29.05.2021

Gold bei ADC Awards

«Wir haben weiterhin Lust auf Neues»

Gold bei den Schweizer Werbe-Meisterschaften: Die Kampagne «Generative Plakate» ist ausgezeichnet worden. Flurin Spring, Creative Director bei Digitec Galaxus, über eine Kampagne mit 11'214 verschiedene Plakaten – und welches davon für Ärger sorgte.
Gold bei ADC Awards: «Wir haben weiterhin Lust auf Neues»
«Es waren nicht nur über 11'000 unterschiedliche Sujets, jedes einzelne wurde auch für einen spezifischen Standort gestaltet», Flurin Spring, Creative Director bei Digitec Galaxus. (Bilder: zVg)
von Matthias Ackeret

Herr Spring, herzliche Gratulation zum ADC-Gold-Würfel (persoenlich.com berichtete). Haben Sie mit diesem Erfolg gerechnet?
Damit gerechnet haben wir natürlich nicht. Aber dank dem «Poster of the Year 2020» und Gold in Commercial National für die gleiche Kampagne wurden wir nicht komplett überrumpelt. Uns selbst war bewusst, dass wir mit der Kampagne spannendes Neuland betreten – sowohl konzeptionell wie auch in der Produktion. Es freut uns natürlich sehr, dass dies von der Jury honoriert wurde.

Jedes Ihrer 11'214 Plakatsujets ist ein Unikat und einer bestimmten Region zugeordnet. Ganz banal gefragt: Wie macht man 11'214 verschiedene Sujets?
Indem man einen Computer beziehungsweise einen Algorithmus die Arbeit machen lässt. Wir haben für diese Kampagne den internen Gestaltungs- und Produktionsprozess komplett automatisiert. Etwas konkreter: Unser Skript gleicht anonymisierte Bestelldaten der letzten zwölf Monate mit einer digitalen Liste der Plakatstandorte ab und generiert basierend auf vorher festgelegten Regeln für jeden Aushang ein Sujet in Form eines druckfertigen PDF. Es waren also nicht nur über 11'000 unterschiedliche Sujets, jedes einzelne wurde auch für einen spezifischen Standort gestaltet. Aufgrund der grossen Anzahl Sujets konnten wir diese nur stichprobenweise kontrollieren. Viele der ausgespielten Sujets haben wir nie gesehen.

«Herausfordernd war das Handling der grossen Datenmengen»

Ihre preisgekrönte Kampagne ist inhouse entstanden. Wie sind Sie bei deren Realisierung vorgegangen?
Die Idee, mittels Digitaldruck eine Kampagne mit vielen unterschiedlichen Sujets zu realisieren, geisterte schon länger im Team rum. Die Umsetzung erfolgte dann in etlichen Iterationen, in denen wir die formale Gestaltung optimierten und am inhaltlichen Regelwerk schliffen, um interessante Inhalte für die einzelnen Anwendungen zu identifizieren. Schlussendlich wurden auf Knopfdruck alle Sujets generiert. Das Rendering dauerte das ganze Wochenende. Herausfordernd waren vor allem das Handling der grossen Datenmengen und die Auswirkungen auf den physischen Produktionsprozess.

Die Logistik beim Aufhängen der Plakate dürfte auch nicht ganz einfach sein …
Definitiv. Ohne viel Wohlwollen und die enge Zusammenarbeit mit den Plakatgesellschaften und den Druckereien wäre die Kampagne nicht möglich gewesen. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an APG, Clear Channel, Neo, Setaprint und Kasimir Meyer.

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Führen Sie diese Kampagne nun weiter?
Wir experimentieren weiterhin mit datenbasierten Kampagnen und generativen Gestaltungsprinzipien. Ob sich dies in einer Weiterentwicklung der Kampagne manifestiert oder ob sich neue Ansätze ergeben, wissen wir noch nicht.

Wie waren die Reaktionen des Publikums auf die verschiedenen Plakate?
Hauptsächlich positiv bis verblüfft. Die Benennung der Anwohner und Anwohnerinnen auf den Plakaten provozierte aber auch einige empörte Reaktionen, da sich unser Algorithmus nicht immer an die ortsspezifischen Sprachgewohnheiten hielt. Aus «Ustemer» wurde beispielsweise «Usterer*innen», das fanden sie in Uster nicht so lustig. Bei der eigenen Herkunft hört der Humor auf.

«Wir müssen uns wohl Gedanken über ein Regal machen»

Sie sind in den letzten Jahren immer wieder mit äusserst originellen Kampagnen aufgefallen. Gibt es nach dem jetzigen Erfolg überhaupt noch Steigerungsmöglichkeiten?
Ich hoffe es. Wir haben weiterhin Lust auf Neues. Im internen Kreationsteam besteht ein starker Antrieb, eigene Ausdrucksformen zu entwickeln, Konventionen zu hinterfragen und technologische Grenzen auszuloten. Das ist offenbar nicht die schlechteste Basis für die Entwicklung überzeugender Kampagnen. Vorerst sind wir gespannt, wie unsere Galaxus-TV-Spots ankommen. Sie werden pünktlich zur Fussball-EM ausgestrahlt und arbeiten auch mit spezifischen Platzierungen.

Wo stellen Sie Ihren Goldwürfel hin?
Momentan liegt er wahrscheinlich irgendwo im halbverwaisten Büro. Nach den zwei erfolgreichen Jahren müssen wir uns wohl Gedanken über ein Regal machen.



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