02.04.2002

"Der Job des Account-Manns ist ebenso anspruchsvoll wie jener des Kreativen"

Frank Lowe, Gründer und Chef der Agentur Lowe, war im März zu Besuch bei der Schweizer Niederlassung. Im neusten "persönlich rot", das diese Woche erscheint, spricht der weltbekannte Werber über Qualität in der Werbung, über Hirn und Bauch, über die Wichtigkeit von Visionen und Zielen - und über sein besonderes Verhältnis zur Schweiz. "persoenlich.com" bringt einen Ausschnitt.
"Der Job des Account-Manns ist ebenso anspruchsvoll wie jener des Kreativen"

Sind Sie eher ein Account-Mann oder eher ein Kreativer? Oder gar beides?

Ich bin ein Account-Mann, habe mit dieser Frage allerdings ein Problem. Denn die Antwort hängt stark davon ab, wie eine Agentur organisiert ist. Ich glaube, dass jeder gute Account-Mann kreativ ist, und dass jeder gute Kreative seine Arbeit auch verkaufen kann. Zeigen Sie mir ein paar gute Kampagnen, und Sie werden überrascht sein, wie viele davon von einer Gruppe von Menschen stammen, in der die gleichen Account-Leute, die gleichen Kreativen und häufig sogar die gleichen Kunden zusammenarbeiteten. In vielen Prämierungsveranstaltungen bekommt der Account-Mann ebenfalls einen Preis. Das ist die Anerkennung dafür, dass gute Werbung nicht nur auf die Kreativabteilung zurückgeht. Nach meiner Erfahrung trägt auch der Kunde viel zur Qualität der Werbung bei. Er weiss zwar weniger über Werbung als wir, denn das ist nicht sein Hauptjob; für seine Risikobereitschaft, etwas einzukaufen und der Kreativabteilung zu vertrauen, sollte der Kunde aber gelobt werden; er sollte einen Teil des Preisruhms einheimsen.

Heute gibt es in den grossen Agenturen den Kreativen, den Planer und den Account-Mann. Dabei ist die Rolle des Account-Manns ziemlich undurchsichtig. Er steht irgendwo zwischen dem Planer und dem Kreativen.

Ich glaube, dass die Arbeitsteilung schlechter ist als früher. Ich denke, dass die Account-Leute abgewertet worden sind. Der Planer denkt über die Strategie nach, der Account-Mann tut das nicht mehr, obwohl er es ebenso gut könnte. Die Kreativen sind mehr und mehr auch Verkäufer ihrer Arbeit. Da frage ich mich manchmal, was der Account-Mann eigentlich tut. Trägt er nur die Taschen und kauft die Getränke? Wenn es so weitergeht, wird die Werbung insgesamt verlieren. Denn der Job des Account-Manns ist ebenso anspruchsvoll wie jener des Kreativen.

Unilever trat über Lintas in Ihr Leben ein. Wie war das, als diese komplett verschiedenen Unternehmen zusammenkamen?

Ich kannte Lintas natürlich, weil ich dort schon gearbeitet hatte. Als wir Lintas übernahmen, war ich entschlossen, Unilever in einen Kunden zu verwandeln, auf den wir stolz sein konnten. Und ich hatte Glück. Denn Unilever war etwa zum gleichen Zeitpunkt zur Erkenntnis gekommen, dass ihre Werbung nicht besonders gut war. Das fand an der Spitze statt; und die Dinge kann man nur wirklich ändern, wenn die Bereitschaft an der Spitze da ist. Nicht der Brand-manager muss die Dinge ändern wollen, sondern der Präsident. Und das ist bei Unilever passiert. Wir machen heute viel, viel bessere Arbeit für Unilever, und ich bin davon begeistert. Natürlich haben wir noch keine Kampagne wie Hamlet Cigar gemacht, aber da handelte es sich um eine kleine Zigarrenmarke. Es ist immer schwierig, den Kunden davon zu überzeugen, dass er mit seiner Hauptmarke ein Risiko eingehen muss. Ich sage da immer: Das grösste Risiko ist es, keines einzugehen. Deshalb ist die Werbung für die riesigen Marken immer eher langweilig, jene für die kleinen Marken fast immer besser. Ein Unternehmen geht leichter mit einer kleinen Marke ein Risiko ein als mit einer grossen.


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