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Cherchez la femme

Dem TV-Kritiker der New York Times, Mike Hale, ist in diesem Jahr eine besondere Tendenz bei den Superbowl-Werbespots aufgefallen: Die allermeisten setzen auf männliche Prominente als Zugpferde. Seine Beobachtung:

«More spots than usual depend entirely on the appeal of a relatable celebrity (who is almost certainly male).»

Und die Zahlen bestätigen dies: In Mike Hale's Ranking von 42 Superbowl-Spots tauchen 36 männliche Prominente auf – aber nur acht weibliche.

Das bedeutet: Für jede Frau gibt es viereinhalb Männer in den Werbespots. Oder anders gesagt: Über 80 Prozent der prominenten Werbegesichter waren Männer.

Zu den Werbegesichtern gehören David Beckham, Matt Damon, Snoop Dogg, Tom Brady, Gordon Ramsay und Channing Tatum. Frauen wie Catherine O’Hara sind hingegen die Ausnahme.

Das ist kein Zufall. Werbung spiegelt die Kultur wider. Wenn die grösste Marketingbühne der Welt konstant auf männlich geführte Erzählungen setzt, verstärkt das alte Strukturen: Männer als Gesichter von Unterhaltung, Autorität und Humor – Frauen als Randfiguren (wenn sie überhaupt auftauchen).

Und doch sieht die Popkultur um uns herum doch viel diverser aus: Amy Schumers «Kinda Pregnant» ist derzeit die Nummer 1 auf Netflix in den USA. Beyoncé hat mit Cowboy Carter Geschichte geschrieben. Und 2024 war das Jahr von Taylor Swift: Ihre Eras Tour spielte über zwei Milliarden Dollar ein und wurde damit zur erfolgreichsten Konzerttournee aller Zeiten.

Warum fühlt sich die grösste Werbeschau des Jahres also immer noch – oder soll ich sagen – wieder wie ein exklusiver Männerclub an?

Der Superbowl ist eine der letzten wirklich massentauglichen Plattformen in den Medien. Es ist eine Gelegenheit, Geschichten zu erzählen, die viele Menschen berühren, Perspektiven zu verändern und neue Massstäbe zu setzen. Clevere Marken wissen, dass Repräsentation nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit ist – sondern der Relevanz. Das Publikum ist divers. Die Kaufkraft ist divers. Und wenn Ihre Werbung das nicht widerspiegelt? Dann haben Sie schon verloren.

Aber vielleicht ist es dennoch ein richtig guter Tag, wenn einem männlichen Kritiker auffällt, dass Frauen in der Werbung fehlen. Ein Zeichen dafür, dass ein Umdenken beginnt.


Regula Bührer Fecker ist Inhaberin von La Stratégiste, zweifache «Werberin des Jahres» und Initiantin der Stiftung #Frauenarbeit.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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