04.08.2003

"Vor ein paar Jahren hätte noch ein pensionierter Geografielehrer reklamiert..."

Der Zürcher Werber Dominique von Matt präsidiert den Branchenband BSW in seiner schwierigsten Zeit. Doch auch sonst ist der promovierte Ökonom gefordert: Seine Agentur Jung/von Matt an der Limmat gestaltet die Swiss-Kampagne. Gegenüber "persönlich" äussert sich der Werber des Jahres 2002 über kostenlose Pitches, seinen Bruder Jean-Rémy sowie Alphütten mit falschen Höhenangaben. "persoenlich.com" bringt einen Auszug des Interviews, welches im aktuellen "persönlich" erscheint:
"Vor ein paar Jahren hätte noch ein pensionierter Geografielehrer reklamiert..."

Wie ist der umstrittene Pitch um das Budget der Swiss aus Ihrer Sicht abgelaufen?

Der Pitch war nicht umstritten, sondern hart umkämpft. Wir haben viel recherchiert. Wir sind um die ganze Welt geflogen und versuchten die Erwartungen, die an eine schweizerische Fluggesellschaft gestellt werden, zu eruieren. Wichtig war für uns die Wahl des richtigen Slogans.

Aber ist der Swiss-Slogan "Destination Excellence" wirklich so exzellent?

Zweifelsohne. Dieser Slogan beschreibt auch keinen Status quo, sondern ein Ziel. Die Kernaussage lautet: Die Swiss will und wird immer besser werden. In den Medien wurde der Slogan in der Folge positiv aufgenommen oder diente sogar als Grundlage für Wortspiele.

Im Gegensatz zur Swiss-Kampagne. Auf einem Sujet haben Sie eine typisch schweizerische Skihütte vor dem Matterhorn abgebildet, wobei sogar noch die Höhenangabe falsch war.

Die Schweizer, insbesondere die Kommunikationsfachleute, haben ein völlig neurotisches Verhältnis zu ihrem eigenen Land. Wir haben wahnsinnige Hemmungen vor Schweizklischees. Im Ausland, für welches die Kampagne gedacht war, funktionieren diese Bilder und wecken auch Emotionen. Die Sujets waren in den USA, England oder Italien zu sehen. Ich habe die Kritik an der Swiss-Kampagne nie verstanden.

Auch nicht wegen der falschen Höhenangabe?

Die Hütte befindet sich auf einer Höhe von über 2000 Metern, unsere Angabe war 3000 Meter. Wer akribisch nachmisst, merkt die Diskrepanz. Doch diese Diskussion ist an den Haaren herbeigezogen, da die Grundaussage eine andere ist -- und für den Konsumenten auch so verständlich. Vor ein paar Jahren hätte noch ein pensionierter Geografielehrer reklamiert, heute ist es die Redaktion des Tages-Anzeigers.

Aber steht diese Kampagne nicht im Widerspruch zum Image einer modernen Airline, welche die Swiss sein will?

Nein, überhaupt nicht. Das Sujet mit der Alphütte war nicht für die Schweiz bestimmt. Mit den anderen Motiven wollen wir die Exklusivität und Modernität der Airline ansprechen. Weitere Kampagnen werden folgen.

Sind Sie sich bei den Problemen der Swiss so sicher?

Die Kommunikation in dieser Situation des Unternehmens, mit diesem Impact der Medien und allen exogenen Faktoren ist ein einmaliges neues Projekt. In Bezug auf die Konsequenzen für die Kommunikation bin ich mir allerdings ziemlich sicher. Die Gleichungen sind die gleichen, nur mit ein paar Variablen mehr.


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren