19.04.2012

Twitter/Facebook

Wird gesetzliche Sperrfrist in Frankreich zur Farce?

Am Wahlsonntag dürfte bis 20 Uhr nichts veröffentlicht werden.

In Frankreich kündigt sich eine kleine Revolution an: Am Wahlabend am nächsten Sonntag könnten zigtausend Bürger das Gesetz brechen - per Internet-Kurzbotschaften über Twitter oder in sozialen Netzwerken im Internet wie Facebook. Es geht dabei um die Ergebnisse der ersten Runde der Präsidentschaftswahl, die unter Androhung hoher Geldstrafen erst ab 20.00 Uhr veröffentlicht werden dürfen. Tatsächlich liegen Ergebnisse aber schon vor 19.00 Uhr vor und werden von ausländischen Medien etwa in der Schweiz auch verbreitet - und diesmal blitzschnell wohl auch per Internet.

Die letzten Wahllokale schliessen am Sonntag um 20.00 Uhr, aber schon ab 18.00 Uhr werden in den kleineren Städten und in Dörfern die Stimmen ausgezählt. Meinungsforschungsinstitute sind in repräsentativ ausgewählten Orten dabei und liefern daher schon vor 19.00 Uhr sehr genaue Aussagen zum Ergebnis der Wahl. Um die Wähler in den Stimmbezirken nicht zu beeinflussen, die noch bis 20.00 Uhr wählen gehen können, dürfen die Ergebnisse aber vorher nicht veröffentlicht werden. Seit mehr als 30 Jahren sitzen viele Franzosen daher gebannt um Punkt 20.00 Uhr vor dem Fernseher, um den Wahlausgang zu erfahren.

Weil die gesetzliche Sperrfrist diesmal zur Farce werden könnte, hat erstmals sogar eine grosse Zeitung nicht ausgeschlossen, sich am Sonntag über das Gesetz hinwegzusetzen. Die linksgerichtete "Libération" kündigte an, Ergebnisse auf ihrer Internet-Seite womöglich schon ab 18.30 Uhr zu veröffentlichen, falls "der Abstand (zwischen den führenden Kandidaten) gross ist und die Quellen zuverlässig".

Und selbst Staatspräsident Nicolas Sarkozy gab am Donnerstag im Sender Europe 1 zu, dass ihn eine frühere Veröffentlichung "nicht schockieren" würde - "weil die Welt ein Dorf geworden ist". In Frankreich wird in zwei Runden am 22. April und am 6. Mai ein neuer Präsident gewählt. Rund 23 Millionen Menschen in dem Land nutzen Facebook und drei Millionen den Internet-Kurzbotschaftendienst Twitter. (sda)


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