Herr Ginesta, wird 2020 für Sie ein gutes oder ein schlechtes Jahr?
2020 hat anspruchsvoll begonnen, insbesondere während des Lockdowns. Inzwischen haben wir jedoch einen Teil der budgetierten Ziele aufgeholt. Es scheint, dass der Immobilienmarkt glücklicherweise nur am Rande von Covid-19 betroffen ist. Wir gehen davon aus, dass 2020 ein ordentliches Geschäftsjahr wird, im Vergleich mit gebeutelten Branchen darf sogar von einem guten Jahr gesprochen werden.
Hat Corona das Verhalten Ihrer Kundinnen und Kunden grundlegend verändert? Wird jetzt mehr verkauft oder gekauft?
Wir gehen schon davon aus, dass Covid-19 einen erheblichen Einfluss hatte. Die Leute haben sich während der Lockdownzeit vermehrt Gedanken gemacht über ihre Wohnsituation, und das Bedürfnis nach einer Veränderung ist bei einigen Interessenten stärker geworden. Grundsätzlich haben die Preise seit Covid-19 um 6 bis 10 Prozent zugelegt, insbesondere in der Region Zürich. Das hat aber auch damit zu tun, dass relativ wenig Objekte auf dem Markt sind und die Vermarktungszeiten immer kürzer werden. Der Markt ist aktuell richtiggehend ausgetrocknet.
«Es spricht momentan vieles für Kauf»
Sind jetzt Immobilien die neue Geldanlage?
In unsicheren Zeiten werden Sachwerte wie Gold oder Immobilien vermehrt gesucht, auch zur Deckung der Inflationsrisiken. Zudem unterstützen die tiefen Zinsen den robusten Markt weiterhin. Bei der Frage «Miete versus Kauf?» spricht momentan vieles für Kauf.
In jeder Preisklasse?
Der Markt ist in jeder Preisklasse sehr dynamisch. Insbesondere mittlere und günstige Segmente sind momentan sehr gesucht, aber auch im Luxussegment ist eine deutliche Nachfragesteigerung erkennbar.
Nun spricht man vom Digitalisierungsschub, den Corona ausgelöst hat. Inwiefern spüren Sie dies?
Der Digitalisierungsschub ist nicht durch Corona ausgelöst worden, aber vielleicht hat die Situation die letzten Digitalisierungszweifler verstummen lassen. Wir führen schon seit Jahren virtuelle Touren durch und digitalisieren unsere Verkaufsprozesse laufend. Trotzdem darf man nicht vergessen: Der Mensch steht im Zentrum und es geht um ein sehr spezielles Erlebnis. Normalerweise kauft man nur ein bis zwei Mal im Leben eine Liegenschaft. Auf das erste Erlebnis wartet man 35 bis 40 Jahre. Dementsprechend soll man nicht den ganzen Prozess digitalisieren.
Läuft künftig das ganze Immobiliengeschäft nur noch über das Internet?
Wir machen rund 70 Prozent der Kontakte über unsere Kundendatenbank. So haben wir zum Beispiel über 12'000 Miet- und Kaufprofile, wir wissen also genau, wer wo was sucht. Wir verkaufen circa 10 bis 15 Prozent unserer Liegenschaften an Kunden unseres Netzwerkes. Diese Objekte, für die die Verkäufer ein diskretes Marketing wünschen, publizieren wir gar nicht auf den einschlägigen Internetportalen. Über die Internetportale finden wir rund 35 Prozent unserer Käufer. Doch wir sind da wohl eine grosse Ausnahme. Viele Marktteilnehmer haben nur die Möglichkeit, über Internetportale Käufer zu finden, denn sie verfügen gar nicht über eine so leistungsfähige Kundendatenbank.
«Wir sehen uns nicht als Nischenplayer»
Wo sehen Sie Ihre Nische als Makler?
Wir sehen uns nicht als Nischenplayer, sondern glauben, dass immer noch 60 bis 80 Prozent der Transaktionen in der Schweiz über Makler abgewickelt werden. In Zukunft könnte das noch gesteigert werden, da es wichtig ist, den Marktwert einer Liegenschaft professionell zu ermitteln. Nur mit einem breiten Netzwerk und/oder einem guten Vermarktungsauftritt hat man die Gewähr, eine Liegenschaft nicht unter Preis zu verkaufen.
Wie haben Sie selbst die Coronazeit verbracht? Im Homeoffice?
Ich habe immer im Büro gearbeitet, jedoch haben wir circa 50 Prozent der Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt. So konnten wir die verlangten Abstände wahren. Weiter haben wir Besprechungszimmer zu Büros umfunktioniert und konnte so praktisch jedem Mitarbeiter einen adäquaten Office-Arbeitsplatz bieten. Unser Geschäft verlangt viel Präsenz bei den Liegenschaften. Makler wie auch Schätzer oder Bewirtschafter sind durchschnittlich 50 Prozent der Zeit ausser Haus und also oft gar nicht im Büro anzutreffen.
Wo haben Sie Ihre Ferien verbracht?
Ich habe meine Ferien im Tessin abgesagt, da das Tessin völlig überlaufen war, und bin nach Griechenland gereist, wo fast keine Touristen anzutreffen waren. Im Herbst werde ich nun aber meine Ferien in der Schweiz nachholen und freue mich auf eine entspannte Woche in Zermatt und im Tessin.
Was war für Sie das prägendste Erlebnis der letzten Wochen?
Wir haben eine extrem schlagkräftige Truppe, die während dieser schwierigen Zeit ihr Bestes abgerufen hat. Mit der tatkräftigen Unterstützung aller 38 Mitarbeiter konnten wir ohne grossen Schaden durch diese anspruchsvolle Zeit kommen. Wir können unsere Wachstumsziele also trotz allem erfolgreich umsetzen. Ein i-Punkt dieser erfolgreichen Wochen: Wir eröffneten Mitte September unsere neueste Filiale in Zürich-Oerlikon.
Was bedeutet die Corona-Pandemie für die verschiedenen Akteure der Schweizer Medien- und Kommunikationsbranche? Bis auf Weiteres wird persoenlich.com jeden Tag eine betroffene Person zu Wort kommen lassen. Die ganze Serie finden Sie hier.