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«Herausfinden, was die Leser wirklich wollen»

Jan Bayer, Vorstandsmitglied des Verlages Axel Springer, erinnert sich an die Vergangenheit, wenn er über die Zukunft spricht: «Ich bin mit Tageszeitungen und Zeitschriften gross geworden, liebe sie und glaube an ihre Zukunft. Unser Geschäft ist in diesem Segment weiterhin gross. Wir müssen jedoch feststellen, dass wir die Rückgänge bei den Auflagen und Anzeigen nicht verhindern können. Aber wir können jede Menge tun, damit die Kurve des Rückgangs flacher wird!»

Dass ein Thema auch zerredet werden kann, sieht Bayer deutlich: «In der öffentlichen Debatte ist Print entwertet. Das ist nicht gerechtfertigt und dazu hat die Verlagsbranche leider selbst einen gehörigen Teil beigetragen. In manchen Flughafenterminals gibt es zum Beispiel gar keine Zeitungen und Zeitschriften mehr, weil man dort der Ansicht ist, dass Menschen das nicht mehr wollen.»

Als das Fernsehen zum Massenmedium wurde, sagte man das Kino tot. Heute ist Hollywood der wichtigste Programm-Lieferant. Das könnte sich mit den Print-Objekten wiederholen, wenn man Tablet-müde wird. Das zeigen Analysen in Deutschland, die Bayer zitiert: «Ein grosser Fehler, denn gerade in der aktuellen ‹Leseranalyse Entscheidungsträger›, einer Untersuchung, in der regelmässig Führungskräfte befragt werden, ist herausgekommen, dass dieses Jahr Entscheider in Deutschland wieder mehr zu Print gegriffen haben, weil sie auf Papier lesen wollen, was in der Welt passiert.»

Zu bequem sollen die Verleger ihre Kernkompetenz nicht verlagern. Stellen-Portale kann jede Private-Equity-Firma kaufen, mit News im Internet kann man mit einem guten Team schnell beim Leser sein. Die Print-Objekte sind – von A bis Z – immer noch filigrane Kunstwerke, die nicht so schnell kopiert werden können. Auch hier bringt es Bayer auf den Punkt: «Print muss und wird seinen Platz im Mediamix behaupten, wir müssen allerdings deutlich mehr um jedes verkaufte Exemplar und jede Anzeige kämpfen. Und wir werden uns wieder darauf besinnen, was für den Erfolg unserer Marken entscheidend ist: Wir müssen wieder mehr darüber reden, wie wir das beste Produkt machen, herausfinden, was die Leser wirklich wollen.»


Pierre Rothschild ist freier Medienunternehmer in Zürich, in den Bereichen Film-Produktion und Presse.

Unsere Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

 

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KOMMENTARE

Robert Weingart
20.09.2017 14:12 Uhr
Magere Analyse. Rothschilds Text zielt in die richtige Richtung, dürfte aber mehr in die Tiefe gehen.
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