20.07.2008

"Die Auftritte unserer Sponsoren werden nicht zur Werbeschlacht"

Vor 20 Jahren organisierte Peter Hürlimann zum ersten mal das "Kino am See". Was als Low-Budget-Veranstaltung in Zürich begann, ist heute ein Grossanlass. Nicht nur in der Schweiz, auch im Ausland. Dabei glaubten die Sponsoren zuerst gar nicht an das Konzept. "Wir starteten dutzende Anfragen und kassierten eine Absage nach der anderen", erklärt Hürlimann im Gespräch mit "persoenlich.com". Inzwischen ist das "OrangeCinema" ein gesellschaftliches Ereignis. Das Interview:
"Die Auftritte unserer Sponsoren werden nicht zur Werbeschlacht"

Herr Hürlimann, als Sie das "Kino am See" vor 20 Jahren starteten, hatten Sie da bereits die Vision eines kommerziell ausgerichteten Grossereignisses?

Ich habe von Anfang an daran geglaubt, dass eine Freiluftkino-Veranstaltung Anklang finden wird. Dass man damit aber Geld verdienen kann und ein grosses Unternehmen daraus wird, habe ich mir nicht ausgemalt. Ich habe das "Kino am See" auch nicht aus einem kommerziellen Bewusstsein heraus initiiert. Entscheidend war die Freude am Kino.

Wann haben Sie das kommerzielle Potential des Events erkannt?

Für die erste Austragung hat es soviel Geld gebraucht, dass es schnell einmal um die Frage ging, wie kriege ich die 600'000 Franken wieder zurück, die ich investiert habe. Es gab also gar nicht viel zu Überlegen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Veranstaltung zu kommerzialisieren.

Wann hat das "Kino am See" den entscheidenden Schritt von der Low-Budget-Veranstaltung zum Grossanlass gemacht?

Beim Einstieg von Philip Morris als Hauptsponsor für die zweite Durchführung 1990. Für die Premiere ein Jahr zuvor waren wir mit unserer Sponsorensuche erfolglos. Wir starteten dutzende Anfragen und kassierten eine Absage nach der anderen. Die Begründung war stets die gleiche: das Konzept des Freiluftkinos funktioniere vielleicht in Italien oder anderen südlichen Ländern, aber nicht in der Schweiz.

Und was hat die Verantwortlichen beim Tabakmulti damals überzeugt?

Die damalige Werbeagentur von Philip Morris -- Bosch & Butz -- teilte uns nach der ersten Saison per Express-Brief mit, "wir müssen uns dringend sehen". Die Firma wollte dem Anlass eine ganz andere Dimension geben und das Openair-Kino auch in anderen Schweizer Städten betreiben. Damit war für mich der Startschuss zur Kommerzialisierung gefallen.

Was in der Schweiz begonnen hat, organisieren Sie nun auch in Städten wie Sydney oder Düsseldorf. In weitern Ländern werden die Freiluftkinos im Lizenzverfahren betrieben. Wie ist es zu dieser internationalen Expansion gekommen?

Auch da stecken gewisse Sachzwänge dahinter. Die Expansion innerhalb der Schweiz bedeutete grössere Investitionen, vor allem auch für die Leinwandtechnik. Eine Klapp-Leinwand kostet 1 Million Franken. Der Gedanke, die Anlagen während dem Winter in der Schweiz nicht einzulagern, sondern sie in andere Länder zu exportieren, um sie schneller zu amortisieren, war da nicht weit.

Nächstes Frühjahr wollen Sie den Schritt nach Dubai, Abu Dhabi und Singapur wagen. Warum gerade diese Orte?

Wir wurden von lokalen Veranstaltern für die Lizenzen angefragt. Die Organisation liegt nicht in unseren Händen. Wir sind beim Event schlussendlich nur für die Technik verantwortlich

Vermarkten Sie ihr Konzept im Ausland aktiv?

Nein, wir haben gar nicht genug Leinwand-Anlagen zur Verfügung, um unser Freiluftkino jedem anbieten zu können.

Haben Sie auch schon Austragungsorte im Filmland USA in Betracht gezogen?

Die Amerikaner haben eine andere Kinokultur. Grosse Filme starten mit 3000 Kopien und laufen dann zwei bis drei Wochen. Danach folgt bereits der nächste Blockbuster. In den USA wollen die Zuschauer immer den neuesten Film sehen. An einem Kulturevent, bei dem auch "ältere" Filme gezeigt werden, besteht kein Interesse. Eine Chance würde ich nur in New York sehen, weil die Stadt viele verschiedene Kulturen beherbergt.

Funktioniert das Zürcher Konzept überall, oder mussten Sie für andere Orte Anpassungen vornehmen?

In Düsseldorf oder Sydney wurde das Zürcher Konzept sehr gut angenommen. In Brasilien sieht das Rahmenprogramm völlig anders aus. Dort wurde das Kino mit Musik verbunden. Nach der Filmvorstellung finden Konzerte und Partys statt.

Der Ticketverkauf deckt beim OrangeCinema in Zürich nur knapp ein Drittel der Kosten. Den Rest finanzieren die Sponsoren Orange, Migros und Zürcher Kantonalbank. Besteht die Gefahr, dass ihr Freiluftkino zum Werbeevent verkommt?

Davon sind wir weit entfernt. Die Auftritte unserer Sponsoren werden nicht zur Werbeschlacht, wie das vielleicht bei manchen Sportveranstaltungen der Fall ist.

Was macht eigentlich den Erfolg Ihres Freilichtkinos aus?

In der heutigen Freizeitgesellschaft ist der Hunger nach Events gross. Entsprechend gibt es auch viele Angebote. Wir grenzen uns in erster Linie durch die speziellen Locations und unser Catering von anderen Anlässen ab. Zudem ist das OrangeCinema auch zu einem gesellschaftlichen Ereignis geworden. Diese Entwicklung haben wir auch bewusst forciert, indem wir VIPs einladen oder schauen, dass sie auch kurzfristig zu Tickets kommen. Das verleiht dem Anlass einen gewissen Glamour.

(Interview: Stefan Wyss)


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