12.09.2023

NZZ Connect

«Für jeden Anlass gibt es eine Zauberformel»

Die Neue Zürcher Zeitung hat ein starkes Standbein im Konferenzgeschäft. Dieser Tage veranstaltet NZZ Connect zum zweiten Mal ein Nachhaltigkeitsforum in Bern. Geschäftsführerin Corine Blesi erklärt im Gespräch mit persoenlich.com, warum Nachhaltigkeit kein Selbstläufer ist und welche neuen Veranstaltungen sie im Köcher hat.
NZZ Connect: «Für jeden Anlass gibt es eine Zauberformel»
Corine Blesi, Geschäftsführerin NZZ Connect, beim diesjährigen Swiss Economic Forum in Interlaken. (Bild: zVg)

Frau Blesi, Sie werden am Dienstagmittag das Sustainable Switzerland Forum in Bern eröffnen. Was werden Sie den Anwesenden sagen?
Ich werde sicher etwas dazu sagen, wieso das Thema Nachhaltigkeit wichtig ist, und einen Ausblick auf das Programm geben. Bei der Begrüssung geht es auch immer darum, die Leute abzuholen, etwas gute Stimmung zu verbreiten und dafür zu sorgen, dass das Publikum in das Thema reinkommt.

Stehen Sie gerne auf der Bühne?
Ich bin jetzt nicht eine, die auf die Bühne rennt. Ich überlege mir immer, was ich sagen will, welche Botschaft ich vermitteln möchte. Aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und es macht mir auch nicht mehr so viel aus. Als Gastgeber sollte man sich zeigen. Ich finde es sehr wichtig, dass man die Leute und das Team sieht, die hinter einer Veranstaltung stehen und sich mit viel Herzblut vorbereitet haben.

Am Programm des diesjährigen Nachhaltigkeitsforums unter dem Titel «Towards a Sustainable Swiss Future» fällt auf, dass die schweizerische Politik praktisch abwesend ist. Wieso?
Das ist eher ein Zufall. Nationalrätin Judith Bellaiche wird auf dem «heissen Stuhl» Platz nehmen und Benjamin Giezendanner spricht über Mobilität. Er hat beide Funktionen, Unternehmer und Politiker. Bei unseren Konferenzen haben wir oft einen Bundesrat, der die Veranstaltung eröffnet oder abschliesst. Das ist diesmal nicht der Fall, vielleicht auch weil am gleichen Tag der Geburtstag der Schweiz gefeiert wird. Dafür spricht die ehemalige norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland zum Abschluss des ersten Tages. Auch Joschka Fischer tritt als Referent auf. Die Politik ist also durchaus gut vertreten, diesmal einfach etwas stärker aus dem Ausland.

«Es kommt mir zugute, dass ich in so verschiedenen Bereichen gearbeitet habe»

Wer stellt das Programm zusammen und wer wählt die Referenten aus?
Wir haben ein Programmteam. Mir ist wichtig, dass das intern breit abgestützt ist, was die Schwerpunkte der Veranstaltung sein sollen. Wir haben für jeden Anlass eine Zauberformel, was unser Wunschprogramm wäre und was alles abgedeckt sein sollte: Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Inland, Ausland, Mann, Frau, Jüngere, Ältere, das alles sollte dabei sein. Je nach Thema ist es schwierig, allem gerecht zu werden. Oft lade ich am Schluss die Leute ein und stelle den Kontakt her. Es kommt mir zugute, dass ich in so verschiedenen Bereichen gearbeitet habe wie etwa beim WEF, im EJPD oder für die Rega. Das hilft bei der Kuration der Programme. Wenn man in verschiedenen Branchen gearbeitet hat, da kommen einem immer wieder neue Namen in den Sinn.

Sustainable Switzerland lebt von den Partnern. Wie schwierig ist es, Unternehmen zu gewinnen, die sich bei Ihnen finanziell engagieren?
Das ist immer anspruchsvoll, generell und vor allem, wenn man etwas Neues macht – trotz dem Thema Nachhaltigkeit. Das stellt man sich vielleicht einfacher vor, wenn man die vielen Logos der Partner sieht. Wir haben von Anfang an gesagt, wir wollen eine breite Allianz aus der Wirtschaft aber auch aus der Wissenschaft. Das ist ein langer Prozess. Es braucht viel Überzeugungsarbeit, auch wenn es ein Thema ist, mit dem sich viele befassen. Schlussendlich muss man sich immer wieder neu beweisen, auch wenn wir mit dem SEF einen grossartigen Leistungsausweis vorweisen können.

Was ist der Mehrwert für ein Unternehmen, bei Sustainable Switzerland als Partner dabei zu sein?
Die Sichtbarkeit, die Reichweite, aber auch vor allem die Vernetzung ist ein wichtiger Grund, warum jemand als Partner mitmacht, etwa beim Sustainable Entrepreneurs Club. Man will schauen, was die anderen machen.

Dafür muss ein Unternehmen nicht Partner werden, sondern könnte einfach an den Veranstaltungen teilnehmen.
Für die Partner machen wir natürlich viel mehr, auch unter dem Jahr, gerade im Bereich Wissensvermittlung und Sichtbarkeit. So haben wir mit der HWZ zusammen einen Lehrgang entwickelt, wo die Partner ihre Mitarbeiter schulen können. Auch im Entrepreneurs Club, wo wir ein Jahresprogramm anbieten, zählt vor allem der Inhalt. Schlussendlich erhält man Zugang zu einem ganzen Ökosystem, welches man über die bestehenden Kunden nutzen kann.

«Es ist immer wichtig, sich ein Ziel zu setzen, auf das dann das ganze Unternehmen hinarbeitet»

Wie gross ist das Publikumsinteresse am Sustainable Switzerland Forum?
Vor einem Jahr sind wir mit 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gestartet und jetzt werden wir etwa bei 750 sein, davon fast die Hälfte Frauen. 700 hatten wir angepeilt. Es ist immer wichtig, sich ein Ziel zu setzen, auf das dann das ganze Unternehmen hinarbeitet. Umso schöner, wenn man es erreicht. Wir haben darauf angestossen, als sich Nr. 700 angemeldet hat.

Kommen die Leute wegen des Programms oder wegen des sozialen und kulinarischen Rahmenprogramms?
Wir sind noch nicht so etabliert, dass sich die Leute einfach anmelden, ohne das Programm zu kennen. Wir müssen fest daran arbeiten, damit wir ein qualitativ hochstehendes Programm hinkriegen. Beim SEF und den Real Estate Days in Davos, die wir auch veranstalten, ist das anders. Dort versenden wir die Einladungen oft ohne Bekanntgabe des ganzen Programms. Wir sind dann jeweils innert Tagen ausgebucht. Man will dorthin gehen, weil die richtigen Leute dort sind. Sobald das Netzwerk wichtiger wird als der Inhalt, hat man es geschafft mit einer Konferenz.

Das Sustainable Switzerland Forum findet im Berner Kursaal statt. Wieso nicht in Zürich?
Das ist eine alte Diskussion (lacht). Der Nachteil an Zürich ist der, dass die Leute kommen und dann schnell wieder gehen, weil viele dort arbeiten, das gibt viel mehr ein Geläuf als an anderen Orten, wo die Leute bewusst hingegen müssen. Das sehen wir auch beim SEF in Interlaken und den Real Estate Days in Davos. Aber bei der Wahl des Veranstaltungsorts gilt es immer, verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Beim Thema Nachhaltigkeit spielen Wirtschaft, Unternehmertum, aber auch Politik und die Wissenschaft eine Rolle. Die wollen wir alle dabeihaben. Ausserdem liegt Bern näher an der Romandie. Darum halten wir Bern für den idealen Standort für das Nachhaltigkeitsforum.

«Wir haben viel investiert in die Beziehungen mit der Romandie»

Erreichen Sie mit der Veranstaltung in Bern auch ein Publikum aus der Romandie?
Wir haben viel investiert in die Beziehungen mit der Romandie. Wir gingen ja mit dem SEF nach Montreux. Aber es ist wahnsinnig schwierig. Selbst wenn man mit Institutionen zusammenarbeitet, wie wir das mit der EPFL und dem IMD in Lausanne machen. Der Markt ist viel lokaler. Man sieht ja schon, dass die Lausanner nicht nach Genf gehen und umgekehrt. Während in der Deutschschweiz ein St. Galler durchaus nach Bern fährt und ein Berner nach Chur. Wir sind uns durchaus bewusst, welche Sensibilitäten da im Raum stehen. Aber wir bleiben dran.

Auch der Sitz von NZZ Connect befindet sich in Bern. Warum nicht beim Mutterhaus in Zürich?
Das hat gar nie auf der Traktandenliste gestanden. Als wir von Thun weggezogen sind, war klar, dass es nach Bern geht. Hier sind wir verankert, 90 Prozent der Mitarbeiter wohnen in und um Bern. Ausserdem haben wir hier sehr viele gute Beziehungen, sei es mit Lieferanten oder mit anderen Partnern, mit denen wir seit Jahren zusammenarbeiten. Das ist ja alles aus dem SEF heraus entstanden.

Wie ist die Nachhaltigkeitsinitiative im Unternehmen NZZ verankert?
Die Initiative wird von ganz oben getragen. Unser CEO Felix Graf kommt ja aus der Energiebranche. Das Thema Nachhaltigkeit ist ihm sehr wichtig. Er kommt immer an unsere Anlässe und ist auch an den Strategie-Board-Meetings dabei. Das hat intern schon etwas ausgelöst.

Wie nachhaltig verhält sich NZZ Connect selbst?
Wer eine Nachhaltigkeitskonferenz organisiert, muss natürlich glaubwürdig bleiben. Essen und Getränke beziehen wir beispielsweise aus der Region, es gibt nur vegetarisch und vegan. Wir verwenden Fill Me Bottles und, anstatt Blachen zu bedrucken mit den Logos, verwenden wir vor allem noch Screens für die Logos der Partner. Dort, wo wir Blachen verwenden müssen, gehen sie im Anschluss in den Kreislauf zurück. Ausserdem haben wir nur Elektroautos im Einsatz und das CO2 der Flüge der Referenten kompensieren wir. Wir animieren die Teilnehmenden, mit den ÖV anzureisen.

Wie eng arbeiten Sie mit den Redaktionen der NZZ zusammen?
Für die Programme unserer Veranstaltungen sind wir selbst verantwortlich. Das ist vielleicht etwas atypisch. In anderen Medienhäusern macht das oft die Redaktion. Beim «Forum des 100» in Lausanne steht die Redaktion auf der Bühne, die auch das Programm zusammengestellt hat. Wir arbeiten aber sehr eng mit Peter Fischer zusammen, dem Chefökonomen der NZZ. Die haben zum Teil gute Kontakte, die wir auch nutzen können und umgekehrt. Und dann schauen wir immer, dass möglichst jemand aus der Redaktion an unsere Konferenzen kommt. Aber wenn die Redaktion unser Programm nicht interessant findet, dann kommt eben niemand. Das ist auch okay.

«Unsere Stärke ist die freie und unabhängige Kuration der Programme»

Welchen Einfluss können Partner auf das Programm nehmen?
Da sind wir wie die Zeitung: Wir wollen keinen Sponsored Content auf der Bühne. Das funktioniert nicht und vermittelt den Teilnehmenden den Eindruck, dass sich Partner Bühnenpräsenz erkaufen können. Unsere Stärke ist die freie und unabhängige Kuration der Programme.

Das Flaggschiff von NZZ Connect bleibt das Swiss Economic Forum. Da sind Sie Opfer des Erfolgs geworden und könnten dreimal so viele Tickets verkaufen. Färbt das nicht negativ aufs Image ab, wenn man nicht weiss, ob man den Anlass besuchen kann?
Diesen Effekt spüre ich nicht. Aber ich spüre den Druck, wenn die Einladungen rausgehen, und gewisse Leute alles unternehmen, um noch an ein Billett zu kommen. Das ist aber bisher nicht negativ auf uns zurückgefallen. Es gibt sicher Leute, die zwei-, dreimal nicht kommen konnten und dann sagen, es ist mir zu blöd, ich gehe nicht mehr. Aber das ist die schönere Ausgangslage, als wenn man den Teilnehmern nachrennen muss. Wir haben uns ja auch bewusst dafür ausgesprochen, dass das SEF klein und fein bleibt. Es soll kein Massenanlass werden. Schliesslich sprechen wir nur das C-Level an. Das macht auch den Erfolg des Netzwerks aus, dass nicht jeder kommen kann.

«Die Leute wollen sich physisch treffen; man investiert wieder ins Netzwerk»

Wie hat sich das Interesse an den Veranstaltungen von NZZ Connect mit Corona verändert?
Während der Coronapandemie sagten alle, dass es jetzt nur noch hybride Veranstaltungen gibt und alles im Internet übertragen wird. Das hat sich nicht bewahrheitet. Die Leute wollen sich physisch treffen; man investiert wieder ins Netzwerk. Das zeigt sich auch am Erfolg all unserer Konferenzen.

Ein Format, das nicht mehr funktioniert, sind die «X.Days». Warum haben Sie diese Veranstaltung eingestellt?
Das Thema Digitalisierung ist in dieser Form durch. Als wir die «X.Days» gegründet hatten, war die Digitalisierung ein Thema in der Chefetage. Mittlerweile ist die Digitalisierung in jeder Abteilung angekommen und es geht nicht mehr nur um strategische Fragen. Die Zielgruppe hat sich über die Jahre stark verändert und es ist schwierig geworden, Partner für den Anlass zu gewinnen.

Mit künstlicher Intelligenz ist das nächste Megathema am Anrollen. Was macht NZZ Connect dazu?
Dafür haben wir unsere Innovationskonferenz. Die findet in diesem Jahr zum letzten Mal in Basel statt und ab nächstem Jahr ganz neu in Zürich. Tech-Firmen wie Google oder IBM, aber auch die ETH, sind in Zürich. «Open-I» wird die Veranstaltung heissen. Der Name soll sagen: Ich gehe mit offenen Augen durchs Leben, durch die Wirtschaft, durch die Wissenschaft. Da besteht ein Rieseninteresse. Das spricht zum Teil das Publikum der ehemaligen X.Days an.

Plant NZZ Connect eine Expansion ins Ausland, etwa nach Deutschland, wo die Redaktion ein Standbein aufgebaut hat?
Wir sind am Überlegen, ob das allenfalls etwas wäre. Das würde sich anbieten, gerade auch in Verbindung mit der Publizistik. Deutschland ist ein riesiger Markt und den «anderen Blick», wie ihn die Redaktion pflegt, könnte ich mir durchaus auch als Erfolgsmodell im Konferenzgeschäft vorstellen.

NZZ Connect befindet sich auf Wachstumskurs. Wie finanzieren Sie den?
Wir sind profitabel. Wenn wir eine neue Idee haben, müssen wir das finanzieren können, bevor wir es umsetzen. Es ist also nicht so, dass die Zeitungsabonnenten unsere Aktivitäten finanzieren. Im Gegenteil. Wir sind zu einem sehr hohen Grad eigenständig, was unsere Finanzen angeht. Das erlaubt uns zu machen, was wir wollen, und das macht unsere Arbeit so spannend und abwechslungsreich.


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