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Kein guter Stil

Thomas Baumann

Das politische Klima wird rauer. Unlängst wurden in diesem Zusammenhang die Angriffe von SVP-Seite auf Bundesrätin Simonetta Sommaruga medial thematisiert.

Aber auch Abstimmungsverlierer verlieren bisweilen nicht nur die Abstimmung, sondern auch die Contenance. So meinte Tamara Funiciello nach der AHV-Rentenalter-Niederlage: «Die Schweiz hat entschieden, das Leben der Menschen in diesem Land zu verschlechtern.»

Das Leben der Frauen wurde durch die Erhöhung des Renteneintrittsalters wohl durchaus verschlechtert. Nicht aber dasjenige vieler Männer. Gehören diese im Umkehrschluss nun nicht zur Kategorie «Mensch», weil ihr Leben nicht verschlechtert wurde?

Ähnlich tönte auch Bundesrat Ueli Maurer nach der verlorenen Abstimmung zur Teilabschaffung der Verrechnungssteuer: Wenn man das Nein zur Verrechnungssteuerreform ins Verhältnis zu anderen Steuervorlagen setzt, kann man ganz klar festhalten, dass das Verständnis der Stimmbevölkerung für wirtschaftliche Zusammenhänge schwindet.»

Hätte er gesagt, das Verständnis für die Anliegen der Wirtschaft schwindet, dann hätte «Verständnis» in diesem Zusammenhang bedeutet: Sympathie, Empathie. Für «wirtschaftliche Zusammenhänge» kann man jedoch weder Sympathie noch Empathie empfinden. Hier bedeutet mangelndes (oder schwindendes) Verständnis nicht anderes als: Es fehlt am Wissen oder am Verstand.

Als Wahlverlierer das Menschsein oder das Denkvermögen der Wahlgewinner – egal ob in voller Absicht oder bewusst doppeldeutig – in Zweifel zu ziehen, ist wahrlich kein guter Stil!



Thomas Baumann ist freier Autor und Ökonom.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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