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Was macht die KI mit unserem Berufsbild?

Vor Kurzem hat sich ein Urgestein der PR- und Kommunikationslandschaft in den Ruhestand verabschiedet. Er war einer meiner ehemaligen Dozenten während eines Masterstudiums der Kommunikationswissenschaften. Sein Abtreten hat mich nicht nur in Bezug auf «wie die Zeit vergeht» nachdenklich gestimmt, sondern auch bewegt, darüber nachzudenken, wie sich das Berufsbild des typischen PR-Beraters in den letzten 10 bis 15 Jahren verändert hat.

Durch lange Jahre Tätigkeit in grossen Corporations habe ich viele PR-Agenturen kommen und gehen sehen. Das damalige Erscheinungsbild eines typischen dynamischen PR-lers mit der Aura «ich kenne jeden Journalisten aus dem Presseclub oder Kronenhalle» hat sich gerade in den letzten Jahren massiv verändert. Das ist nicht durch den Lockdown begründet. Dieses Berufsbild wird sich weiter verändern.

Bereits jetzt, in 2024, verkörpert ein PR-Berater etwas anderes als vor 15 Jahren. Er oder sie ist nicht mehr das Abbild der «alten PR-ler Schule», der/die sehr gut gekleidet – in dunklem Anzug oder in einem Designer-Kleid – beim Kunden erschien; dies natürlich mit Kollegengefolge: ein paar Junior-Communication Responsibles, die in der alten Welt noch munter Gesagtes protokollierten und einem Art-Director, der während der Präsentation des Agentur Managing Directors den ein oder anderen mehr oder weniger kreativen Kommentar einfliessen liess.

Damals wurden neben der bis zu 50-seitigen PowerPoint-Präsentation natürlich farbige Printouts überreicht, die die vorgeschlagene PR- und Kommunikations-Strategie für die nächsten 12 bis 18 Monate (Kosten sechs- oder sogar siebenstellig) untermauern und rechtfertigen sollten.

Ich provoziere bewusst: Steht PR-Agenturen auch eine finanzielle Disruption in Form einer Kostenreduktion bevor, da KI viele Tätigkeiten übernimmt, effizienter macht und somit dem Kunden Kosten erspart?

2024 – The world of PR has changed

Der Business-casual gekleidete «PR-Berater 2024» bietet eine Kombination aus traditionellem Kommunikationsgeschick und modernen, digitalen Fähigkeiten auf; stets bereit, sich den Herausforderungen einer sich ständig und sehr schnell wandelnden Medienlandschaft zu stellen.

Dies wird sich nochmals in den nächsten Jahren massiv verändern. Dies aufgrund des sich exponentiell schnell entwickelnden technologischen Fortschritts (KI), der sich daraus verändernden Medienlandschaft und den sich daraus resultierenden, wandelnden Kundenerwartungen.

Wir erleben jetzt erst den Anfang der Einführung und Nutzung von KI in unserem Berufsalltag. Mit der zunehmenden Akzeptanz und Nutzung von KI-Tools steigen auch die Ressourcen für die Weiterentwicklung dieser Tools. In wenigen Jahren könnte die Leistung einer KI der eines Menschen entsprechen oder diese sogar übertreffen.

Dies unterstreicht die Notwendigkeit für PR- und Kommunikationsberater, dieser Entwicklung immer einen Schritt voraus zu sein. Wenn er/sie diese Entwicklung nicht annimmt und nutzt und in das Tagesgeschäft einbindet, gewinnt die KI.

Ein Bachelor oder Master in Kommunikationswissenschaften und die jahrelange Erfahrung in der Medienarbeit (das beinhaltet auch den Netzwerkaufbau mit Lunches oder ein Feierabend-Bierchen im Presseclub) wird langfristig gesehen nicht mehr ausreichend sein, um den Anforderungen der KI – und natürlich der Kunden gerecht zu werden.

Fortbildungen und Zertifikate in digitalen Medien, Datenanalyse, Krisenmanagement und sozialen Medien werden vorteilhaft sein, der Umgang mit KI-Tools und ein breitgefächertes Know-how bezüglich des ethischen Einsatzes bei Content-Generierung sind unumgänglich. Wenn dann noch Grundkenntnisse in Psychologie, Wirtschaft oder Technik und Empathie vorhanden sind, könnten die vielfältigen Aspekte der modernen PR-Arbeit abgedeckt werden.

Die gute News ist: Es wird noch immer Menschlichkeit, Empathie, kritisches Denken und Hinterfragen erforderlich sein, um gute Kommunikation und PR zu machen. Einfach alles nur technologiebezogener. Seien wir offen für das, was kommt.



Brigitte Kaps ist Communications Futurist und Gründerin und CEO von Rent a PR.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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