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TV-Liberalisierung erfolgreich verhindert

Der bekennende Arte-Fan Moritz Leuenberger hat als Privatperson klar definierte TV-Vorlieben. Das wäre eigentlich nicht erwähnenswert. Doch da er zudem während fünfzehn Jahren Gestalter unserer Medienlandschaft war, erhielten seine Präferenzen besonderes Gewicht, vor allem weil er sich als Bundesrat oft und gerne auch zur Qualität einzelner Programme äusserte. Deshalb liegt es nahe, die von ihm geschaffene Realität an seinen Ansprüchen zu messen. Das Resultat ist ... na, zuerst eine Auslegeordnung. Leuenbergers Radio- und Fernsehgesetz produzierte eine Vielzahl von hoch subventionierten regionalen Mini-TV-Sendern, die ohne echte Einnahmen und mit wenigen Zuschauern seichtes Programm anbieten. Das war auch das erklärte Ziel von SRG-Chef Armin Walpen, der eine echte sprachnationale Konkurrenz mit all ihren beeindruckenden Mitteln verhindern wollte. Um sich den dazu notwendigen politischen Support zu holen, scheute er dabei vor wenig zurück. So köderte er die Westschweizer Veranstalter mit dem Versprechen, ihnen Produktionsaufträge in mehrfacher Millionenhöhe zuzuhalten, wenn sie sein Konzept politisch unterstützen würden. Und damit war die Perspektive für eine duale TV-Landschaft gestorben. Das von mir gegründete Tele 24, welches der SRG als einziger Privatsender journalistisch Paroli bieten wollte, musste die Segel streichen. Die Tamedia, die ihren Unterhaltungsdampfer TV 3 nach gewaltigen Verlusten einmottete, wusste mit dem erworbenen TeleZüri während zehn Jahren nichts anzufangen. Schliesslich wurde der Sender in den Aargau weitergereicht. TeleZüri ist immerhin der einzige Regionalsender, der seine Kosten einspielt. Das teure Regional-TV-Konzept von Moritz Leuenberger ist aber grandios gescheitert.
Dasselbe gilt für Presse-TV, mit dem die SRG die grossen Verleger für zwölf Millionen im Jahr kaufte. Dank diesem Geld durften die meist ungeeigneten Chefredaktoren als Talkmaster ihre TV-Träume zum Nulltarif ausleben. Gleichzeitig aber mussten sie eigenen Fernsehprojekten abschwören. Dieses verquere Konstrukt ist nun mit dem Absprung von Ringier an ein Ende gekommen. Doch das angestrebte Ziel von Walpen & Leuenberger ist auch hier erfüllt: Die Schweiz hat als einziges Land Europas keine landesweite journalistische Konkurrenz im wichtigsten Medium. Was aber bleibt von der Liberalisierung? Da ist einmal 3+, das vor allem eingekaufte Programme abnudelt und als Highlight «Bauer, ledig, sucht» anbietet, eines von mehreren Reality-Formaten, die man von ausländischen Sendern abgekupfert hat. Dann gibt es noch Star TV mit einem immer unschärferen Profil und Schweiz 5, den Mike-Shiva- und Albisgüetli-Tagungs- Sender. Nein, es hätte nicht gerade Arte sein müssen. Aber einiges mehr wäre auch in der kleinen viersprachigen Schweiz möglich gewesen. Das wurde erfolgreich verhindert. Wenn SRG-Chef Roger de Weck sich nun öffentlich mehr einheimische Konkurrenz wünscht, so ist dies ehrlich gemeint. De Weck weiss, dass ein publizistischer Wettbewerb viel Druck von der SRG nehmen würde. Und er hätte unsere TV-Landschaft bereichert. Aber dafür ist es zu spät. Die «windows of opportunity» haben sich allesamt geschlossen. Und der Konsum ausländischer Programme steigt ungebremst weiter. Nur Arte dümpelt weiterhin im kaum messbaren Bereich.
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