TV-Kritik

Von goldigen Athleten und «bösen» Medien

Das war nun wirklich nicht das Problem, das den Leuten in diesem für die Medienbranche so schwierigen und ereignisreichen Jahr unter den Nägeln brannte. «Die Hassliebe zwischen Sport und Medien» lautete das Thema im SRF-«Medienclub». Unsauber, ja unlauter der mehrmals ausgestrahlte Trailer zu dieser Sendung. Hauptaussage: «Wer gewinnt, wird gefeiert, wer verliert vernichtet!» Vernichtet? Wie bitte? Wer denn? Wann denn? Wo denn?

Die gallige Behauptung konnte in der Sendung kein einziges Mal belegt oder gestützt werden. Es gab von den Gästen keine Medienschelte, kein Bashing. Die ehemalige Spitzenkunstturnerin Ariella Kaeslin erklärte gleich zu Beginn: «Ich wurde immer gut behandelt von den Medien.» Und später: «Ich musste mich nie wehren.»

Gewohnt brillant im Auftritt und sachlich in der Diskussion war Sportberater Bernhard Heusler. Der ehemalige Präsident des FC Basel sagte überzeugend: «Im hoch kommerzialisierten Fussballgeschäft werden Gehälter in der Dimension von Top-Managern bezahlt. Wir im Fussballgeschäft können das ganze Geld letztlich nur generieren über die Medien, über die Übersteigerung und Übertreibung dieses Sports. In diesem Umfeld ist ganz klar, dass sich ein Fussballprofi damit auseinandersetzen muss, dass er öffentlich ist. Und dass die Medien keine Einbahnstrasse sind.» Kritik äusserte Heusler an Reaktionen auf den Fussballsport in den sozialen Medien: «Dort findet man eine Respektlosigkeit, die einem zu schaffen macht.»

Weitestgehend aus den sozialen Medien verabschiedet hat sich inzwischen Lara Gut-Behrami. Sie gab sich im eingespielten Interview mehr selbst- als medienkritisch. Sie sagte: «Ich lese nicht mehr, was über mich geschrieben wird.» Wirklich?

Im Vorfeld des Medienclubs versprochen aber in der Sendung nicht eingehalten und diskutiert wurde der Aspekt, wie die Spitzensportler von der medialen Präsenz profitieren. Wie dadurch ihr Bekanntheitsgrad steigt. Und ihr Marktwert hochgeht.

Franz Fischlin hat sich über eine Stunde vergeblich abgestrampelt. «Was nehmt Ihr mit?», fragte er zum Schluss seine Gäste. Diese waren ziemlich ratlos. Den Zuschauern wird es ebenso ergangen sein.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

Kommentar wird gesendet...

Kommentare

  • Ravena Frommelt, 13.12.2018 09:44 Uhr
    @Lorenzo Ancona: Ok, interpretiert ist es, aber nicht krass: Wenn er schreibt, den Zuschauern dürfe es gleich ergangen sein, dass sie ratlos zurück blieben - dann interpretiere ich, dass es IHM nämlich so ergangen ist. Wegen "wirklich": auch wenn es nur eine --> saloppe Hinterfragung <-- ist. Es bringt trotzdem Misstrauen zum Ausdruck und ich habe persönlich den Eindruck gehabt (die Sendung mittlerweile auch geschaut), dass Lara Gut-Behrami sehr authentisch rüberkam, sehr ehrlich. Auch gesagt hat, dass es ein Selbstschutz ist, dass sie nicht mehr alles liest über sich und das finde ich stark. Weiss auch nicht, was man hierbei anzweifeln will. Als Jung-Journalistin darf ich darauf hinweisen, dass ich in Kommentaren meine Meinung sagen darf. Und noch zu der Sendung: Quintessenz war m.E., man (Sportjounis/Sportler) müssen miteinander im Gespräch bleiben, denn es gibt wegen mehreren komplexen Ebenen nicht DIE einzig wahre Antwort/ein allgemeingültiger Kompromiss. Miteinander reden finde ich also ein genug guter Rat, um nicht ratlos zurückzubleiben.
  • Lorenzo Ancona, 13.12.2018 09:01 Uhr
    @Ravena Frommelt: Genau lesen! Diesmal ist nicht Hildbrand ratlos, sondern die Teilnehmer der Runde ist es. Und das "Wirklich?" bei Lara Gut-Behrami ist längst kein Hinweis auf eine Unwahrheit, sondern nur eine saloppe Hinterfragung. Als Jung-Journalistin: Machen Sie nicht die gleichen Fehler, die Sie bei Hildbrand kritisieren und die Sie in diesem Satz zum Ausdruck bringen: "das ist ziemlich krass interpretiert, nicht?"
  • Ravena Frommelt, 12.12.2018 12:21 Uhr
    Ich bin leider noch nicht dazu gekommen, diese Sendung zu schauen. Aber einmal mehr sind Sie "ratlos", wirklich auffälig, wie oft Sie in ihren Kritiken "ratlos" sind. Wieso sollte Lara Gut eine Unwahrheit sagen damit, dass sie nicht mehr lese, was über sie geschrieben wird? Ich lese per Zufall gerade ein Buch über eine Leistungssportlerin im Laufbereich und diese Frau schildert ziemlich ausführlich, wie es sinnvoll sein kann, an einem gewissen Punkt nicht mehr zu lesen, was Medien über einen schreiben, zumal es manchmal gar nicht stimmt. Und es kostet wertvolle Zeit. Ja, ich denke wirklich, wenn man ein gewisses Mass an Fame erreicht hat, wird einem umso wichtiger, was die Leute über einen denken, die auch wirklich eine Rolle spielen, sprich: Die Freunde oder auch die Familie. Übrigens: Lara Gut habe sich eher selbst- als medienkritisch gegeben aufgrund der erwähnten Aussage — das ist ziemlich krass interpretiert, nicht? Will sie überhaupt irgendjemanden oder irgendetwas kritisieren? Und wieso sollte es Selbstkritik sein, wenn sie nicht mehr liest, was über sie geschrieben wird — nehme an, sie will einfach ihren Seelenfrieden oder mehr Zeit zum Skifahren? Wird mich Ihre Ratlosigkeit davon abhalten, mir die Sendung bei Gelegenheit noch anzuschauen? Mitnichten.
Kommentarfunktion wurde geschlossen
Zum Seitenanfang20240419