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Alles richtig gemacht

Pierre Rothschild

Supermärkte habe ich immer geliebt. Auf all meinen Reisen, auch wenn die Zeit knapp ist, besuche ich die lokalen Anbieter. Produkte, Preise und der Stil der Angebote sind für mich ein Blick in die Seele eines Landes. Ob in Rio de Janeiro oder Abidjan, Tel Aviv oder Los Angeles, ich kenne sie gut.

So fand ich es auch erfrischend, als vor mehr als einem Jahrzehnt die legendären deutschen Anbieter zu uns kamen. Das Mineralwasser kostete immer noch 1.80 Franken – aber für sechs Flaschen! Und wo stehen wir heute, viele Jahre später?

Aldi und Lidl sind beliebter als Denner, das lässt aufhorchen. Dies, obwohl die Migros-Tochter in Städten und Dörfern einfacher zu finden ist als die Konkurrenz aus Deutschland. In der neuesten Auswertung gaben neun Prozent der Befragten an, am liebsten bei Lidl einzukaufen. Sieben Prozent ziehen Aldi vor. Zum Vergleich: 2011 wählten erst vier Prozent Aldi, Lidl hat in zehn Jahren gar sieben Prozentpunkte gutgemacht. Jeweils ein Prozent der Befragten geht am liebsten zu Volg, Manor Food oder Globus Delicatessa, Spar hingegen wurde von niemandem als Lieblingsladen angegeben.

Neun Prozent für Lidl: Das darf Schweiz-Chef Torsten Friedrich mit seinen guten Champagner- oder Sekt-Angeboten feiern. Und die Werbeteams, die hier gute Arbeit geleistet haben, dürfen es ebenfalls.

Was haben die Anbieter aus Deutschland so gut gemacht? Fast alles, allen voran Lidl, der das Angebot mit Hausmarken und traditionellen Namen, viele aus der Schweiz, ideal kombiniert. Swissness, die überzeugt, wo lokale Anbieter prominent ins Angebot eingebunden werden und wo man auch, in der aufwändigen Werbung und im gekonnten Sponsoring, die Themen ideal umsetzt. Lidl ist überall. Da ist Anita Buri, da sind die Schwingerkönige, da ist der Starkoch. Wohltätige Institutionen können sich auf Lidl verlassen, da wird grosszügig geholfen. Umweltschutz wird gelebt, es wird viel investiert.

Lidl hat es verstanden, auch mit dem Schweizer Kreuz im Print-Logo, Swissness glaubhaft umzusetzen. Beide Konzerne aus Deutschland spielen auch hier die Trumpfkarte, die man weltweit – beide Gruppen haben etwa je 11 000 Supermärkte – einsetzt: Non-Food-Angebote, die Sinn machen. Und bei den Tests, auch in der Sendung Kassensturz, sind die Handelsgiganten fast immer auf den vordersten Plätzen, wenn nicht die Nummer 1.

Im krassen Gegensatz zu allem wird Spar kaum wahrgenommen, obwohl die altbekannte Kette mit bald 200 Filialen sichtbar ist. Bei Lidl und Aldi können die Korken knallen, mit ihrem günstigen Champagner und Sekt dürfen sie feiern. Mit noch relativ wenigen Supermärkten wurde enorm viel erreicht. Die Konkurrenz muss mithalten.


Pierre Rothschild ist freier Medienunternehmer in Zürich in den Bereichen Filmproduktion und Presse.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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