27.09.2024

Audio

Darum machen sie jetzt Werbung für Radiowerbung

Die Branchenverbände VSP und RRR, CH Media und Swiss Radioworld wollen den Anteil der Radiowerbung am gesamten Werbekuchen auf einen zweistelligen Prozentwert hochbringen. Kein einfaches Unterfangen, denn es gibt strukturelle Gründe für die Schwäche.
Audio: Darum machen sie jetzt Werbung für Radiowerbung
Mit Plakaten, auf Zeitungsinseraten und mit Online-Anzeigen werben die Privatsender für die Radiowerbung. (Bild: zVg)

«Es ist schlicht höchste Zeit, auf die Vorteile und Stärken des Mediums und seiner Werbung aufmerksam zu machen», sagt Peter Scheurer. Der Geschäftsführer des Verbands Schweizer Privatradios VSP ist eine der treibenden Kräfte hinter der aktuellen Gattungsmarketing-Kampagne. Zusammen mit CH Media als Betreiber zahlreicher Privatsender und dem Werbevermittler Swiss Radioworld (Goldbach) gehen der VSP und sein Pendant RRR aus der Romandie in die Offensive.

«Radio ist no Bullshit»

Unter dem Claim «Radio buchen» werden in nächster Zeit auf Plakaten, in Zeitungsinseraten, Online-Anzeigen und natürlich mit Radiospots die Vorzüge der Radiowerbung hervorgestrichen. Das geschieht mit Slogans, wie «Radio ist DER Reichweiten-Boooooster», «Radio ist unkompliziert» oder «Radio ist no Bullshit». Die Website radiobuchen.ch bietet umfangreiche Informationen und Fakten zu den Schlagworten sowie Kontaktmöglichkeiten zu Sendern und Vermarktern/Vermittlern (persoenlich.com berichtete).

Doch wie steht es um Radiowerbung in der Schweiz? Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass es sehr wohl noch unausgeschöpftes Potenzial geben könnte. Obwohl Audio und Radio derzeit einen Boom erleben, fristet die Radiowerbung ein Nischendasein. Gemäss aktuellem IGEM-Digimonitor hören in der Schweiz fünf Millionen Menschen täglich Musikstreams oder Radio. Obwohl Radio weiterhin als Massenmedium wirkt, macht die Werbung darin gemäss Mediafocus nur rund 5 Prozent vom gesamten Werbekuchen aus. «In anderen europäischen Ländern ist dieser Wert berechtigterweise zweistellig, und dort wollen wir auch hin», sagt Ralf Brachat, Geschäftsführer des Werbevermittlers Swiss Radioworld.

«Im nationalen Markt zählt oft nur noch die Messbarkeit»

Dafür dass der Anteil der Radiowerbung in der Schweiz so tief liegt, gibt es gemäss den Akteuren hinter der aktuellen Kampagne verschiedene Gründe. Ein Problem orten sie bei der nationalen Werbung. «Im nationalen Markt zählt oft nur noch die Messbarkeit nach Daten wie bei digitalen Werbeformen», kritisiert Nicola Bomio, Leiter Radio CH Media und Präsident Verband Schweizer Privatradios. Im Lokalen sei man dagegen gut verankert. Ob Autohäuser, Möbelgeschäfte oder eine Vielzahl von Veranstaltern – sie alle werben längst schon im Radio. Die aktuelle Kampagne zielt deshalb auf national ausgerichtete Grosskonzerne ab. «In anderen Ländern werben die im Radio, uns fehlen sie teilweise noch», weiss Ralf Brachat. Das mag auch daran liegen, dass in der Schweiz die nationalen, respektive sprachregionalen Programm der SRG nur Sponsoring, aber keine Werbung anbieten dürfen. Eine nationale Abdeckung erreicht man also nicht mit einem Sender allein.

Einen weiteren Grund für den geringen Marktanteil der Radiowerbung sehen die Akteure in der Beratung und Mediaplanung. «Wir sind durchaus der Meinung, dass Agenturen häufiger Radio und Audio in die Mediaplanung aufnehmen sollten, gerade jetzt, wo das Interesse der Kundinnen und Kunden da ist und Leistungsnachweise der Audiowerbung aufhorchen lassen», gibt Peter Scheurer zu bedenken. Die Seitenhiebe in Richtung von Agenturen und anderen Mediengattungen, wie sie auch Motive der Kampagne zeigen, will Scheurer aber als «humoristisches Necken» verstanden wissen.

«Kanalwahl hängt von einer Vielzahl Faktoren ab»

Von dieser Kritik angesprochen sieht sich Thorsten Winkler. Der CEO der Agentur Mediaschneider Bern hat es mit in der Hand, wie sich die Radiowerbung in der Schweiz entwickelt. Allerdings ist er, anders als die Branchenvertreter, nicht dem Medium Radio verpflichtet, sondern seinen Kunden und deren Budget. Die pauschale Aussage, die in der Kampagne anklingt, wonach Radio in der Mediaplanung zu wenig berücksichtigt werde, kann Winkler nicht stehen lassen. «Die Kanalwahl hängt immer von einer Vielzahl von Faktoren ab wie Budget, Zielgruppe und -region, übergeordnetem Marketingziel, Art der zu übermittelnden Botschaft und Weiterem», gibt der Mediaspezialist zu bedenken.

Auch Winkler kennt die unbestrittenen Vorteile der Radiowerbung, etwa die vergleichsweise günstigen Tarife oder die lokale und regionale Ausrichtung, wenn es darum geht, in bestimmten geografischen Gebieten zu werben. Auch die Schnelligkeit und Flexibilität der Werbeform nennt er als Vorteil. «Radiowerbung kann relativ kurzfristig produziert und ausgestrahlt werden, was sie zu einem sehr geeigneten Medium für zeitkritische Kampagnen wie Sonderaktionen, Abverkäufe oder Events macht», so Thorsten Winkler gegenüber persoenlich.com.

Genauso sieht er aber strukturelle Schwächen der Radiowerbung. Es liegt nun mal in der Natur der Sache, dass Radiowerbung klingende Botschaften vermittelt und keine visuellen Reize bietet. «In einer Welt, in welcher visuelle Inhalte dominieren, kann dies ein Nachteil sein», so Mediafachmann Winkler. Kommt dazu, dass sich audio-visuelle oder generell multisensorische Botschaften leichter im Gedächtnis verankern lassen.

«Bei Digital Audio gibt es noch sehr viel Potenzial»

Eine weitere Schwäche, die Winkler nennt: Bei einem Massenmedium ist die Segmentierung weniger exakt als bei digitalen Medien, wo Daten genutzt werden können, um beispielsweise sehr spezifische demografische Gruppen zu erreichen. Das ist zwar mit Radio nicht möglich, aber mit digitalen Audioformaten, wie Streaming oder Podcasts. In der aktuellen Gattungsmarketing-Kampagne geht es um Radiowerbung im engeren Sinn. Doch Digital Audio hat die Branche sehr wohl auch auf dem Radar. «Das ist ein wachsender Markt und geniesst einen bereits zweistelligen Umsatzanteil am Radiogeschäft. Hier gibt es noch sehr viel Potenzial», so Ralf Brachat vom Werbevermittler Swiss Radioworld.


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