TV-Kritik

So meisterte SRF den Digitaltag

Der zweite Schweizer Digitaltag begann auf SRF schon Mittwochnacht – startend mit einer Sendung bis morgens um zwei Uhr. Wasiliki Goutziomitros moderierte eine Zeitreise durch die Welt der Digitalisierung und präsentierte dabei aus heutiger Sicht häufig kuriose, drollige und nicht selten interessante Perlen aus dem Archiv. Ein Blick zurück auf Computer und Internet und dessen Siegeszug. Eine neuproduzierte Sendung einzig für ein paar Nachteulen.

Verschenkt. Warum das? Wenn schon denn schon: SRF hätte dafür das Programm am Mittwochabend nach «10 vor 10» locker freischaufeln und mit den Glanzstückchen aus dem Hausarchiv beträchtlich mehr Zuschauer erreichen können. Im zweiten Programm war eine frühere Sendezeit tatsächlich nicht möglich – wegen der Champions League.

Nach der Mittags-«Tagesschau» (mit einem Bericht über den IT-Flop in der Eidgenössischen Steuerverwaltung...) sendete SRF am Donnerstag eine Stunde aus dem Zürcher Hauptbahnhof, dem Dreh- und Angelpunkt des Digitaltages mit über 100 Experten (persoenlich.com berichtete). Es war eine anregende «Messeführung» mit dem neugierigen Moderationsduo Wasiliki Goutziomitros und Tobias Müller. Ein paar der aufgenommenen Themen: Mobilität, E-Sport, Vormarsch der digitalen Lebensvermessung, Gesundheitswesen (Elektronisches Patientendossier EPD), virtuelle Wohnungs- und Hauseinrichtung – und E-Voting.

Manche Experten warnen vor Gefahren und möglichen Manipulationen bei der elektronischen Stimmabgabe, die teilweise bereits praktiziert wird – beispielsweise bei den Auslandschweizern. Bundespräsident Alain Berset im Interview mit Goutziomitros: «Die Sicherheit hat die grösste Priorität, es geht um die Demokratie. Wir sind noch nicht so weit, dass E-Voting überall machbar ist.»

Ausserdem sagte Berset im TV-Fragegespräch: «Man sieht immer mehr, wie die Digitalisierung unser Leben verändert. Und hoffentlich verbessert. Sie muss zu einer guten, integrativen Gesellschaft beitragen. Die Rolle der Politik ist es, die Chancen der Digitalisierung zu vergrössern, aber auch die Risiken zu minimieren. Wir haben in der Schweiz eine sehr gute Ausgangslage, um uns zu entwickeln. Aber es braucht ein starkes Engagement aller Akteure.»

Digital-Ausklang im SRF-Abendprogramm: «Einstein» mit dem Thema «Fake: Lügen im digitalen Zeitalter». Davor eine Dokumentation über Social Media Influencer.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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