Auch 2025 bietet das offizielle Cannes Lions Festival wieder ein hochkarätiges Programm. Doch zunehmend verlagern sich spannende Gespräche auch dorthin, wo es informeller und näher wird: an die Strände von Cannes. Vor allem ein Thema sticht dieses Jahr heraus. Auf dem Sport Beach und beim Women's Sports Yacht Club dreht sich vieles um den rasanten Aufstieg des Frauensports.
Hier geht es nicht um klassische Sponsorenflächen oder gestellte Fototermine, sondern um echte Partnerschaften, Athletinnen als Investorinnen, und um Marken, die sich über Purpose definieren. Serena Williams, die längst auch als Unternehmerin aktiv ist, brachte es in einem Gespräch mit X-CEO Linda Yaccarino auf den Punkt: Sportlerinnen sind heute nicht nur Markenbotschafterinnen, sie gestalten Business und Gesellschaft aktiv mit.
Auch Candace Parker, ehemalige WNBA-Ikone, nutzte die Bühne am Strand, um auf ein Ungleichgewicht hinzuweisen: Nur rund fünf Prozent aller TV-Sportübertragungen in den USA zeigen Frauen. Für sie ist klar, dass sich das ändern muss. Nicht irgendwann, sondern jetzt.
In vielen dieser Gespräche wird deutlich: Es geht längst nicht mehr um Sichtbarkeit allein, sondern um Ownership, wirtschaftliche Beteiligung und langfristige Relevanz. Athletinnen wie Allyson Felix oder Alex Morgan diskutieren mit Markenverantwortlichen, wie man Strukturen verändert, und welche Rolle ehrliche, beidseitige Partnerschaften dabei spielen.
Ein besonders eindrückliches Beispiel war der Talk «Blood, Sweat & Fears», bei dem Ian Wright (Arsenal-Legende) und Katie McCabe (Arsenal-Spielerin) über eine mutige Kampagne sprachen, die sich für mehr Offenheit im Umgang mit Menstruation im Profisport einsetzt. Das Arsenal-Frauenteam hat sogar ein internes Codewort eingeführt, um in kritischen Spielsituationen dezent kommunizieren zu können. Für Ian Wright ist klar: Es braucht nicht nur mehr Sponsoring, sondern auch mehr Vertrauen, mehr Aufmerksamkeit und vor allem mehr Normalität.
Auch Claudia Glass, Gründerin des Schweizer Sport-BH-Start-ups Swijin, war in Cannes vor Ort. Ihr Unternehmen entwickelt funktionale Sportbekleidung, die konsequent auf die physiologischen Bedürfnisse von Frauen ausgerichtet ist. Ein zentrales Take-away aus unseren Gesprächen: Sportswear für Frauen muss von Grund auf neu gedacht werden, speziell für den weiblichen Körper designt, getestet und weiterentwickelt. Nur so entstehen Produkte, die echte Performance ermöglichen, Verletzungen vorbeugen und das Selbstvertrauen von Sportlerinnen, auf und neben dem Spielfeld, nachhaltig stärken.
Dass der Sport Frauen nicht nur auf dem Spielfeld stärkt, unterstrich auch Tennislegende Billie Jean King mit einer eindrucksvollen Zahl: «94 Prozent der Frauen in C-Level-Positionen in den USA waren früher selbst im Sport aktive Athletinnen.» Der Zusammenhang zwischen sportlicher Erfahrung und späterer Führungsverantwortung ist kein Zufall: Disziplin, Teamfähigkeit, Resilienz und Selbstvertrauen, all das wird im Sport geprägt. Und genau deshalb ist es so entscheidend, Mädchen und Frauen für den Sport zu begeistern und Strukturen zu schaffen, in denen sie sichtbar, gefördert und gestärkt werden.
Was sich hier in Cannes zeigt, ist Teil eines globalen Moments und betrifft auch uns in der Schweiz. Denn der Frauensport ist derzeit nicht nur an den Stränden von Cannes ein zentrales Thema, sondern auch in der Schweiz aufgrund der bevorstehenden Women's Euro 2025. Das Turnier wird nicht nur sportlich ein Höhepunkt. Es hat das Potenzial, den Frauensport hierzulande auf ein neues Level zu heben.
Cannes hat es vorgemacht: Wenn Marken, Medien, Athletinnen und Fans zusammenkommen, entsteht echte Bewegung. Und genau das könnte auch die Women's Euro bei uns bewirken.
Fabian Biedermann ist Managing Director bei der Zürcher Agentur Freundliche Grüsse.
Alle Berichte über das Cannes Lions International Festival of Creativity 2025 finden Sie auf der entsprechenden Landingpage.
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