24.06.2005

Markus Ruf

"Machen Sie sich um uns keine Sorgen!"

Drei Löwen gewann Ruf Lanz in Cannes. Wo er die Trophäen platzieren will, weiss Agentur-Chef Markus Ruf noch nicht. Diese Frage gehöre zu den angenehmeren Traktanden der Montagssitzung, sagt der vielbeschäftigte Topkreative, der keine Zeit fand, selber ans Werbe-Festival zu fahren. Wie schwer für ihn die Lions wiegen und wie er den rapide steigenden Erwartungen an seine Agentur begegnet, erklärt er im Interview mit "persoenlich.com".
Markus Ruf: "Machen Sie sich um uns keine Sorgen!"

Herzliche Gratulation zu den drei Löwen. Was machen Sie eigentlich noch in Zürich, wo sich doch die ganze Werbeszene sich in Cannes versammelt?

Der letztjährige Löwengewinner Claude Catsky war nicht in Cannes, Matter & Partner, die dieses Jahr ebenfalls einen Löwen gewonnen haben, sind nicht in Cannes, und Ruf Lanz sind auch nicht in Cannes. Irgendwie scheint die Abwesenheit Glück zu bringen. Im Ernst: Wir konnten dieses Jahr nicht hin, weil wir in dieser Zeit eine grosse Präsentation haben. Jetzt feiern wir statt in der Martinez-Bar halt im Sonnenberg.

Was zählt mehr für Sie: Zehn ADC-Würfel oder ein Lion?

Ein Cannes-Lion wiegt natürlich schwerer als ein ADC-Würfel. Es ist wie im Fussball: An der WM ist’s schwerer, Erfolg zu haben als in der Super-League. Dafür freuen wir uns dann wie die Brasilianer, wenn’s trotzdem mal klappt.

Sie gewannen einen Lion für eine Anzeige, die die Segelohren von Prinz Charles aufs Korn nahmen. Ist es von Vorteil in Cannes, wenn internationale Promis in der Kampagne vorkommen?

Die Anzeige fürs Dolder Hotel Waldhaus wirbt nicht mit einem Promi, sondern mit einer Anspielung auf das herausragende Merkmal eines Promis. Das ist ein Unterschied. Was in Cannes bestimmt von Vorteil ist, sind frische, überraschende Ideen, die länderübergreifend funktionieren. Darum reichen wir sehr zurückhaltend ein. Die VBZ-Kampagne musste zum Beispiel zuhause bleiben, obwohl sie eine unserer Lieblingskampagnen ist. Aber sie setzt Lokalkenntnisse voraus, und die hat in einer internationalen Jury natürlich niemand. Ich stelle mir gerade die Juroren aus Thailand oder Australien vor: "What the hell is Knabenschiessen and Sexylüüten?"

Hatten Sie Cannes schon im Hinterkopf, als Sie die Kampagnen ersonnen haben?

Nein, dann hätte es bestimmt keinen Lion gegeben. Die beiden Siegerarbeiten für McKinsey waren das Resultat eines Pitches, der erst mal gewonnen werden musste. Eine Werbeagentur kann ja nur so gut sein, wie der Auftraggeber es zulässt – darum gehen die Lions an beide. Bei der Anzeige fürs Hotel Dolder Waldhaus war’s kein Pitch, sondern eine normale Präsentation. Die pointierte Idee hat spontan gefallen, und die zwei Leute, die am Tisch sassen, konnten auch entscheiden. In der heutigen Zeit der basisdemokratisch abgestützten Gremiumsentscheide ein Glücksfall.

Zählen bei internationalen Festivals andere Kriterien als bei nationalen?

Grundsätzlich braucht’s bei allen relevanten Festivals eine überraschende Idee, die auf hohem Niveau umgesetzt ist. Der Hauptunterschied ist, dass bei nationalen Wettbewerben die Kampagnen mit lokalem Bezug besser gewürdigt werden können. Nehmen wir die famose Mazda-Anzeige nach dem Postraub in Zürich. Die hat im ADC zurecht Gold gewonnen, und international kaum etwas. Wenn man zu einer Arbeit viel erklären muss, hat sie einen schweren Stand.

Sie lehren den grossen Agenturen das Fürchten. Wie gross ist der Neidfaktor mittlerweile schon?

Die Gratulationen von Claude Catsky, Markus Gut, Matthias Freuler, Dani Matter, Alexander Jaggy, Pius Walker und vielen anderen in meiner Mailbox klingen ziemlich herzlich. Meine Erfahrung ist, dass jene, die selber regelmässig gute Werbung machen, auch anderen Erfolge gönnen. Die Neider sind eher unter jenen zu finden, die selber nicht so tolle Sachen machen; 30jährige Texter, auf deren Visitenkarten Senior-Copy-Director steht, etc. Aber die beschäftigen einen weniger.

Ihre Agentur räumt überall ab. Keine Angst, den ständig wachsenden Erwartungen an Sie nicht gerecht zu werden?

Huch, jetzt wird’s aber psychologisch. Ich weiss nicht, ob ich ganz normal bin, aber ich leide wirklich nicht unter den Erwartungen. Und die Danielle im Nebenbüro macht auch keinen leidenden Eindruck. Wir gehen relativ unverkrampft an neue Aufgaben heran, versuchen verschiedenste Dinge aus, entwerfen, verwerfen - bis sich dieses Kribbeln einstellt, das einem zeigt: Das ist es! (Lacht:) Machen Sie sich keine Sorgen um uns.

Welchen Platz bei sich zu Hause oder in der Agentur haben Sie für die Löwen vorgesehen?

Noch keinen, aber das ist eines der angenehmeren Traktanden der nächsten Montagssitzung.


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