Bei der Rentenanstalt runzelt man die Stirne. Einen Rabatt auf Lebensversicherungen? Nein, so etwas gebe es nicht, sagt der Pressesprecher des grössten Schweizer Lebensversicherers. Qualität und Service sollen die Kundschaft überzeugen und nicht ein paar gesparte Prämienfranken. Schliesslich geht es um Leben und Tod. Solche Bedenken kennt Generali-Chef Martin Zellweger nicht. Das Enfant terrible im schweizerischen Versicherungsgeschäft zaubert wieder einmal ein unmögliches Produkt aus dem Hut: Er ködert Lebensversicherungskunden mit dem Benzinpreis.
Mehr Geld für Verkehrstote
Recherchen der BZ ergaben, dass Generali (Schweiz) nächste Woche einen Strauss fondsgebundener Lebensversicherungen lanciert, die zum Bezug von verbilligtem Benzin berechtigen. Als weiteres Novum verspricht Generali, den Hinterbliebenen die vierfache Versicherungssumme auszuzahlen, wenn der Versicherte bei einem Verkehrsunfall stirbt.
Zusammen mit Migrol
Das Produkt wird gemeinsam mit der Tankstellenkette Migrol angeboten. Inhaber der Zahlkarte Migrolcard erhalten 10 Rappen Rabatt auf jeden Liter Benzin oder Diesel. Der Rabatt gilt während der gesamten Laufzeit des Vertrags von 10 Jahren für maximal 1200 Liter Treibstoff jährlich, was dem Durchschnittsverbrauch eines Automobilisten entsprechen dürfte. Die Prämien werden monatlich - nicht wie sonst in der Branche üblich jährlich - via Migrolcard eingezogen. Somit entstehen bei der Versicherung keine Inkassokosten. Auch Verkaufsaufwendungen fallen praktisch weg, weil Migrol den Karteninhabern das Produkt direkt anbietet. Deshalb trägt Generali die Kosten des Rabatts. Das sind 120 Franken jährlich bei Prämieneinnahmen von über 3000 Franken je Police. Der maximale Rabatt beträgt also 3,8 Prozent.
Kundengerecht?
Gemäss Urs Oberholzer, der bei Generali für die Kooperation mit Migrol verantwortlich ist, bringt das Arrangement Vorteile für beide Seiten. Generali erhalte einen wertvollen Vertriebskanal und Migrol zusätzliche Angebote für ihre Kundschaft. Patrick Martin, Leiter des Tankstellengeschäftes bei Migrol, ist an Aktionen interessiert, welche die Kundenbindung erhöhen können. Er gibt zu, dass die Migrolcard für Privatkunden heute nicht besonders attraktiv ist. Die Vorteile der Monatsrechnung müssen mit einer Jahresgebühr von 10 Franken erkauft werden.
Deshalb wird weiter auf der Benzinpreisschiene gefahren. Wer eine ganze Palette von Generali-Produkten über Migrol bezieht, kommt in den Genuss einer Benzinpreisreduktion von bis zu 20 Rappen je Liter. Bereits lanciert ist ein Pannenschutz (2 Rappen). Hinzu kommt jetzt die Lebensversicherung (10 Rappen) und in einer nächsten Phase Kasko- und Haftpflichtpolicen für Motorfahrzeuge (8 Rappen). Ob die Versicherungen - die angebotene Produktepalette ist recht schmal - den individuellen Bedürfnissen der Kunden gerecht werden, steht allerdings auf einem anderen Blatt.
Marketingdschungel
Die kuriose Verbindung von Lebensversicherung und Benzinpreis ist die neueste Blüte in einem veritablen Marketingdschungel. Auch die "Winterthur" kooperiert mit einem Kartenunternehmen. Wer über den Internet-Dienst "Webinsurance" Hausrat-, Rechtsschutz- oder Reiseversicherungen kauft, kann sich Rabatt-Punkte bei der Bonuscard von Jelmoli gutschreiben lassen. Die "Zürich" prüft eine Zusammenarbeit mit Kreditkartenfirmen intensiv, wie ein Sprecher sagte.
Via Partner zur Kundschaft
Der Versuch, über Partnerschaften zu Kunden zu gelangen, hat in der Versicherungsbranche Tradition. Beinahe "klassisch" ist hier die Zusammenarbeit des Touring Clubs mit der Basler Versicherungsgruppe, beispielsweise in den Bereichen Autohaftpflicht und Kasko. Doch es existiert eine Vielzahl von Kooperationen, zum Beispiel bietet die "Winterthur" den Mitgliedern des Schweizerischen Fussballverbandes vergünstigte Kranken-Zusatzversicherungen an. Auch für die Mitglieder des Schweizerischen Kaufmännischen Vereins gelten Spezialangebote. Wer bei Generali eine Hausratsversicherung abschliesst, kann damit Cumulus-Punkte der Migros sammeln. Und ab nächsten Monat gibts Supercard-Punkte von Coop für diejenigen, die bei der Coop Versicherung eine Police abschliessen. Dies, trotz dem Umstand, dass die Versicherung schon bald in die National-Gruppe integriert werden wird.