21.07.2020

Sommerserie über Podcasts

Hauptsache, der Trash klingt gut

Philosophieren, essen, kiffen – darum soll es beim «Pottcast – der erste Podcast mit tiefem Niveau» der Rapper Knackeboul und Luuk gehen. Tatsächlich gehören deren Gespräche zu den «Laber-Podcasts». Das klingt jedoch trivialer als es ist.
Sommerserie über Podcasts: Hauptsache, der Trash klingt gut
Nicht selten seien es Mütter, die den «Pottcast» loben: Die beiden Podcaster Knackeboul und Luuk. (Bild: Keystone-SDA/Gaetan Bally)

Die zweiwöchentlich ausgestrahlten Folgen tragen Namen wie «Pablo Chickasso», «Soulfurz», «Oli Garch», «Vatermelone» oder «Köbi Roller». Sie beginnen mit dem obligaten Einspieler («Knackeboul, Luuk, Pottcast shit. Philosophiere. Ässe. Kiffe.»), manchmal aber auch mit einem Lachen, einem Feuerzeug-Geräusch, mit lautem Ein- und Ausatmen.

Beim «Pottcast» weiss man nie, was kommt. Abgesehen von dem Gefühl, mit zwei Freunden in einem Raum zu sitzen, die nach dem gemeinsamen Abendessen, mit den Füssen auf dem Tisch, den Feierabend ausklingen lassen, trinken, rauchen und eben: philosophieren. Ihr Geplauder ist zu banal, um konzentriert zuhören zu müssen, und viel zu unterhaltsam, um nicht dabei bleiben zu wollen.

Dass man sich beim Zuhören am liebsten an ihren Tisch setzen wolle, sei eine der häufigsten Rückmeldung, die sie bekommen, erzählt Luuk im Gespräch mit Keystone-SDA. Und obwohl sie damit gerechnet hätten, vor allem Leute aus dem Hip-Hop-Bereich «mit einer Affinität zu Rap und Weed» anzusprechen, seien es nicht selten Mütter, die den «Pottcast» loben. "Weil sie einfach nur zuhören und abschalten können", fasst Knackeboul deren Feedbacks zusammen.

Gutes Team

Von ihrer ersten Begegnung bis zur ersten Podcastfolge im Dezember 2018 ist maximal ein Monat vergangen. «Ich habe sofort gemerkt, dass wir uns extrem gut verstehen und auch fast identische Ideologien haben», sagt der Zürcher Luuk. So richtig kennengelernt haben sich die beiden musik- und kulinarikliebenden Wortkünstler dann allerdings erst während der Aufnahmen ihrer inzwischen 45 «Pottcast»-Folgen.

In dieser Zeit hat sich das Verhältnis der beiden nur noch gefestigt. «Wir ergänzen uns gut», sagt der Berner Rapper und Entertainer Knackeboul. «Luuk ist zwar auch verkopft und überlegt sich sehr viel, allerdings nicht so zwanghaft wie ich.» Und obwohl er mit 38 Jahren der Ältere sei, sei es Luuk, der ihm immer mal mit einem «Yo, chill, mann» mahnen müsse, wenn er wieder zu viel rumgrüble.

Kiffen ist Nebensache

Musik und Kulinarik, das sind neben der politischen Gesinnung und der Liebe zu lustigen Wortspielen die Hauptgemeinsamkeiten von Luuk und Knackeboul. Es sind denn auch die Elemente, die dem nicht gescripteten Podcast so etwas wie einen Rahmen geben. So kommt in jeder Folge nach kurzer Zeit der «Gault Milieu» vor. In dieser Rubrik vergeben die beiden Feinschmecker – Luuk ist ausserdem gelernter Koch – Punkte an die Restaurants, in denen sie vor der Aufzeichnung essen gegangen sind.  

Irgendwann gegen Schluss werden die Gespräche mit der «Vögu-Playlist» abgerundet. Das ist eine von ihnen erstellte Spotify-Liste, der sie regelmässig neue Songs zufügen. Oder «geile Musik für euch reinschiessen», wie sie es nennen.

Das Kiffen übrigens sei schon nach kurzer Zeit in den Hintergrund gerückt, sagt David Lukas Kohler, wie Knackeboul mit bürgerlichem Namen heisst. «Das einzige, was geblieben ist, ist das ich in jeder Folge rauche», so Luuk alias Lukas Gantenbein.

Natürliche Grenzen

Obwohl es klingt, als würden sich die beiden Podcaster – erst recht mit schwererer Zunge – keine Schranken setzen: Ganz so privat, wie wenn sie wirklich unter sich wären, reden sie nicht. «Ich habe schon einen Filter drauf», sagt Luuk. Knackeboul spricht von einer Gratwanderung. «Einerseits sehe ich den Reiz eines solchen Formats eben gerade darin, persönlich zu sein, andererseits gibt es Themen, bei denen ich tatsächlich auch Hemmungen habe.» Er erinnert sich an eine Folge über Sex: Er kam ins Stocken, weil da immer auch andere Leute involviert seien.

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Die daheim am Küchentisch produzierten Folgen würden sich wiederum von jenen unterscheiden, die sie an ihren Live-Shows aufgenommen haben, sagen die beiden. Laut Luuk sind letztere immer ein bisschen lustiger. «Ich glaube, dass man automatisch unterhaltender wird, wenn zwischendurch immer mal jemand lacht oder klatscht». Die «Pottcast»-Tour durch die Schweiz ist demnach gut gelaufen. Jede Show war ausverkauft, bis der Lockdown dem Bühnenprojekt ein vorläufiges Ende setzte.

Der gute Ton

Der «Pottcast» hat im Schnitt 8000 bis 10'000 Zuhörer pro Folge. Die Rapper verdienen nichts daran. Nur die Live-Aufnahmen und Merchandise-Artikel bringen ihnen den einen oder anderen Franken ein. Einnahmen, die die beiden dann gleich wieder in das professionelle Abmischen des Podcasts investieren.

Für den guten Ton hätten sie bisher mehr ausgegeben, als dass sie eingenommen haben. «Wir haben vielleicht manchmal einen trashigen Inhalt, doch immerhin probieren wir, mit guten Mikrofonen zu arbeiten.» Ein schlechtes Video würden die Leute eher noch schauen, doch ein schlechter Ton sei einfach nur anstrengend.

Und wenn der Podcast schon kein Geld abwirft, «so getrauen wir uns dafür auch mal, ein Album von uns zu erwähnen», so Knackeboul. Oder ihren kürzlich veröffentlichten gemeinsamen Song «Sandro Protz». Der Mundart-Track (der Titel ist eine Anspielung auf den Arena-Moderator Sandro Brotz) ist dank der «Pottcast»-Promo vorletzten Sonntag direkt auf Platz zwei in die Schweizer Single Charts eingestiegen.

Live-Shows, Single und, wie Luuk sagt, «Ende Jahr noch etwas Spezielles»: So erfolgreich das Duo mit dem Format auch neben dem Küchentisch-Mikrofon ist - der «Pottcast» soll definitiv ein Podcast bleiben.


Diese Sommerserie über Podcasts wurde von Keystone-SDA realisiert. Sie ist mit finanzieller Unterstützung aus dem Kredit «Verständigungsmassnahmen» des Bundesamtes für Kultur zustande gekommen. Autorin dieser Folge ist Miriam Lenz, Redaktorin bei Keystone-SDA.

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Alle bisherigen Ausgaben der Serie finden Sie hier.



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