03.09.2023

Radiowerbung

Nationaler Verkauf liegt unter dem Schnitt

Seit letztem Jahr sind die Umsätze im nationalen Radiowerbemarkt rückläufig. Dies zeigen Recherchen von persoenlich.com. Doch es gibt einen Silberstreifen am Horizont: Seit Ende Sommerferien scheint der Werbemarkt wieder an Fahrt aufzunehmen.
Radiowerbung: Nationaler Verkauf liegt unter dem Schnitt
Momentan läuft weniger nationale Radiowerbung über die Sender als früher. (Bild: SwissRadioDay)

Privatradios leben grösstenteils von Werbung. Doch der Verkauf von nationaler Radiowerbung harzt. Ein Informant aus der Branche sprach gegenüber persoenlich.com von einem eklatanten Einbruch. Der Radiovermarkter Swiss Radioworld soll nur noch die Hälfte der sonst üblichen Werbung liefern. Kann das sein? persoenlich.com hat sich am SwissRadioDay vom Donnerstag und bereits am Vorabend an der Radio Night umgehört. Die Aussagen der Radiomachenden decken sich: Der Verkauf von Radiowerbung scheint schwierig zu sein – sowohl national wie auch regional. Konkrete Zahlen wollte vor Ort niemand nennen.

persoenlich.com wollte es genauer wissen und hakte bei den offiziellen Stellen der reichweitenstärksten Privatradios nach. Die Antwort von CH Media Entertainment mit zwölf Radios im Portfolio bringt allerdings keinen Erkenntnisgewinn. «Wir äussern uns nicht zur Performance unseres Vermarktungspartners und nennen auch keine Umsatzzahlen zum laufenden Geschäftsjahr», so Sprecher Joël Steiger. Die Energy-Gruppe schloss sich diesem Feedback an.

«Es kam zu einer kleineren Korrektur»

Auf die angeblich schlechten Zahlen des nationalen Werbeverkaufs angesprochen, meint Ralf Brachat, Managing Director von Swiss Radioworld: «Die Entwicklungen im nationalen Werbemarkt, der durch die Swiss Radioworld vermittelt wird, sind leicht rückläufig.» Seit 2017 sei der von der Swiss Radioworld vermittelte nationale Umsatz stabil – «mit einer vernachlässigbaren Schwankung». Sogar während Corona sei es gelungen, dieses Level zu halten.

Und dann folgt ein Satz, der aufhorchen lässt: «Leider kam es dann aber im vergangenen Jahr zu einer kleineren Korrektur», so Brachat. Diese Korrektur liege «im ganz tiefen, zweistelligen Bereich», präzisierte Brachat auf Nachfrage. Das heisst: 2022 sank der Umsatz im langjährigen Vergleich um mindestens 10 Prozent. «Ziel ist es für dieses Jahr, dieses Level zu halten», so Brachat weiter.

Die Gründe für den Rückgang sind laut Swiss Radioworld hinlänglich bekannt – betroffen sei nicht nur die Radiobranche. «Ein Grossteil der Werbegelder fliesst noch immer zu den grossen internationalen Playern. Dazu kommen die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen wie Inflation, Krieg, Zinsentwicklung und Lieferengpässe der Automobilindustrie im vergangenen Jahr», führt Ralf Brachat aus.


Immerhin: «Die Hoffnung auf das letzte Quartal steigt. Wir spüren nach den Sommerferien nun endlich Bewegung im Markt. Anfragen, insbesondere aus der lange vermissten Autoindustrie, häufen sich», verrät der Vermarkter. Dieser Aussage schliesst sich auch Matthias Kost, Geschäftsleiter von Radio Zürisee, an: «Wir haben schon öfters erlebt, dass der Sommer einen Hänger drin hat – vor allem wenn das Wetter noch derart mitspielt. Aber die Anzeichen stehen aktuell gut, dass der Markt jetzt im Herbst wieder Fahrt aufnimmt.»

Neue Produkte werden kreiert

Der nationale Radiovermarkter Swiss Radioworld nimmt die Umsatzdelle nicht einfach so hin. «Im Austausch mit den Sendern kreieren wir Produkte, die es so noch nicht gegeben hat. Seien es inhaltliche Produkte wie zum Beispiel ‹One Minute for You oder auch preislich attraktive Angebote, die den Einstieg für Neukunden in der Radiowerbung vereinfachen sollen», so Brachat weiter. Das Problem sei der «teilweise beschränkte oder sehr wechselhafte» Kommunikationsfluss mit den Kunden. «Es gibt Kunden, die ihren Forecast fast wöchentlich anpassen, was die Planung zurzeit sehr schwierig macht.»

Derweil bleibt Radio knapp hinter Fernsehen das reichweitenstärkste Medium, wie der letzte Woche publizierte IGEM-Digimonitor zeigt (persoenlich.com berichtete). 6,1 Millionen Hörerinnen und Hörer werden erreicht – mehr als bei der letzten Erhebung. Kommt hinzu: 30 Prozent hören Radio gelegentlich über Kopfhörer. «Und weil Mediapulse diese Kopfhörernutzung noch nicht messen kann, kriegt ihr diese Reichweite einfach geschenkt, wenn ihr Radio bucht», sagte Brachat in seiner Begrüssungsrede an der Radio Night.

Ist das Medium Radio gar attraktiver geworden, weil es weniger Werbung gibt? «Nein, ganz sicher nicht», wehrt sich Ralf Brachat gegenüber persoenlich.com vehement. Die Werbeblöcke seien nicht sehr lang und die Radiowerbung erfreue sich über eine sehr gute Akzeptanz. «Das liegt daran, dass die Sender ihre Programme anpassen und ihre Wirkung überprüfen. Radio Zürisee ist ein gutes Beispiel. Nach dem Rebranding und der Programmanpassung steigen auch die Hörerzahlen», so Brachat.

Ob diese Programmanpassung nachhaltig ist, zeigen erst die Zahlen des zweiten Halbjahres 2023. Und ob es mit der Radiowerbung im letzten Quartal nach einem längeren Durchhänger wieder aufwärts geht, steht derweil noch in den Sternen und nicht in den Buchhaltungsbüchern.


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