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Welcome Image-Rhapsodie!

Kilian Kessler

Wie geht's mit der Flut an KI-Bildern? Auch bereits ein bisschen gelangweilt? Jetzt lässt sich ja alles bebildern. Welcome Image-Rhapsodie! Freuen wir uns auf lässige Bildideen mit knalligen Farben und absurden Bildinhalten! Denn jetzt hat auch der letzte Praktikant kapiert, wie man einen Prompt ins WWW schickt! Gratuliere!

Ein Segen für all die geplagten Bild-Suchenden, die Adobe Stock in- und auswendig kennen! Pizza-Lieferservice-Flyer mit KI-Pizzen, die aus zehn Jahre alten Bildern von Dönern generiert wurden! Super!

Zum Glück gibt es Bildautoren, die einen inhaltlichen Anspruch an das Medium KI stellen und sich nicht vollständig von den Möglichkeiten und der KI-Ästhetik einlullen lassen. Und die KI nutzen, um relevante Themen zu illustrieren.

Dazu gehört zum Beispiel die Arbeit des Fotografen Tim Tadder, der leider aus aktuellem Anlass eine Bildserie mit bewaffneten Schulkindern generierte. Sehr verstörende Bilder. Auch seine Serie von Seniorinnen und Senioren, die die Party ihres Lebens feiern, betrachtet aus einer speziellen Perspektive die Entwicklung unserer Gesellschaft. Die KI nutzen, um auf relevante Themen aufmerksam zu machen, das finde ich interessant und freue mich auf mehr!

Aber entfalten diese generierten Arbeiten auch Wirkung? Oder werden erkennbar generierte Bilder nicht automatisch weniger beachtet? Ich denke nicht. Bilder werden holistisch und in extrem kurzen Zeitspannen wahrgenommen. Je mehr Details abgebildet sind, desto besser für das Erinnern. Das ist erforscht. Die Unstimmigkeiten, die KI-Bilder (noch) aufweisen, werden übersehen. Was bleibt, ist die Botschaft. Fluch und Segen zugleich.

Ein trauriges Beispiel, wie «einfach» das funktioniert und Bilder ihre Macht entfalten können, sind in Deutschland die Hetzkampagnen der AfD gegen Flüchtlinge: Immer mehr von den auf Social Media eingesetzten AfD-Bildern werden mit KI erstellt. Leider sieht es so aus, als ob die Zielgruppe dieser Botschaften die Bilder als legitim und relevant wahrnimmt.

Manipulierte Bilder sind nichts Neues, aber dass jetzt jeder Verstrahlte vom Sofa aus die Welt innert Sekunden mit professionell wirkendem Bildmaterial verschmutzen kann und das auch tut, ist in dieser Dimension neu.

Nicht nur deshalb hoffe ich, dass wir Bildern gegenüber kritischer werden und hinterfragen, was wir sehen und dabei empfinden. Unabhängig davon, wie die Bilder entstanden sind.



Kilian J. Kessler arbeitet seit über 20 Jahren in der visuellen Kommunikation. Seit 2019 leitet er im Team die Ex-Press Visuelle Medien, Dienstleister für das Bild.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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