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Die strategische Absicht ist entscheidend

Die Anwendung von synthetischen Models, den berühmten digitalen Avataren, ist in den letzten Jahren regelrecht explodiert. Sie tauchen in Werbekampagnen, auf Social Media und sogar in Schaufenstern auf. Vielleicht haben Sie es noch nicht einmal bemerkt, aber wir sind mittendrin. Wenn die Technologie es ermöglicht, die Grenzen der visuellen Gestaltung immer weiter zu verschieben, wirft sie auch eine echte Frage auf: An welchem Punkt verlieren wir die menschliche Verbindung? Denn im Grunde genommen suchen die Konsumenten heute nach Authentizität, nach echten Emotionen. Daher die grosse Debatte über das Gleichgewicht zwischen Technologie und Authentizität.

Mit diesen synthetischen Modellen könnte man leicht in eine Form der Oberflächlichkeit verfallen, in etwas, das zu glatt und zu perfekt ist. Und genau da ist das Problem.

Der Schlüsselpunkt ist meiner Meinung nach die strategische Absicht. Wenn der Einsatz digitaler Avatare einer bereichernden Erfahrung dient und dabei transparent bleibt und die Realität nicht verschleiert, ist das ein echter Gewinn. Sie können in grossem Umfang personalisieren, Sie können mit der Kreativität spielen wie nie zuvor. Aber: Alles muss auf klare, durchdachte Weise geschehen. Die Welt muss spüren, dass es sich um eine bewusste Entscheidung handelt, die der Erfahrung einen Wert verleiht.

Nehmen wir ein konkretes Beispiel. Eine Bekleidungsmarke beschliesst, Avatare zur Illustration ihrer Kollektionen zu verwenden (Mango oder Calida haben dies getan). Warum nicht, wenn es dadurch möglich ist, sich Looks in surrealen Kulissen vorzustellen oder das Produkt aus allen möglichen Blickwinkeln zu betrachten. Aber wenn die gleiche Marke anfängt, synthetische Modelle zu verwenden, ohne jemals eine echte Person zu zeigen, dann sage ich: Vorsicht! Denn es besteht die Gefahr, dass Sie eine Botschaft senden, die nicht dem entspricht, was die Menschen erwarten. Wenn man versucht, alles unter Kontrolle zu haben, wird die Botschaft schliesslich entmenschlicht.

Wohin führt uns das also? Meinen wir wirklich, dass synthetische Vorlagen die Zukunft des visuellen Marketings sind? Ja, und nein. Sie sind ein Teil davon, das steht fest. Aber ich bin davon überzeugt, dass der Schlüssel in einem subtilen Gleichgewicht liegt. Künstliche Intelligenz und digitale Avatare können und sollten Werkzeuge sein, um die menschliche Kreativität zu bereichern. Sie dürfen sie aber nicht ersetzen. Sie sind ein bisschen wie ein Assistent, der Ihnen Zeit spart, aber niemals Ihre kreative Vision ersetzt. Ihre Verwendung muss klar sein und vor allem muss sie die Erfahrung bereichern, anstatt sie durch Oberflächlichkeiten zu verwässern. Sie sollten dem Menschen dienen und ihn nicht ersetzen.



Camille Couturier ist Chief Marketing Officer bei Smart Fox, einer Agentur für Digital Marketing in Lausanne.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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KOMMENTARE

Ueli Custer
15.11.2024 09:59 Uhr
Ich glaube, die Frage ist vielschichtig. Werbung in der ein Mensch vorkommt, der nur die Aufgabe hat, ein Bekleidungsstück zu demonstrieren kann ohne Weiteres mit KI gemacht werden. Denn der Mensch ist ja nur ein "Kleiderständer" analog von Schaufensterpuppen – einfach besser. Calida ist ein gutes Beispiel. Ich habe dort sieben Jahre in der Werbeabteilung gearbeitet und verbrachte viele Tage in Fotostudios um die neuen Modelle für den Katalog zu fotografieren. Das war jeweils ein riesiger Aufwand. Wenn man den durch KI-generierte Modelle reduzieren kann, halte ich das für legitim. Und in diesem Fall sehe ich auch keine Notwendigkeit, das zu deklarieren. Etwas anderes ist es, wenn eine Figur in einer Werbung eine aktive Rolle spielt. Dann kommt KI für mich nicht in Frage. Oder es müsste mindestens klar deklariert werden. Aber diesen Fall hatten wir ja schon in der Musikindustrie mit dem Playback.