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Google, der Feind und Helfer

Edith Hollenstein

Haben Sie sich freiwillig registriert oder klicken Sie das Overlay jeweils einfach weg? Viele Online-Leser werden sich an der vor zwei Wochen eingeführten Registrierungssoffensive nicht allzu sehr stören. Denn noch kann man ja weiter News lesen, ohne sich anmelden zu müssen. Auch wenn die Absicht – das gemeinsame Vorgehen der Schweizer Verlage gegen internationale Giganten wie Google und Facebook – richtig ist und die Verantwortlichen von einem erfolgreichen Start sprechen (persoenlich.com berichtete): Die Login-Allianz ist nicht in allen Teilen überzeugend gestartet.

Ein Hauptproblem ist, dass es noch kein einheitliches, übergreifendes Single Sign On gibt. Deshalb müssen sich Nutzer nicht nur ein einziges Mal anmelden, um auf den Newssites von Ringier, CH Media, Tamedia und NZZ Texte zu lesen. Das heisst: Wenn sich jemand auf 20min.ch registriert hat, muss dieser Nutzer sich auch auf nzz.ch, aargauerzeitung.ch, tagesanzeiger.ch und auf solothurnerzeitung.ch  wieder neu anmelden und dafür bei jedem einzelnen Portal eine Registrierungsmaske ausfüllen. Die Registrierung ist bei NZZ, Tamedia und CH Media zwar niederschwellig: E-Mail-Adresse und ein Passwort genügen. Das ist aus Nutzersicht positiv. Jedoch ist fraglich, wie hoch die dadurch generierte Datenqualität ist. Auf das Thema Daten einzugehen, würde hier zu weit führen.

Aus Usersicht ist nämlich zentraler, dass die übergreifende Anmeldung fehlt. Noch gibt es keine einheitliche Infrastruktur, und ob ein einheitliches Medien-Login überhaupt jemals eingeführt wird, ist noch nicht einmal beschlossen, wie die Verantwortlichen anlässlich eines ausführlichen Gespräches vor dem Start Mitte Oktober erklärten. Hier muss die Frage erlaubt sein: Ist eine Login-Allianz ohne einheitliches Login überhaupt eine Login-Allianz?

Uneinheitliches Login-Prozedere

Etwas eigenartig ist darüber hinaus das eigentliche Login-Prozedere. Wohl aus der Motivation, den Nutzern via «personalisierte Inhalte ein besseres Angebot bieten zu können» (wie es die erklärte Absicht der Login-Allianz ist), sind bei einer Registration auf blick.ch mehr Informationen nötig als etwa bei den Newsplattformen von CH Media. Bei blick.ch müssen die Nutzer ihr Geschlecht angeben sowie Adresse samt Hausnummer und Postleitzahl:

 

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Wer diese durchaus sehr privaten Informationen nicht an Ringier weitergeben will, kann sich alternativ mit der SwissID einloggen. Oder noch einfacher mit nur einem einzigen Klick mit dem Google- oder Facebook-Konto anmelden (siehe Screenshots oben).

Dass die Login-Allianz, wahrscheinlich der Einfachheit halber, eine Registration via Social-Login der grossen Technologiefirmen anbietet, mutet ziemlich seltsam an. Denn wir erinnern uns: Was ist die Hauptmotivation dieser Login-Allianz? Der Kampf gegen eben diese: Google und Facebook.


Edith Hollenstein ist Redaktionsleiterin von persoenlich.com

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Kommentare

  • Thomas Röthlin, 30.10.2019 08:27 Uhr
    Das Problem sind nicht nur mehrere Registrationen für die verschiedenen Portale. Unschön ist auch die Tatsache, dass man pro Anbieter zum Teil mehrere Logins braucht, etwa fürs E-Paper oder für die Aboverwaltung. Ein Single Sign On pro Anbieter wäre ein Anfang...
  • Ueli Custer, 29.10.2019 08:03 Uhr
    Was ist das grösste Problem der User im Netz? Die Vielzahl von Passwörtern, die zudem immer komplizierter werden? Und was mutet die Presse den Usern zu? Eine Vielzahl von Passwörtern. Ein Einloggen via SwissID für alle Angebote aller Verlage wäre deshalb wohl die sinnvollste Lösung. Aber sicher nicht via Google oder Facebook wie Edith Hollenstein sehr zu Recht anmerkt.
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