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Das neue Glück der Verleger

Matthias Ackeret

Das Verdikt des grossen Vorsitzenden war klar. Er möchte sich, so Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument an der traditionellen Dreikönigstagung, am Krisengejammer seiner Kollegen nicht mehr beteiligen. Eigentlich paradox, beschwört doch kein anderer Berufsstand sein baldiges Ende so stilvoll wie die Verleger. Ein permanentes Leichenmahl auf Vorrat: Horror- und auch Untergangszenarien sind das Apercu bei jedem Medienkongress, Spekulationen über die Weiterxistenz der gedruckten Presse der Dessert. Doch Lebruments "La crise n’existe plus" erzeugte beim jetzigen Branchentreff keinen Widerstand: Selten präsentierte sich die Verlegergilde so heiter und unbeschwert wie am vergangenen Dienstag im Zürcher World Trade Center. Möglicherweise lag es am Wetter, vielleicht auch am Essen, höchstwahrscheinlich aber an den steigenden Werbeeinnahmen, die momentan jegliches Krisengeheul verstummen lassen. Was man bei der neuen Glückseeligkeit fast schon vergisst, die beiden grössten Schweizer Medienunternehmen praktizieren momentan wirklich den Umbruch. So soll bei der SRG im laufenden Jahr unter dem Schlagwort "Konvergenz" bei der SRG zusammenwachsen, was eigentlich gar nicht zusammengehört: Radio und Fernsehen. Ein Abschiedsgeschenk von Alt-Generaldirektor Armin Walpen an seinen Nachfolger. Daneben wandelt sich Ringier immer mehr zum Versandhaus. Neben Zeitungen und Zeitschriften werden nun auch Konzerttickets, Rasierapparate und Hundefutter angeboten. Service public der praktischen Art. Fast ein Sechstel des Umsatzes werde bereits so erzielt, verkündete Ringier-Schweiz-Chef Marc Walder an der Tagung. Nur vom wahrhaft mächtigsten Player des Landes, der Tamedia, war kein Wort zu hören. Chefstratege Martin Kall weilte in Argentinien, Verwaltungsratspräsident Pietro Supino schwieg. Für 2011 keine weiteren Expansionen geplant? Vielleicht der wahre Grund für die ausgelassene Stimmung...
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