Entdecken Sie die Emotionen des Erlebnisses.

Reinhold Weber

Wenn es nach der gängigen Reklame ginge (Werbung ist das ja nicht mehr), käme ich vor lauter Entdecken und Erleben gar nicht mehr zum richtigen Leben. Auf allen Kanälen werde ich pausenlos aufgefordert, irgend etwas zu entdecken oder zu erleben. Heute Morgen auf dem S-Bahn-Gleis: "Entdecken Sie das Beste aus 10 Jahren RailAway." So steht es auf einem Plakat der SBB. (Bloss: Was ist RailAway? Hat die SBB 10 Jahre lang verpasst, mir das beizubringen?) Gestern Abend am Fernsehen: Entdecken Sie die neue Welt des Wohnens. Erleben Sie die neue Frische. Entdecken Sie den neuen Pausengenuss. Erleben Sie unsere neueste Entdeckung. Entdecken Sie das völlig neue Erlebnis. Die Realität ist dann natürlich ganz anders. Wenn ich, sagen wir, das einmalige Wohnerlebnis des schönsten Möbelhauses der westlichen Hemisphäre persönlich entdecken will und nach Hintertupfigen fahre, erlebe ich gar nichts. Ich sehe einfach Möbel. Und weit und breit keinen Verkäufer. "Emotion" ist ein weiterer Liebling von mir und der Einfältigkeit halber auch in Redaktionen äusserst beliebt. Nach dem Fussballmatch grölen und saufen und feiern die Fans nicht an der Langstrasse und in den umliegenden Beizen. Nach dem Match gehen die Emotionen hoch. (Zu allem Überdruss auch noch vorgetragen in diesem immer so gossig klingenden Tele-Züri-Züri-Tüüütsch, mehr OOO als AAA, du weisch was i mein.) Die Witwe würde dem Messerstecher nicht am liebsten eigenhändig den Hals umdrehen und schüttelt sich auch nicht vor lauter Weinkrämpfen. Die Stimmung bei den Hinterbliebenen ist hoch emotional. Churzum, äs Schtadtfäscht voller Emotionäää. Laif us Winterthur dä Charly Superbanal. Oder erleben Sie einen Abend in unserem neuen Erlebnis-Restaurant voller Emotionen. Oder chömed Si verbii go luege, erläbed Si es Iichaufserläbnis voller Emotionäää. Nein danke. Dänn lieber no e feiiins Käffeli.