Die ganze Werbebranche kämpft derzeit gegen das drohende Verbot von Aussenwerbung in Schweizer Städten. Die ganze Branche? Einer Agentur aus Aadorf bereitet die Aussicht auf plakat- und displayfreie Innenstädte keine Sorgen – im Gegenteil. Hutter Consult, spezialisiert auf digitales Marketing, wirbt seit Anfang April auf verschiedenen Kanälen für eine Budgetverlagerung weg von Aussenwerbung hin zu Social Media. Und bietet gleichzeitig die eigene Expertise an.
«Halb so wild», sagt Thomas Besmer
Anlass für die Kampagne gaben die Entscheide der Stadtparlamente von Bern und Zürich, kommerzielle Werbung im öffentlichen Raum einzuschränken, respektive zu verbieten. «Halb so wild», sagt Thomas Besmer, Managing Partner der Agentur, in einem Instagram-Video. Im öffentlichen Raum richte sich die Aufmerksamkeit sowieso aufs Smartphone. Deshalb empfiehlt die Agentur, Werbegelder künftig vermehrt dort einzusetzen, wo die Leute hingucken. «Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, Dein Budget umzudenken», empfiehlt die Agentur.
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Das Plädoyer für einen Budget-Shift unterfüttert Hutter Consult mit einem eigens dafür erstellten «Whitepaper». Auf 18 A4-Seiten werden die Vor- und Nachteile von Aussenwerbung und Social Media gegeneinander abgewogen; wer besser abschneidet, liegt angesichts des Absenders auf der Hand.
Aussenwerbung lasse sich weniger präzise auf die Zielgruppen ausspielen und der Erfolg könne nicht so genau gemessen werden, steht im Hutter-Papier. Ausserdem verursachten Plakat- und Displaywerbung im öffentlichen Raum oft hohe Initialkosten. Wenn nun noch Verbote drohten, dann sollten Werbetreibende «ihre Medienstrategien überdenken. Klassische OOH-Kampagnen stossen vermehrt an ihre Grenzen – sowohl politisch als auch in der Wirkung», steht im «Whitepaper». Social-Media-Werbung biete sich dagegen als «passgenaue Lösung» an mit präzisem Targeting, flexibler Budgetsteuerung und Echtzeit-Messbarkeit.
«Polemische und leicht verständliche Sprache»
Beim Branchenverband Aussenwerbung Schweizer (AWS) reagiert man mit einer Mischung aus Irritation und Belustigung über die Hutter-Kampagne. «Wir erkennen an, dass die polemische und leicht verständliche Sprache im Whitepaper durchaus ihren Charme hat und dazu beiträgt, eine breitere und weniger spezialisierte Zielgruppe anzusprechen, die sich gern von einfachen Lösungen überzeugen lässt», schreibt Nadja Mühlemann, Geschäftsführerin AWS auf Anfrage von persoenlich.com.
Den zentralen Punkten, die Hutter als Vorteil von Social Media gegenüber der Aussenwerbung nennt, widerspricht der AWS. Insgesamt seien viele Aussagen der Agentur Hutter Consult zu «pauschal oder verzerrt» und deshalb für den AWS wenig aussagekräftig.
Zur Kritik der fehlenden Targetierbarkeit verweist der Verband auf verschiedene Möglichkeiten, die Aussenwerbung entlang unterschiedlicher Parameter zielgenau auszuspielen, «sei dies mittels geografischen Targetings, zum Beispiel nur in bestimmten Stadtteilen oder entlang von Pendlerstrecken oder Tageszeit- und Wochentag-Targeting, wetterabhängige Ausspielungen oder Zielgruppenansprache über Mobilitätsdaten».
Zur Messbarkeit von Aussenwerbung nennt der Branchenverband verschiedene Möglichkeiten, wie etwa Reichweitenermittlung mittels Mobilitätsdaten oder Wirkungsmessungen über Studien, QR-Codes oder Shortlinks. Wobei der Effizienzgrad stark vom Ziel, dem gewählten Format und dem Mediamix abhänge, so Nadja Mühlemann vom Verband AWS.
Zu den – vermeintlich – hohen Investitionskosten für Aussenwerbung verweist der Branchenverband auf den Media-Preis-Leistungsindex (MPLI) des Schweizer Werbe-Auftraggeberverbands (SWA) und der Leading Swiss Agencies (LSA). Der MPLI «liefert hierzu andere Fakten», teilt der Verband mit.
«Gewichtige Unterschiede» zwischen den Gattungen
Thomas Besmer von Hutter Consult hält die Argumente, mit denen der Verband AWS die Qualitäten der Aussenwerbung verteidigt, für «nachvollziehbar» und würdigt die Weiterentwicklung von Targeting- und Messmethoden. «Unbestritten ist, dass Out-of-Home durch digitale Screens, datenbasierte Planung und Formate wie Programmatic DOOH heute deutlich moderner aufgestellt ist als noch vor wenigen Jahren», teilt Besmer auf Anfrage mit. Er sieht aber auch «gewichtige Unterschiede» zwischen den Gattungen, was Targeting und Messbarkeit angeht. So biete Social Media eine stärkere Individualisierung bei der Zielgruppenansprache und kostenlose Analysemöglichkeiten dank entsprechender Funktionen und Angebote der Plattformen.
Insgesamt hält Besmer Aussenwerbung für eine «gute Ergänzung zu Social Ads», wie er auf Anfrage mitteilt. Damit relativiert er die Stossrichtung von Kampagne und Whitepaper seiner Agentur, die klar einen Budget-Shift weg von Plakaten, Display & Co. hin zu Social Media empfehlen. «Aber», so Besmer weiter, «wir sehen es als unsere Verantwortung, Kunden und potenzielle Kunden auf alternative Werbeformate aufmerksam zu machen, um allfällige Ausfälle bestmöglich abzufedern.» Sprich: Bereit sein für den Fall, dass die Werbeverbote tatsächlich durchkommen. In diesem Sinne stellt Hutter Consult das Geschäftsinteresse über die Branchensolidarität im Kampf gegen Werbeverbote.
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