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Die Rettung

«Banking is our craft.» Das ist der neue Slogan der UBS. Die Bank will damit ihren Kunden sagen, dass ihre Angestellten wissen, was ihre Kunden von ihnen erwarten, und dass sie ihr Metier beherrschen. Dies soll das Vertrauen in das Institut stärken, denn die Aussage ist: Wir verstehen unseren Beruf.

Bis jetzt hat man «craft», handwerkliches Können, hauptsächlich mit Unternehmen in Verbindung gebracht, die über lange Zeit gezeigt haben, dass sie hohe Qualität liefern können, das Paradebeispiel ist Hermes. In den letzten Jahrzehnten sind Banken durch verschiedene Vertrauenskrisen erschüttert worden. Früher waren Banken nicht besser als heute, aber aus Sicht der Kunden viel vertrauenswürdiger. Der Grund war die im Vergleich zu heute mangelnde Transparenz, die den Banken Zeit gab, allfällige Fehler und daraus resultierende Verluste zu korrigieren. Der Bankkunde konnte nicht beurteilen, wie gut oder schlecht seine Bank wirtschaftete. Mit der rasanten Entwicklung der Globalisierung und den damit verbundenen Risiken gingen mehr Regulierung und Transparenz einher.

Heute sind Banken transparent wie nie zuvor, was zur Folge hat, dass die Vertrauenswürdigkeit bei jedem Fehler ins Wanken gerät und somit das Management viel mehr gefordert ist, Fehler zu vermeiden. Wer nun in der Werbung behauptet, das Geschäft am besten zu verstehen, kann sich keine grösseren Fehler erlauben, ohne die Glaubwürdigkeit zu verlieren, wie wir im Fall der Credit Suisse erlebt haben. Deshalb müssen wir uns bewusst sein, dass Glaubwürdigkeit heute mehr denn je unabdingbar ist.

Wie erreicht und erhält man Glaubwürdigkeit? Die kurze Antwort ist: Indem man stets danach strebt zu lernen und verantwortungsvoll handelt. Risiko und Menschen richtig einschätzt. Sich als Teil der Firma identifiziert. Ehrlich zu sich selbst und anderen ist. Das hört sich einfach an, ist aber nur mit grösster Disziplin zu erreichen.

1970 war ich im internationalen Eurodollar-Bondhandel in Zürich tätig und musste dann 1971 nach London umsiedeln, da die Schweiz die Stempelsteuer einführte und damit diesen ersten wirklich internationalen Markt vertrieben hat. Das war kein guter Entscheid für unseren Finanzplatz, denn die Investment Banker wurden künftig in London ausgebildet und nicht in der Schweiz. Damals gab es noch keine brauchbaren Computer, sondern nur den eigenen Kopf und das Telefon. Um in diesem Umfeld zu bestehen und Millionen-Abschlüsse zu tätigen, galt eine eiserne Regel: «My Word is my Bond». Mit anderen Worten: «Was ich sage, verpflichtet mich». Wer sich nicht daran hielt, wurde vom Markt ausgeschlossen. Nur so konnten wir den ersten globalen Markt aufbauen.

Es wäre naiv zu glauben, dass dieser Grundsatz heute, in einer Welt der Polarisierung, wo Wahrheit und Lüge oft nicht mehr zu unterscheiden sind, noch Anwendung finden würde. Deshalb ist es in einem grossen Konzern, der global tätig ist und in dem viele kulturell verschiedene Personen Verantwortung haben, nicht einfach, Glaubwürdigkeit aufrechtzuerhalten.

Zudem werden mit künstlicher Intelligenz die Transparenz und die Geschwindigkeit der verbreiteten Nachrichten, gute wie schlechte, weiter zunehmen und eine grosse Herausforderung für alle sein.

«Banking is our craft» wird bei Kunden und Mitarbeitern verfangen und zum langfristigen Erfolg führen, wenn das Management jederzeit ein gutes Beispiel im persönlichen Verhalten, im Geschäftsverständnis und der Risikoeinschätzung, in Ehrlichkeit und Kommunikation gibt und wenn der CEO die finale, nicht teilbare Verantwortung übernimmt.


Oswald Grübel ist der einzige Topmanager, der sowohl CEO der Credit Suisse (2003 bis 2007) als auch der UBS (2009 bis 2011) war.

Diese Kolumne erschien zuerst in der ADC Sonderausgabe von Das Magazin, eine Zusammenarbeit von Tamedia und ADC Switzerland. Die Publikation wird der Juliausgabe von persönlich beigelegt. Informationen zum Abo finden Sie hier.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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KOMMENTARE

Victor Brunner
10.07.2024 09:22 Uhr
Grübel geläutert? Während seiner Zeit als CEO bei der CS hat er immer wieder verkündet, sinngemäss: Nur mit hohen Löhnen und hohen Boni kriegen wir die besten Leute! Wo ist die CS?
Ueli Custer
10.07.2024 08:42 Uhr
Dieser englische Slogan für eine schweizerische Bank wird beim Durchschnittskonsumenten als "Bank ist unser Kraft" wahrgenommen. Denn "craft" ist ein Wort, das in der Schweiz nicht zum breiten Wortschatz an englischen Ausdrücken gehört. Dem Spruch dürfte es gleich ergehen wie dem "Come in and find out" eines Detailhändlers. Er wurde mit "Komm herein und finde wieder hinaus" interpretiert. Kurz: Auch das eine weltfremde Kopfgeburt die zeigt, wie weit solche Unternehmen von der Welt ihrer Kundschaft entfernt sind.
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