TV-Kritik

Wie Kilchsperger geteilt werden kann

Der Wechsel von Roman Kilchsperger zu Teleclub (persoenlich.com berichtete) ist keine Überraschung. SRF hat es jahrelang sträflich verpasst, dem bekennenden Fussballfan in der Sportabteilung eine Chance zu geben.

Dass Kilchsperger im Fernsehen Fussball kann, hat er schon vor über 20 Jahren bewiesen. Souverän präsentierte er von 1997 bis 2003 «live ran» im Schweizer Programmfenster von Sat 1. Und während der Fussball-WM moderierte er gelungen für den deutschen Privatsender Premiere. Mit dem Segen der damaligen (fortschrittlichen) SRF-Direktorin Ingrid Deltenre.

«Top Secret» kann und wird Roman Kilchperger leichten Herzens aufgeben. Dieses Quiz war nie ein Brüller. Was die Quoten betrifft, schon gar nicht. Darum wird es im Sommer auch eingestellt. Dass der patente Moderator den «Donnschtig-Jass» behalten kann, ist richtig, einleuchtend – und von SRF aber auch eigennützig. Nachdem Noch-Unterhaltungschef Christoph Gebel und seine Redaktionsleiterin Sibylle Marti ihre langjährige Kollegin Monika Fasnacht ohne Not und unschön abserviert haben, gäbe es beim Sender sonst auch niemand mehr, der das Format erfolgreich präsentieren könnte. «Samschtig-Jass»-Moderator Reto Scherrer geht bei den sommerlichen Jass-Festen neben seinem Kumpel und Vorbild Kilchsperger nur ganz knapp durch – in seiner Rolle als Hanswurst.

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Wenn die SRF-Chefs etwas gewieft sind, werden sie auch «Kilchspergers Jass-Show» im Programm behalten. Und lassen dem künftigen Teleclub-Star ebenso die Pop-Schlager-Show «Hello Again!». Zumal der Schlager beim Schweizer Fernsehen seit vielen Jahren ein Mauerblümchendasein fristet. Der Morgenshow von Radio Energy (Ringier) wird der Zürcher ebenfalls erhalten bleiben (Ringier war übrigens bis 2012 an Teleclub beteiligt). Auch wenn es dort durch sein neues berufliches Engagement zu weniger Einsätzen kommen wird. Insgesamt sollen doch alle Kilchsperger-Fans happy bleiben.

Prominente Beispiele aus Deutschland zeigten schon vor Jahrzehnten, wie Star-Moderatoren – ohne Probleme für die Sender – sowohl für Private wie auch für öffentlich-rechtliche Kanäle arbeiten können. Günther Jauch, der seine grosse Kohle bis heute bei RTL macht, war bei der ARD mit seiner Talkshow am Sonntagabend gleichzeitig jahrelang sogar mit einem Polit-Format betraut. Früher moderierte er bei RTL unter anderem auch Fussball. Mit Marcel Reif als Kommentator. Künftig darf GC-Fan Kilchsperger mit diesem Leuchtturm auf Teleclub Fussball auslegen.

Thomas Gottschalk moderierte neben «Wetten, dass..?» (ZDF) seine Late-Night-Show bei RTL. Seit über einem Jahr arbeitet der frühere Grossverdiener (wird in zwei Monaten 68) wie in seinen jungen Jahren ab und zu wieder für das Radio des Bayerischen Rundfunks. Gottschalk sagt: «Ich gebe damit den Öffentlich-Rechtlichen etwas zurück. Mein Honorar reicht nämlich nicht einmal für die Hotelspesen.»

Wer weiss: Vielleicht wird sich auch Roman Kilchsperger (feiert nächste Woche seinen 48. Geburtstag) revanchieren, wenn er jetzt von SRF etwas grosszügig behandelt wird. Er könnte in 20 Jahren «Visite» moderieren, das sympathische wöchentliche Wunschkonzert für die Kranken auf Radio SRF 1. Sein «Donnschtig-Jass»-Assistent Reto Scherrer (42) macht das ab und zu heute schon.

 

 


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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