BLOG

China baut den Einfluss des Staates aus

An der Universität Hongkong wurde das acht Meter hohe Kunstwerk «Säule der Schande» in der Nacht vom 22. auf den 23. Dezember zerlegt und abtransportiert. Die Skulptur erinnerte an das Tiananmen-Massaker. Der dänische Künstler Jens Galschiøt, Besitzer des Werkes, weiss nicht, was mit seiner Säule für die Meinungsfreiheit geschehen ist. Peking war das Kunstwerk für die Massaker-Opfer von 1989 auf dem Universitätsgelände schon lange ein Dorn im Auge. Chinas Kulturpolitik wird immer repressiver, wie auch aus Quellen der DPA hervorgeht.

Heise publizierte einen beachtenswerten Artikel über umfassend neue Regelungen in China. Das zweite Pandemiejahr wurde dort auch dazu genutzt, den Einfluss des Staates auszubauen. Das ganze Jahr kamen Meldungen über die Fünfjahrespläne und neue Regulierungen. Es ging vor allem um neue Informationsinfrastrukturen.

Den Einbruch der chinesischen Börsen nahm die Führung als kleineres Übel in Kauf. Denn die Kontrolle über Technologien, Wissen oder Information will der Staat nicht preisgeben. Die Kontrolle der Privatsphäre hat für China Priorität. Persönliche Daten für Firmen sollen stärker reguliert werden, nicht aber für den Staat. Dieser darf weiterhin alles filtern, manipulieren, zensieren oder speichern. Es gibt ständig neue Auflagen:

  • Seit dem 30. August können Jugendliche nur noch an Feiertagen, Freitags, Samstags und Sonntags am Tag online spielen. Die Spieler müssen sich unter ihrem Namen anmelden. Als Grund werden laut China-Briefing Spielsucht oder Augenprobleme angegeben.
  • Seit 1. September werden bei den Reformen der Bildung die Privatschulen werden stark eingeschränkt. Es gibt praktisch ein Verbot von Lehranstalten, die für Profit unterrichten.
  • Ab 1. September sind Datenregulierungen CSL, DSL und PIPL ebenfalls in Kraft. DSL reguliert Daten, die für die Nationale Sicherheit wichtig sind. Das Gesetz PIPL reguliert persönliche Informationen: Heise: «Kritische Infrastrukturbetreiber und grosse Provider sollen grundsätzlich alle persönlichen Daten im Inland halten. Wer eine Ausnahme haben will, muss sich einer eingehenden Prüfung durch die Cyberspace Administration of China (CAC) unterziehen. Ein Verstoss gegen das Datensicherheitsgesetz DSL gilt als Verstoss gegen Moral und Ethik».
  • Operation «Cyberschwert»: 2021 werden auch grösseren Internetfirmen die Flügel gestutzt. Vor allem um deren Monopolstellungen zu brechen. Firmen wie Tencent (Internettechnologien), Baidu (Suchmaschine) ByteDance (Information, Unterhaltung) oder Alibama (Online Shop) wurden stark gebüsst.
  • Bloomberg hat am 2. November 2021 eine Timeline dazu veröffentlicht:
    • 1. November 2020: Ant Group (Online Bank) IPO von Jack Ma wird sabotiert und neue Antitrust Gesetze angewendet. Der Alibaba CEO Jack Ma verschwindet zeitweise.
    • 24. Dezember 2020: Monopol Untersuchung gegen Alibaba. Im Februar 2021 sind die Antimonopol Gesetze fertig.
    • 12. März 2021: Tencent kommt als nächstes dran.
    • 1. April 2021: Alibaba wird für 2,8 Milliarden US-Dollar gebüsst.
    • 29. April 2021: Regulierungen von 13 Firmen inklusive Tencent und Meituan.
    • 1. Juli 2021: Firmen mit mehr als einer Million Usern müssen Cybersecuritybewilligungen haben, wenn sie im Ausland operieren wollen.
    • 24. Juli. Den Firmen wird verboten, Schulmaterial kommerziell einzusetzen.
    • 1. September: Spielregeln für Jugendliche werden erlassen.


Operation «Cyberschwert» hatte laut dem China Briefing offensichtlich das Ziel, die staatlichen Konzerne stärker unter die Kontrolle der Kommunistischen Partei zu bringen. Fremde Technologien werden ersetzt. Die eigene Produktion wie zum Beispiel bei der Halbleiterindustrie, bei Computern, 5G-Handytechnologie, Biotechnologien oder Künstliche Intelligenz, sollen ausländische Technologien ersetzen.

Während China die Kontrollschraube immer mehr anzieht, kann der Westen den wachsenden Einfluss des Staates nur beobachten. Viele nehmen die bedenkliche Entwicklung gar nicht mehr wahr.

Was wir dabei nicht übersehen dürfen: Auch in den USA und in der EU wächst der Einfluss des Staates.



Marcus Knill ist Experte für Medienrhetorik, Coach, Dozent und Autor von rhetorik.ch.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen