24.07.2023

Locarno Film Festival

Präsidentin mit Liebe zur «Alpensüdseite»

Als erste Frau wird Maja Hoffmann Präsidentin des Filmfestivals. Die Basler Kunstsammlerin und Gründerin der Luma-Stiftung soll die Nachfolge von Marco Solari antreten. Physisch werde sie weniger vor Ort sein können als ihr Vorgänger – aber dennoch präsent sein, sagte sie.
Locarno Film Festival: Präsidentin mit Liebe zur «Alpensüdseite»
Die designierte Präsidentin des Locarno Film Festivals, Maja Hoffmann, und Präsident Marco Solari an der Pressekonferenz vom Montag in Locarno. (Bild: Keystone/Ti-Press/Samuel Golay)

Dies sei ein wunderbarer Tag für Locarno, den Kanton Tessin und die Schweiz, sagte der scheidende Präsident des Locarno Film Festivals Marco Solari am Montag vor den Medien im Kino GranRex. Der Verwaltungsrat habe am Vormittag einstimmig die Designation der Roche-Erbin bestätigt. Es sei das erklärte Ziel der Findungskommission gewesen, eine ambitionierte und mutige Person zu berufen. Diese haben man in der Person von Maja Hoffmann gefunden. Unter ihr solle sich das Festival – dieses «Juwel» der Schweiz – weiterentwickeln können. Die Baslerin habe zahlreiche «visionäre Projekte» vorangebracht.

Mit dem Wechsel im Präsidium finde auch ein Paradigmenwechsel statt, fuhr Solari fort. Maja Hoffmann bewege sich auf der Achse Basel-Zürich-Arles und werde nicht mehr wie er selber täglich physisch in Locarno präsent sein können. Dennoch bestehe eine «Nähe zur italienischen Schweiz», betonte er. Hoffmann liege «der Süden» am Herzen. Dabei stellt sich die Frage, für welche künftige Ausrichtung des Festivals im Tessin die Basler Milliarden-Erbin steht.

Weniger physische Präsenz in Locarno

Die designierte Präsidentin selber wandte sich aufgrund mangelnder Italienischkenntnisse auf Französisch an die Medienschaffenden. Sie freue sich, ihre Erfahrung und ihr Wissen für die Zukunft dieses prestigeträchtigen Festivals einzusetzen. Sie sei eine langjährige Kinogängerin und fände es traurig, wenn tolle Säle wie derjenige im GranRex leer blieben.

Auf die Frage einer Medienschaffenden, welchen Platz das Tessin auf ihrer persönlichen «Landkarte» einnehme, sagte sie, sie sei in der Schweiz geboren und kenne das Locarno Film Festival seit vielen Jahren. In ihrer neuen Rolle werde sie präsent sein im Tessin, wenn auch nicht immer physisch. Zudem habe sie eine sehr gute «Equipe» vor Ort, welche auch mit den lokalen Behörden in Kontakt stehe.

Überhaupt wolle sie nicht die neue «Präsidentin» des Filmfestivals sein, sondern das Aufsichtsgremium präsidieren, betonte Hoffmann. Ihr sei ein gutes Netzwerk wichtiger als Hierarchien.

Auch auf weitere Fragen von Tessiner Medienschaffenden zu ihrer künftigen Präsenz im Tessin wurde Hoffmann nicht konkreter. Zwar wohne sie hauptsächlich in Zürich, aber es beschäftige sie, was «südlich der Alpen» passiere, sagte Hoffmann.

Engagements von Basel bis New York

Die Vizepräsidentin der Sammlung der Emanuel Hoffmann-Stiftung in Basel ist in der Kunstwelt international vernetzt. Mit der Wahl zur Präsidentin des Film Festivals Locarno folgt ihr Schritt in die Filmwelt. Der abtretende Marco Solari werde sie während einer Übergangsphase in den kommenden Monate begleiten. Er hat angekündigt, im Frühjahr 2024 zurückzutreten zu wollen (persoenlich.com berichtete). Während der vergangenen 23 Jahre hat er vor allem Sponsoren gefunden und die zur Verfügung stehenden Mittel vervielfacht.

Die 1956 geborene Maja Hoffmann hat in New York Film studiert und in den 1980er-Jahren begonnen Kunst zu sammeln. Ihre Nähe zum Film zeigte sie bisher vor allem, indem sie Dokumentarfilme mit verantwortet hat etwa über Marina Abramovic oder Peggy Guggenheim.

Hoffmann engagiert sie sich in zahlreichen internationalen Institutionen. So präsidiert sie das Swiss Institute in New York und die Stiftung Vincent van Gogh in Arles. Ausserdem ist die 67-Jährige Verwaltungsrätin der Serpentine Gallerie in London, der Kunsthalle Zürich, des New Museum und des Center for Curatorial Studies des Bard College, welche sich beide in New York befinden.

2004 hat sie die Luma-Stiftung gegründet, die künstlerisches und interdisziplinäres Schaffen in den Bereichen visuelle Künste, in Bildung und Umwelt unterstützt. 2013 kam der Ableger in Arles hinzu. Spektakulär war damals die Einrichtung eines Kulturkomplexes mit dem Turm nach Plänen des amerikanischen Architekten Frank Gehry.

Die ausserordentliche Generalversammlung, die für den 20. September geplant ist, soll ihre Kandidatur als Mitglied und Präsidentin des Aufsichtsgremiums bestätigen. (sda/cbe)


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren