06.09.2022

CoffeeB

«Jede und Jeder will sein Bestes geben»

Die Migros hat das weltweit erste Kaffeekapsel-System ohne Kapsel lanciert. Unter der Leitung von Creative Director Peter Brönnimann entstand eine umfangreiche Kampagne. Ein Gespräch über Geheimhaltung, hohe Motivation und nächtliche Ausflüge in den Garten.
CoffeeB: «Jede und Jeder will sein Bestes geben»
«Wir glauben daran, dass grosse Veränderungen im Kleinen beginnen, also beim täglichen Verhalten jedes Einzelnen», so Creative Director Peter Brönnimann. (Bilder: zVg)
von Christian Beck

Herr Brönnimann, was machen eigentlich Sie im Alltag für die Umwelt?
Ich habe ein GA und fahre praktisch nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wir haben in der Familie unseren Fleischkonsum reduziert in den letzten Jahren und ich stimme umweltbewusst ab. Andererseits habe ich in den letzten Jahren beispielsweise verschlafen, das Haus auf nachhaltige Technologien umzurüsten. Und natürlich mache ich seit zwei Monaten meinen Kaffee mit dem «Kapsel-System ohne Kapsel», das ich für Tests erhalten habe.

Was Sie da in den Fingern halten, sieht aus wie eine Lindorkugel. Wie schmeckt «CoffeeB»?
Nicht nach Schokolade, aber so gut, dass ich meine Kapselmaschine seither nicht mehr benutzt habe. Zudem gibt es acht verschiedene Sorten, da ist von Ristretto bis Lungo für jeden etwas dabei. Was mir übrigens genauso Freude macht wie der Kaffee, ist das Zerbröseln der Coffee Balls im Garten – das ist echt guter Dünger für viele Pflanzen. Ich habe das aber nur nachts gemacht, damit meine Nachbarn ja nichts vom Geheimprojekt erfahren.

Von der Idee bis zur Lancierung hat es fünf Jahre gedauert (persoenlich.com berichtete). Wann wurden Sie an Bord geholt?
Ich habe im letzten Herbst Konzepte gemacht, erst noch allein. Im Winter sind dann Art Director Simon Staub dazugekommen und Suzana Kovacevic von Prodigious fürs Art Buying und Agency Producing, beide erfahrene Profis, mit denen ich schon früher gut und gerne zusammengearbeitet habe. Später zogen wir weitere Leute und Produktionen bei, zudem haben wir eng mit verschiedenen Spezialagenturen zusammengearbeitet. Es war ein grosser Bund von Leuten aus den unterschiedlichsten Bereichen, die unter höchster Geheimhaltung zusammengearbeitet haben – schnell, effizient und höchst engagiert.

«‹CoffeeB› ist ein spezieller, komplexer Launch»

Warum setzte die Migros nicht auf eine grosse Agentur?
«CoffeeB» ist ein spezieller, komplexer Launch; ab Tag eins ist man unter anderem in rund 650 Migros-Filialen und über 100 Melectronics-Filialen präsent. Delica hat sich deshalb bewusst entschieden, mit verschiedenen spezialisierten Agenturen zusammenzuarbeiten: Studio Schoch für Logo, Branding und Packaging, Notation Creative Consulting für Retail & Furniture Design, Prodigious für Produktion und Realisation, Webrepublic fürs Digitalmarketing, Oppenheim & Partner für PR, Jeff für Live-Events, Dentsu für die Media. Art Director Simon Staub und ich haben die Kreation für die verschiedenen Werbemittel gemacht und zusammen mit den Spezialagenturen den Auftritt jeweils situationsadäquat umgesetzt.

Heisst das nicht, dass normalerweise bei Kampagnen viel zu viele Leute mitwirken, wenn es diesmal auch deutlich schlanker ging?
Nein, da haben Sie ein völlig falsches Bild – Agenturen sind heute auf Effizienz getrimmt. In diesem Fall waren wir alle zusammen eigentlich eine grosse Agentur, einfach aufgeteilt: Strategie, Beratung und Koordination bei Delica, rundherum viele Spezialisten.

Was war in der Kreation die grösste Herausforderung?
Ich habe es vor allem als grosse Motivation betrachtet, für so eine tolle Produktinnovation und den Aufbau einer neuen grossen Marke arbeiten zu dürfen. Herausfordernd? Eigentlich alles: der Druck, den man sich selber gibt, sowie die Unsicherheit, ob man so ein Ding überhaupt stemmen kann und wie. Zudem war manches Neuland für uns, die gefühlt Hunderte Kommunikationselemente am POS beispielsweise. Aber dabei haben uns Spezialagenturen wie Notation mit ihrem Retail Design und natürlich die Spezialistinnen und Spezialisten auf Kundenseite immer grossartig unterstützt und inspiriert.

Herzstück der Kampagne ist ein Spot von der Zürcher Filmproduktion Pumpkin. Wie eng war hier die Zusammenarbeit?
So eng wie immer bei einem Werbefilm. Den begleitet man von Anfang bis zum Schluss. Wir hatten das Glück, dass Top-Regisseur Martin Werner absolut begeistert war von der Innovation und der Filmidee und unbedingt mitmachen wollte. So erging es übrigens allen Beteiligten: Die Chance, bei der Lancierung eines solchen Gamechangers und einer neuen Marke dabei zu sein, ist ja selten. Da merkt man dann auch, was für eine Kraft eine solche Produktinnovation ausstrahlt: Jede und Jeder will sein Bestes geben.

Daneben gibt es auch Plakate, Digital Ads und – Sie haben es erwähnt – viele POS-Massnahmen. Welches ist dabei die Kernaussage?
Wir glauben daran, dass grosse Veränderungen im Kleinen beginnen, also beim täglichen Verhalten jedes Einzelnen. Bei 63 Milliarden verkauften Kapseln jährlich ist der Kapselabfall immens – trotz Recycling. Gleichzeitig wollen wir die Einzigartigkeit von «CoffeeB» klar kommunizieren, also bester Kaffee, so einfach wie aus der Kapsel, aber zu 100 Prozent kompostierbar. Dazu haben wir ein spezielles Grid-Layout kreiert. Damit können wir das neue System auch bildlich erklären und Genuss, Convenience und Nachhaltigkeit vermitteln. Das Grid-Layout gibt der Marke einen einzigartigen Auftritt und ist sehr flexibel einsetzbar, selbst auf kleinsten Flächen.

Schon in der Medieneinladung wurde die «bedeutendste Produktinnovation der Unternehmensgeschichte» angekündigt. War dies auch bereits ein Teil der Kampagne?
Nein, die Migros wollte darauf aufmerksam machen, dass sie nicht irgendein neues Produkt vorstellt, sondern eine Innovation, die verspricht, den Markt radikal zu verändern – und zwar weltweit. Das wird nicht von heute auf morgen passieren, aber das riesige Interesse aus verschiedenen Ländern hat gezeigt, dass die Migros damit wirklich einen Meilenstein geschaffen hat. 

«Der Plan war wirklich, am Dienstag die Welt zu überraschen»

Dass es sich um ein Kapselsystem ohne Kapseln handelt, leakten die Medien – die SonntagsZeitung sogar ziemlich detailliert. Hand aufs Herz: Das war doch Teil des Plans.
Der Plan war wirklich, am Dienstag die Welt zu überraschen. Aber es ist, wie es ist: Fabrice Zumbrunnen hat jedenfalls an der Medienkonferenz den investigativen Journalisten schmunzelnd gratuliert.

Die Kampagne startete am Dienstag. Ist bereits eine Fortsetzung geplant – können Sie etwas verraten?
Ich bin die Geheimhaltung mittlerweile so gewöhnt, dass ich auch dazu nichts ausplaudere.

Und was tun Sie heute noch für die Umwelt?
Heute ist diesbezüglich ein ganz normaler Tag: «CoffeeB» trinken und Zug fahren. Das Einzige, was sich ab heute ändert: Endlich kann ich Freunden wieder eine richtige Antwort geben, wenn sie mich fragen, an was ich gerade arbeite.



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Kommentare

  • Jean Etienne Aebi, 07.09.2022 15:29 Uhr
    Gratuliere Peter, Simon, Sonja für die runde Sache. Schön, so wieder von euch zu hörsehen. Johnny Coffee A.
  • Theo Meier, 07.09.2022 08:02 Uhr
    Der ganze Umwelt-Aspekt ist mir inzwischen klar. Aber bevor ich nach Jahren von Nespresso auf Coffee B umsteige, möchte ich vor allem wissen, wie das eigentliche Produkt, der Kaffee schmeckt. Denn der Preis pro Kapsel ist in etwa identisch. Muss ich mir denn eine Coffee B-Maschine anschaffen, um das herauszufinden? Warum kann ich das in meiner Migros-Filiale nicht testen? Ausserdem, die Verpackungsgrösse von 9 Kugeln ist wohl ein Scherz?
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