mis Dihei» verhelfen (persoenlich.com berichtete).

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Es ist eine zehnminütige Mini-Sendung, die am Samstag um (zirka) 18.40 Uhr nach «SwissDinner» läuft. TeleZüri bezeichnet die Billigstproduktion als «voyeuristischen Blick in die Wohnung von Stadtzürchern». Warum nur Stadtbewohner? In der zweiten Ausgabe zeigte die gesprächige Paola (41) ihre 2,5-Zimmer-Wohnung im Kreis vier. Miete: rund 1400 Franken. Die Managerin ist stolz auf die von ihrem Onkel geschreinerten Möbel, das «Gireizli» im Wohnzimmer, ihre Schuhsammlung oder die Föteli ihrer Freunde. So what?

Eine Woche davor besuchte Produzent und VJ Roland Kessler («Lifestyle», «Quizzenswert») den Berater Fabio (33). Dieser lebt ebenfalls im Kreis 4, unweit des Senders. Kessler mag offenbar nur kurze Stadtfahrten. Fabio und seine Mitbewohner bezahlen für ihre 4,5-Zimmer-Wohnung knapp 2000 Franken. Der Bündner: «Ein Schnäppchen». Der Protagonist präsentierte unter anderem seinen vollen Kühlschrank, Büchergestell, Ankleidezimmer und das grosse Bett. Langweilig. Zu bemängeln hat er einzig die Hellhörigkeit seiner Wohnung. Fabio geht es so, wie vielen Mietern: Wenn er aufsteht, um den Fernseher abzustellen, merkt er, dass es der des Nachbarn ist.

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Der Blick in private Rückzugsgebiete kann spannend sein. Das Schweizer Fernsehen hat daraus vor Jahrzehnten eine ganztägige, erfolgreiche Live-Sendung gemacht. «Mis Dihei» müsste trotz der Kürze tiefer gehen. Beispiele: Wie wird Wohnen erlebt? Was tun die Leute, wenn sie wohnen? Wie kommt man heute in Zürich zu einer (bezahlbaren) Wohnung?

Paola und Fabio bekamen als Honorar einen Möbelgutschein im Wert von 1000 Franken. Hauptsponsor der Sendung ist selbstverständlich ein Haus, das Wohnungseinrichtungen verkauft.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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KOMMENTARE

Victor Brunner
05.05.2019 09:14 Uhr
Ein typisches Tele-Züri-Format, oberflächlich und langweilig und bieder. Aber verständlich, 5 Sekunden in den Kühlschrank schauen genügt und man weiss was darin ist. Einrichtung auch schnell abgehackt, über Paola erfährt man wenig. Auch die wichtigste Frage wurde nicht geklärt! Was macht Paola mit einem Gutschein von Schubiger Möbel über CHF 1'000 wo doch der Onkel alles eigenhändig geschreinert hat!
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