13.06.2022

Swiss Marketplace Group

«Wir legen den klaren Fokus auf ein gesundes Unternehmen»

Beim Joint-Venture von Scout24 Schweiz und TX Markets kommt es zu einem Stellenabbau von rund 10 Prozent der Belegschaft. CEO Gilles Despas über die Hintergründe, den Sozialplan und unveränderte Ziele.
Swiss Marketplace Group: «Wir legen den klaren Fokus auf ein gesundes Unternehmen»
«Wir müssen einen klaren Fokus auf die Zukunft eines gesunden und wettbewerbsfähigen Unternehmens legen», sagt SMG-CEO Gilles Despas. (Bild: Swiss Marketplace Group)
von Tim Frei

Herr Despas, 70 von 638 Mitarbeitenden der Swiss Marketplace Group sind vom Stellenabbau betroffen (persoenlich.com berichtete). Das sind rund 10 Prozent der Belegschaft. Weshalb gleich ein so markanter Stellenabbau? Sahen Sie keine Möglichkeit für einen weniger starken Abbau?
Bei der Anzahl der leider betroffenen Mitarbeitenden handelt es sich nicht um eine auf Basis von Kostenersparnissen definierte Anzahl, sondern begründet sich in entstandenen Überschneidungen der Ressourcen. Ich kann Ihnen versichern, dass wir jede betroffene Stelle im Vorfeld sorgfältig evaluiert und keinen Entscheid leichtfertig gefällt haben.

Wo werden Mitarbeitende entlassen? Welche Abteilungen und Standorte sind betroffen? Und in welchem Ausmass?
Die 70 betroffenen Mitarbeitenden – überwiegend Vollzeitstellen – verteilen sich über folgende Betriebe: Automotive (12), Car For You (4), Real Estate (15), Ricardo (6), General Marketplaces (6), Finance and Insurance (13) und Central Services (14). Diese verteilen sich auf folgende Standorte: Zürich (32), Flamatt (25), Zug (6), Lausanne (4) und Magden (3).

Wie war das Konsultationsverfahren in den letzten zwei Wochen?
In der Konsultationsphase hatten die Mitarbeitenden die Gelegenheit, ihre Gedanken, Meinungen, Ideen sowie auch Fragen zu teilen. Für viele Mitarbeitende war diese Art von Verfahren vermutlich neu und mein Dank gilt daher allen Kolleginnen und Kollegen sowohl für ihr Verständnis als auch ihre eingereichten Vorschläge. Wir haben sämtliche Eingaben sorgfältig eingesehen, geprüft sowie intern besprochen.

«Der ursprünglich geplante Umfang des Stellenabbaus konnte durch das Verfahren abgemildert werden»

Zum Beispiel?
Etwa der Vorschlag, Stellenabbau durch Teilzeitarbeit abzuwenden. Dieser und andere Vorschläge konnten im Kern die ursächliche Problematik der Überschneidung von Ressourcen jedoch nicht lösen. Der ursprünglich geplante Umfang des Stellenabbaus konnte durch das Verfahren jedoch insgesamt abgemildert werden.

Wie schwer ist es Ihnen gefallen, am Montag vor die Mitarbeiter zu treten und diese Botschaft zu überbringen?
Es war keine leichte Aufgabe. Ich fühle mit den betroffenen Mitarbeitenden. Mir ist es wichtig, den Schritt so transparent und nachvollziehbar wie nur irgend möglich zu kommunizieren. Es geht darum, dass wir einen klaren Fokus auf die Zukunft eines gesunden und wettbewerbsfähigen Unternehmens legen.

Konkret?
In meiner Verantwortung liegen die Mitarbeitenden, die das Unternehmen leider verlassen müssen, ebenso wie diejenigen – und dies ist der grösste Teil – mit denen wir die Zukunft der SMG gestalten wollen. Diesen Mitarbeitenden gegenüber sehe ich mich in der Verantwortung, uns durch eine Zeit historischer Unsicherheit – politisch wie ökonomisch – mit steigender Inflation, gestörten Lieferketten und in den schweizerischen Markt drängenden internationalen Tech-Konzernen zu führen. Jeder dieser Punkte hat Auswirkungen auf unser Geschäft, weshalb wir eine effiziente Struktur benötigen, um uns diesen Herausforderungen zu stellen.

«Unser freiwillig beschlossener Sozialplan ist deutlich grosszügiger als herkömmliche Pläne anderer Digitalunternehmen»

«Der umfassende Sozialplan hat zum Ziel, den Personalabbau sozialverträglich zu gestalten», hiess es in der Mitteilung. Können Sie etwas konkreter werden? Was heisst das genau? Bei wie vielen der 70 Mitarbeitenden sind Frühpensionierungen angedacht?
Die meisten Mitarbeitenden sind noch fern von einer Pensionierung. Wir sind zuversichtlich, dass sie schnell Anschluss im Arbeitsmarkt finden. Dennoch ist es uns sehr wichtig, Wertschätzung für ihren bisherigen Einsatz zu zeigen. Deshalb sind durch unseren Sozialplan unter anderem folgende Massnahmen abgedeckt: Abfindungszahlungen mit zusätzlicher Unterstützung für über 50-jährige Mitarbeitende sowie Mitarbeitende mit Kindern, Unterstützung bei Weiterbildung und Hilfe bei Umzugskosten, Freistellungen sowie weitere Elemente. Wir sind davon überzeugt, dass unser freiwillig beschlossener Sozialplan deutlich grosszügiger ist als herkömmliche Pläne anderer Digitalunternehmen.

Wie passt der grosse Stellenabbau mit dem Buchgewinn der TX Group von knapp 800 Millionen Franken nur durch die SMG-Transaktion zusammen? Haben Sie Verständnis dafür, dass dies für Unmut in der Öffentlichkeit sorgt?
Wie bereits beschrieben, begründet sich der Stellenabbau nicht in einer vorgegebenen Kostenersparnis, sondern in entstandenen Überschneidungen der Ressourcen. Zu Angelegenheiten, die unsere Aktionäre betreffen, können wir keine Stellung nehmen.

Was stimmt Sie positiv, dass die Kundinnen und Kunden der SMG «keinerlei negative Auswirkungen» durch diese Reorganisation zu befürchten hätten?
Durch die getroffene Massnahme bin ich zuversichtlich, dass wir die Marken der SMG noch stärker und gezielter positionieren sowie deren Produkte und Dienstleistungen noch effizienter optimieren können. Ein starker Schweizer Marktplatzbetreiber bietet einerseits seinen Kundinnen und Kunden Vorteile. Zeitgleich kann sich die SMG den Herausforderungen des weltweiten Wettbewerbsdrucks stellen. Die grossen internationalen Marktplätze sind nicht auf die Bedürfnisse der lokalen Kunden und Nutzer zugeschnitten.

Wie meinen Sie das?
Versuchen Sie beispielsweise einmal, als Autohändler oder Käufer den Kundendienst bei Facebook im Silicon Valley zu erreichen … Das Ziel der SMG bleibt unverändert der Aufbau eines erfolgreichen und starken Netzwerkes an Online-Marktplätzen, das der Schweizer Bevölkerung mit zukunftsgerichteten Produkten dabei hilft, einige der wichtigsten Lebensentscheidungen zu treffen.


*Gilles Despas hat die Fragen schriftlich beantwortet.



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