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Die Welt weint – ausser auf SRF

Donald Trump forderte zum Löschen der Pariser Notre-Dame Wasserflugzeuge. Vom Schweizer Fernsehen hat er die Katastropheninfos kaum erhalten, dieses sendete die Gesundheitssendung «Puls». Auf SRF zwei kam eine amerikanische Serie, SRF info berichtete über das Skipassdesaster in Saas-Fee. Während die Welt weinte und sich die Newsportale und Sozialen Medien mit Betroffenheitsmeldungen, Analysen und Bildern aus Paris überboten, schottete sich das gute alte Schweizer Fernsehen so von der Welt ab, wie es nicht einmal die grössten Hardliner der SVP schaffen.

Nicht anders auch in Deutschland. Zwar rühmt sich unser nördliches Nachbarland immer seiner speziellen Freundschaft zu Frankreich, brennt aber eines ihrer berühmtesten Wahrzeichen, dann ist tote Hose. Zumindest auf ARD und ZDF. Nicht einmal ein knapper Einblender oder eine Laufschrift informierte die Zuschauer, dass Paris in Flammen steht. Und zwar buchstäblich.

Der – zugegebenermassen unrepräsentative – Schnelltest des Schreibers zeigte, dass ausser ORF 2 kein öffentlich-rechtlicher Sender im deutschsprachigen Raum sein Programm unterbrach oder gar live sendete wie es die amerikanischen, englischen oder – kaum überraschend – französischen Stationen machten.

Nun kam man sich zu Recht die Frage stellen, wäre dies wirklich die Aufgabe des Schweizer Fernsehens gewesen, sich live einzuschalten? Mit dem gleichen Recht muss man leider antworten, ja. Gerade in einer Zeit, in welcher die Konkurrenz im Internet und auch auf den Sozialen Medien – wie Facebook, Instagram oder Twitter – nicht schläft, können sich die grossen Dampfer nicht im «bluemete Trögli» verstecken. In Zeiten der medialen Globalisierung machen Tränen nicht vor Landesgrenzen halt: Paris ist uns so vertraut wie Bern, Basel oder auch Appenzell.

Es gibt nur wenige Ereignisse, die kollektive Betroffenheit auslösen: Der Tod von Lady Di war eines, aber auch der 11. September, der Ausbruch des Irakkrieges, die Attentate von Paris – und jetzt eben der Brand der Notre-Dame.

Gerade das Schweizer Fernsehen rühmt sich immer wieder seiner Informationskompetenz. Im Leutschenbach wird soeben ein Newsroom für rund 70 Millionen Franken gebaut. Passiert dann aber wirklich ein emotionales Grossereignis, in welchem das Medium Fernsehen live oder zumindest mit Einschaltungen seine Stärken ausspielen könnte, sendet man «Puls» oder eine amerikanische Serie. Die Zeiten, in denen der Zuschauer die Luft anhielt und auf Hintergrundinformationen von «10vor10» wartete, sind definitiv vorbei. Obwohl – das muss auch gesagt sein – deren Berichterstattung sehr gut war. Trotzdem: die Konkurrenz der elektronischen und auch sozialen Kanäle ist nicht nur schneller, sie ist oftmals auch authentischer und berührender als die etablierten Medien. Will der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der neuen Medienwelt langfristig Bestand haben, muss er sich auch ändern. Und nicht nur dem Alleinstellungsmerkmal Gebühren vertrauen.



Matthias Ackeret ist Verleger von «persönlich» und persoenlich.com

 

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KOMMENTARE

Walter Wyser
18.04.2019 16:10 Uhr
Herr Ackeret, Hätten noch mehr Kameraleute der Feuerwehr im Weg stehen sollen? Es war ja kein Medien-Event, sondern eine furchtbare Katastrophe.
Victor Brunner
18.04.2019 08:45 Uhr
Erstaunt mich dass MA Hype-Journalismus fordert. SRF hat berichtet was es zu berichten gab, in regelmässigen Intervallen. In 10 vor 10 vertieft. Das ist Journalismus, nicht Spekulation, nicht Platidüden runterleiern, nicht noch irgendwelche inhaltslose Statements einholen. Der geile Betrachter war auf NTV und anderen Sender gut bedient, aber eben inhaltslos und spekulativ.
Francis Suter
17.04.2019 22:03 Uhr
Es erinnert wieder an den Aufruf von Bundesrat Berset, dass in der Schweiz, die verschiedenen Sprachen verbinden sollten und dass die Schulen vermehrt die 2. Sprache d oder f oder i oder sogar Romantch unterrichten sollten... dabei habe ich in meinen 40 Jahren Dienst immer wieder erlebt,dass die Tessiner dabei mindestens Schweizer Meister oder sogar Europameister waren! Viele haben gefragt: "Sollen wir tedesco oder francese sprechen? Ich habe sofort gedacht, Herr Mathias Ackeret hat absolut recht... ich habe zwar auch TF1 geschaut, deshalb musste ich auch Herrn Rossé recht geben...Nur er und seine Kollegen sind wahrscheinlich "parfaits billingues"! Jenachdem wo sie die Schile gemacht haben, haben sie saemtliche Louis (Louis XIV évidemment), François 1er, Richelieu und Mazarin gelernt... da waren natuerlich die 900 J. Alte Kathedrale Notre Dame, Reims und andere im Schulprogramm drin. Das Schulsystem in der d-Schweiz hat sich viel weniger mit der Geschichte Frankreichs befasst... sie hatten mehr Geschichte ueber Deutschland und den Osten, Umso mehr man ab Roestigrabsn in den Osten reist nimmt die 2.Sprache f ab und Nachrichten werden nur noch in d oder vielleicht noch in e gehoert... genau deshalb verstehe ich Herr Ackeret. Es gibt viele Leute, die andere Sprachen koennen aber leider nicht unbedingt "f", deshalb waere einen Hinweis gut. Meilleures salutations Francis
Robert Weingart
17.04.2019 12:54 Uhr
@Herzog: Partikularinteressen? Das ist doch gelinde gesagt Schwachsinn. Es geht darum, ob SRF so flexibel ist, zu reagieren und Prioritäten zu setzen. Das darf man doch zumindest anzweifeln. Das Online-Argument des Nachrichtenchefs ist doch eher schwach. Bei SRF scheint einfach etwas der Biss für News zu fehlen. So verliert man die Zuschauer, wenn man bei Breaking News so nachlässig ist.
Peter Herzog
17.04.2019 10:54 Uhr
Auf mindestens einem Dutzend der rund 300 TV-Kanäle, die ich empfangen kann, war diese Brandkatastrophe zu sehen. Deshalb wundert auch auch mich die Kritik an der SRF ein wenig. Man darf SRF durchaus kritisch gegenüber stehen, doch fällt auch hier auf, dass der Verfasser des Kommentars und einige Kritiker in der Kommentarspalten Partikularinteressen vertreten.
Rolf Wilhelm
17.04.2019 09:57 Uhr
Das ist nicht korrekt - SRF hat in der Tagesschau (zwischen 19:30 und 19:50) die laufende geplante Berichterstattung unterbrochen, und kurz Live-Bilder gezeigt. Der Brand wurde um 18:43 offiziell festgestellt, in der Kürze der Zeit hätte keine seriöse Recherche stattfinden können, diese wurde dann ja später bei 10vor10 nachgeholt. Für Clickbaits, "Breaking News" und endlose Liveberichterstattung ohne richtige News darf der Interessierte dann gerne auf andere Kanäle oder Medien umschalten, oder gleich zu den Medien vor Ort (TF1), sofern er französisch versteht.
Ueli Custer
17.04.2019 09:38 Uhr
Ich bin ja beruhigt, gibt es auch in diesen Spalten ein paar vernünftige Menschen, die mit diesem überdrehten Aktualitätsgedönse auch nichts anfangen können. Auch eine zweistündige Sondersendung hätte nicht mehr Infos gebracht als "In Paris brennt Notre Dame". Viele Worte, kaum News. Und dafür soll man eine Sondersendung machen?
Nicolas Rossé
17.04.2019 05:29 Uhr
Kennen Sie die Schweiz Hr Ackeret? Schweizer Fernsehen war live über Notre Dame ? Das war auf RTS. Und vielleicht war auch RSI live....Ich weiss es nicht. Schweizer Fernsehen auf srf zu reduzieren ist so lächerlich... Meine Freunde aus ZH BE BS AG usw. haben alle die rts-sondersendung geschaut. Sie nicht?
Felix Hürlimann
17.04.2019 00:11 Uhr
Ist "Desaster Porn" wirklich Aufgabe von öffentlich-rechtlichen Sendern? Ich empfehle dazu den Kommentar von Thomas Lückerath, Chefredakteur des Medienmagazins DWDL.de: https://www.dwdl.de/meinungen/71934/notre_dame_tagesschau24_und_zwei_missverstaendnisse/ Trotzdem hätte SRF mit einem Ticker auf die kommenden Nachrichtensendungen hinweisen können. Das hätte dem Zuschauer die Gewissheit gegeben, dass SRF am Thema dran ist und in einer Schwerpunkt- bzw. Sondersendung mit recherchierten Informationen darüber berichten wird.
Michael Wettstein
16.04.2019 15:46 Uhr
Ich persönlich bin froh, war SRF zurückhaltend in der Berichterstattung. Bei 10 vor 10 habe ich alles erfahren, was ich wissen musste. Wer eine Live-Übertragung wollte konnte auf die sensationsgeilen NTV / N24 etc umschalten. Nur überschlugen sich die Moderatoren dort mit Selbst(fehl-)einschätzungen und Spekulationen, weil sie nicht mehr wussten, was sie die ganze Zeit labbern sollten. Ein solches Amateur-Theater wäre dem SRF unwürdig gewesen.
Lars Berge
16.04.2019 15:03 Uhr
Wo liegt das Problem, Herr Ackeret? Heutzutage können die meisten Haushaltungen auch mit einem hundsnormalen Kabelanschluss TF1 oder France 2 schauen. Was ich gestern für eine gewisse Zeit auch tat. Ich konnte zuschauen, wie die Kathedrale Notre Dame brannte, dazu immer wieder Interviews von betroffenen Augenzeugen. Das gleiche auf CNN, und auf vielen Portalen im Internet. Wieso sollten nun SRF, oder auch ARD/ZDF auch noch das Gleiche vom Gleichen bringen? Wo wäre der Mehrwert? Am besten wurde man informiert, wenn man die französischen Sender schaute. So muss es auch sein. In "10vor10", aber auch in den ARD-Tagesthemen, wurde über den Brand dann ausführlich berichtet. Ich sehe hier also kein "Versagen" vieler deutschsprachiger Sender. Im Gegensatz zu vielen Internet-Portalen (zum Beispiel 20-Minuten, dass natürlich im Live-Ticker berichtete), müssen SRF und ARD nicht um jeden Preis Klicks- und Zuschauerzahlen generieren. Wie gesagt: Jeder, der sich in der Schweiz informieren wollte über den Brand in Paris, hatte eine Riesenauswahl von Kanälen, "live" dabei zu sein, um zuzuschauen, wie die "Welt weinte" und ihre Betroffenheit ausdrückte. Mir ist Paris genauso vertraut wie Appenzell oder Bern, sodass ich "mir nichts, dir nichts" auch sofort TF1 eingeschaltet hatte (das hätte ich auch getan, wenn SRF1 live berichtet hätte). Ich glaube, das haben bestimmt auch viele Zuschauer in Bern und in Appenzell gemacht. Die Welt ist heutzutage ein Klick von uns entfernt. Die Aufgabe des Schweizer Fernsehens ist es nicht, den gleichen Betroffenheits- und Sensationsjournalismus zu bringen, wie -zig andere Kanäle. Wer live dabei sein wollte, hatte viele Möglichkeiten. "10vor10" berichtete dann über das Ereignis, gut eingeordnet und mit ersten Hintergrundinfos. SRF1 muss dort stark sein, wenn es um die Inlandberichterstattung geht, oder wenn es darum geht, ein globales Thema aus Schweizer Sicht zu beurteilen. Die meisten TV-Konsumenten sind längst global unterwegs, und jeder findet seinen Weg zu seinem Medium. In diesem Fall war es das französische Fernsehen. In der Schweiz leben viele ausländische Gruppen, die kommen nie mit SRF1 in Berührung. Die schauen via Satellitenschüssel tagaus, tagein ihr kosovarisches, albanisches oder türkisches Fernsehen, und bekommen kaum mit, was die Schweiz gesellschaftlich und politisch umtreibt. Die kennen kaum eine/n Moderator/in des Schweizer Fernsehens. Viele leben in ihrer nationalen Bubble. SRF1 hat nichts falsch gemacht, nein, es berichtete über den Brand in Paris, halt nicht im Live-Ticker, was in diesem Fall auch nicht nötig war. Aber es berichtete darüber, und zwar mit echten Informationen.
Blanca Koller
16.04.2019 14:08 Uhr
Bravo Matthias, ich sags ja seit 60 Jahren: Beromünster taugte dazumal zu nichts (hörte nur Europe No 1, Boîte postale 150, Paris 8-ième und die faule SRG (alle Sendungen sind nur stur vorprograammiert(müssen sich genüsslich in der Kantine vorbereiten.) Das Internet ist schneller und die User oder SCHNELLDENKER sind keine 7-Schläfer mehr, ätsch!! Darum weiterhin - B o y k o t
Georg Fallegger
16.04.2019 13:47 Uhr
Der Sender ist nicht nur sozialistisch (stalinistisch wäre genauer) sondern auch antichristlich, diskriminierend bezüglich aller wertkonservativen Einstellungen und aller bürgerlichen Werte. das Fernbleiben wurde wohl angeordnet. Wieder mal ein klarer Fall, wie SRF die demokratische, bürgerliche und christlich fundierte Gesellschaft zerstören will.
Peter Tanner, Journ.
16.04.2019 12:40 Uhr
Ja lieber Matthias Da hast Du völlig recht! SRF ist zu gefangen in starren Strukturen! Vielleicht gerade auch deshalb dem Sensationsjournalismus entgegenzuwirken?! Nur wo beginnt und endet dieser...? SRF online war da nicht beteiligt...? Warum? Dann ist es wirklich an der Zeit, bei solchen Ereignissen wenigstens Online oder auf dem SRF- Infokanal zu informieren! Sachlich, Informativ, ohne Sensationshascherei! Dies wäre die Stunde ( man hat es ja auch schon bei anderen Ereignissen bewiesen) PRO für das gute alte Staatsfernsehen SRF! Seine Stärken und Journalistischen Kompetenzen auszuspielen, mit einigem Vorteil gegenüber den Sozialen Medien, welches es immer besser und entwickelter machen! Schläft da Leutschenbach? Oder kommt dies alles mit dem vielversprechenden Newsroom..... Vor der nächsten Brandnacht.....?hoffentlich nicht eine inszenierte....? Aber da vertrauen wir alle eben gerade auf Qualität und Seriösität! Ein Markenzeichen von SRF schlechthin. Wenn es denn auch ausgespielt würde.... Ansonsten werden einfach alle andern am Ball sein. Und SRF wenigstens mit einem teuren Newsroom und Zeitverschiebender Spätinfo letztlich! Dann wenn sich schon alles entschieden hat! Studiopalaver statt LiveBilder.... Hoffentlich nicht die Vorwärtsgerichtete Zukunft von SRF? Da wäre dann wirklich Betroffenheit angesagt: Um seiner Zerstörung selbst Willen! Live in den Sozialen Medien..... mit vielen Tränen bei den " Klickern!" Und betroffener Trauer.... Wenn SRF verbrennt weil alles verpennt ...!
Hans Jürg Deutsch
16.04.2019 12:25 Uhr
Matthias Ackeret hat recht: SRF zeigt mit dem fehlenden Newsfeeling Lücken auf, die ein angekündigtes blickTV einmal füllen könnte. Da haben wir ein SFinfo, das uns mit Wiederholungen abspeist obwohl es replay gibt. Warum übernimmt SRF auf Info in einem solchen Fall beispielsweise nicht TF1, das gestern lückenlose Berichterstattung lieferte?
Beat Bachmann
16.04.2019 11:56 Uhr
Sehr guter Kommentar, Danke! Es ist halt immer noch so, nur was um Zürich herum passiert, interessiert das SRF, schade!
Martin Klammer
16.04.2019 11:21 Uhr
Bravo Herr Ackeret! Als Deutscher in Zürich war ich sowohl von der medialen Leistung des biederen SRF als auch von der kathastrophalen berichterstattung in der ARD / ZDF entsetzt. Dafür Geld zahlen, und das in dieser Höhe. Das ist ja inzwischen Sozialhilfe für die "News-Journalisten" dieser Sender. So braucht's die nicht. Die Einzigen, die reagiert haben, waren die Privaten von Welt TV und N-TV, und das mit deren bescheidenen Möglichkeiten. Bitte eine neue No Billag Initiative starten.
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