24.04.2012

Facebook

Entzauberung setzt noch vor Börsengang ein

Social Network muss erstmals seit langem Umsatzrückgang einstecken.

Mitten im Countdown zu seinem Mega-Börsengang stösst Facebook an die Grenzen seines bisher atemberaubenden Wachstums. Zum ersten Mal seit mindestens zwei Jahren musste das weltgrösste soziale Netzwerk einen Umsatzrückgang von einem Quartal zum nächsten hinnehmen. Dies sei auf saisonale Schwankungen der Werbeerlöse zurückzuführen, teilte Facebook am Montag mit. Allerdings liegt die Latte extrem hoch, denn Facebook verbuchte in den ersten drei Monaten 2012 immer noch einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Dollar und zählt über 900 Millionen aktive Nutzer. Als neues Geschäftsfeld deutete Facebook einen Vorstoss in den Onlinehandel an. Das könnte dafür seine virtuelle Währung "Facebook Credits" auch über Online- Spiele hinaus einsetzen - ein Warnschuss für Amazon und eBay.

Das Werbegeschäft gehe immer in den ersten drei Monaten des Jahres zurück, erklärte der Börsenaspirant in einer aktualisierten Mitteilung an die US- Aktienmarktaufsicht. Diese Schwankungen seien möglicherweise bislang vom starken Werbewachstum teilweise überdeckt worden, könnten sich aber auch in Zukunft stärker bemerkbar machen. "Das musste irgendwann passieren", sagt Anupam Palit von GreenCrest Capital zur Umsatzentwicklung, die an der Wall Street einige kalt erwischte. "Die Verlangsamung ist deutlicher, als wir sie uns vorgestellt haben", sagte Brian Wieser von der Pivotal Research Group. Facebook werde als ein Unternehmen wahrgenommen, das in hohem Tempo zulege. Deshalb bereite jede Wachstumsschwäche den Investoren Sorge.

Facebook wagt vermutlich im Mai den Sprung an die New Yorker Technologiebörse Nasdaq. Bei dem grössten Börsengang eines Internetunternehmens aller Zeiten will Facebook mindestens fünf Milliarden Dollar einsammeln. Das Unternehmen könnte mit bis zu 100 Milliarden Dollar bewertet werden. Verglichen mit dem Vorquartal ging der Umsatz im ersten Vierteljahr 2012 um sechs Prozent zurück. Die erzielten 1,06 Milliarden Dollar entsprechen aber einem Plus von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Nettogewinn sank auf Jahressicht um zwölf Prozent auf 205 Millionen Dollar.

Das Unternehmen expandiert rasant: Die Ausgaben haben sich in den vergangenen zwölf Monaten ungefähr verdoppelt, die Zahl der Vollzeitmitarbeiter stieg um mehr als 1000 auf gut 3500, wie Facebook weiter mitteilte. Die 900 Millionen Nutzer, die sich inzwischen auf der blau-weissen Internetseite tummeln, sind rechnerisch mehr als die Bewohner der USA und der EU zusammen.

Doch gerade auf besonders erfolgreichen Wachstumsmärkten wie Brasilien und Indien hat Facebook Analysten zufolge Schwierigkeiten, aus seinen Diensten mehr Gewinn zu schlagen. "Sie haben die internationalen Märkte noch nicht geknackt, während andere wie Google im Ausland sehr erfolgreich sind", sagte Palit von GreenCrest Capital. Auch die Schwankungen der Werbeeinnahmen scheint Google weniger zu spüren: Der Suchmaschinenbetreiber konnte seinen Umsatz im ersten Quartal auch im Vergleich zum Vierteljahr davor leicht erhöhen. Für Facebook schlägt zudem der High-Tech- Patentkrieg mit Ausgaben zu Buche. Erst am Montag kündigte Facebook an, Microsoft für 550 Millionen Dollar Hunderte Patente abzukaufen. (sda)