03.03.2025

Digital-Allianz

Von der Log-in-Allianz zur Werbegemeinschaft

Von einem gemeinsamen Log-in sind die grossen Verlage weiter entfernt als auch schon. Dafür funktioniert die digitale Werbelösung OneID unter dem Dach der Digital-Allianz umso besser als gemeinsames Projekt. Und sollte sich OneLog doch noch etablieren, dann dürfte das Log-in-System anders aussehen als heute.
Digital-Allianz: Von der Log-in-Allianz zur Werbegemeinschaft
«OneLog macht Ihren Alltag einfacher», verspricht ein Werbevideo von 2022. (Bild: zVg/Screenshot YouTube/OneLog)

Im vergangenen November hiess es: «Nicht mehr in diesem Jahr.» Heute lautet die Sprachregelung: «Eine technische Rückkehr zu OneLog hat im ersten Halbjahr keine Priorisierung.» Mit anderen Worten: Tamedia verwendet für seine kostenpflichtigen Medienportale wie tagesanzeiger.ch, baz.ch oder bernerzeitung.ch bis auf Weiteres ein eigenes Anmeldesystem und nicht das als Branchenlösung vorgesehene OneLog. Das war nicht immer so.

Während knapp drei Jahren, von Dezember 2021 bis Oktober 2024, konnten sich Abonnentinnen und Abonnenten der Tamedia-Titel mit den gleichen Daten anmelden, die ihnen auch den Zugang zu anderen Medienangeboten ermöglichten.

Sabotageakt brachte Fahrplan durcheinander

OneLog hatte die sogenannte Log-in-Allianz, die sich später in Digital-Allianz umbenannte, mit zwei strategischen Stossrichtungen lanciert: zum einen als vereinfachtes Passwort-Management für die User, zum anderen als Datengenerator für die Verlage, um im Wettbewerb mit den grossen Techplattformen besser zu bestehen. Als treibende Kraft wirkte Ringier unter seinem CEO Marc Walder. Entsprechend setzten die Ringier-Titel Blick, Beobachter, Bilanz & Co., als Erste diese Lösung ein. Auch 20 Minuten war von Anfang an dabei. Später kamen Tamedia und die SRG dazu, die OneLog als Anmeldeoption auf der Streamingplattform Play Suisse anbietet. NZZ und CH Media wollten später folgen. Doch ein Sabotageakt brachte den ohnehin schon mehrfach angepassten Fahrplan weiter durcheinander.

Am 24. Oktober 2024 lief nichts mehr. Unbekannte hatten die OneLog-Infrastruktur lahmgelegt. Als Folge des Sabotageakts mussten die betroffenen Medien die Zugangs- und Bezahlschranken vorübergehend entfernen und ihre Inhalte frei zugänglich machen. Nach zehn Tagen war der Schaden behoben und der Log-in-Service wieder verfügbar.

Während die Ringier-Medien und die anderen Allianz-Mitglieder, die zuvor schon OneLog eingesetzt hatten, dieses Login wieder aktivierten, wollte Tamedia kein Risiko eingehen und zog es vor, vorerst seine frühere Anmeldeplattform zu nutzen. Dabei ist es bis heute geblieben und wird es bis mindestens Mitte Jahr auch bleiben. Die Rückkehr zum eigenen Log-in-System nach dem Hack im vergangenen Oktober habe «sich seither gut bewährt», teilt Marc Isler mit, Chief Revenue Officer von Tamedia. Für die User gestaltet sich der Anmeldeprozess mit dem Tamedia-Log-in einfacher als mit OneLog. Der Zugang zu tagesanzeiger.ch & Co. erfordert keine Eingabe eines Passworts mehr. Das Log-in erfolgt mittels einer sechsstelligen Zahlenkombination, die man sich bei Bedarf an seine E-Mail-Adresse schicken lässt. Diese Lösung liegt im Trend hin zur kennwortlosen Authentifizierung. Weiterhin auf eigene Lösungen setzen auch CH Media und die NZZ. Beide Unternehmen bekennen sich weiterhin zu OneLog, lassen aber offen, wann sie das System übernehmen werden.

«Im Vordergrund steht aktuell OneID»

Ein branchenweites Log-in geniesst derzeit keine hohe Priorität, auch weil unter dem Dach der verlagsübergreifenden Digital-Allianz ein anderes Projekt entstanden ist und zunehmend an Bedeutung gewinnt. «Im Vordergrund steht aktuell der Ausbau der gemeinsamen Vermarktungslösung OneID», begründet Marc Isler von Tamedia die Zurückstufung der Log-in-Lösung. OneID bietet eine technische Infrastruktur, damit Werbetreibende ihre Zielgruppen über verschiedene Medien hinweg effizient und datenschutzkonform ansprechen können. Ausser der Vorsilbe «One» haben OneID und OneLog nichts miteinander zu tun und funktionieren unabhängig voneinander.

Der wichtigste Unterschied: Anders als bei OneLog waren bei OneID die vier grossen Schweizer Medienhäuser von Anfang an Bord. Auch aufseiten der Digital-Allianz «steht der Ausbau der Vermarktungslösung im Fokus», wie Ringier-Sprecherin Johanna Walser namens der Allianz erklärt. Sie bekräftigt aber gleichzeitig auch die Bedeutung von OneLog als «essenzieller Bestandteil» der Allianz. «Wir sind überzeugt, dass OneLog dadurch auch künftig eine entscheidende Rolle spielen wird, und setzen weiterhin auf die hervorragende und sehr enge Zusammenarbeit mit allen relevanten Akteuren», so Walser in einem Statement zuhanden von persoenlich.com.

Ob Ringier, TX Group/Tamedia, NZZ, CH Media (und in Teilen auch die SRG) je eine gemeinsame Log-in-Infrastruktur einsetzen werden, wie sie das ursprünglich geplant hatten, bleibt derzeit ungewiss. Auch wenn die offizielle Sprachregelung dieses Ziel weiterhin bekräftigt, zeigte die Entwicklung der letzten Jahre, dass ein solches Vorhaben nicht zwingend den erhofften Mehrwert bringt. Der Sabotageakt und der temporäre Ausfall von OneLog bei allen daran beteiligten Unternehmen zeigte die Risiken gemeinsamer Infrastruktur mit gegenseitiger Abhängigkeit deutlich auf. NZZ und CH Media, die selbst Opfer einer Cyberattacke mit gravierenden Folgen geworden waren, dürften sich auch aufgrund dieser Erfahrung bisher Zeit gelassen haben, OneLog bei ihren Medien einzuführen. Ausserdem bewegt sich die Entwicklung bei den Authentifizierungslösungen, wie schon erwähnt, weg von passwortbasierten Systemen. Wenn OneLog noch zum Fliegen kommen sollte, dann wohl auch mit einer neuen Architektur. Ein solcher Umbau bräuchte dann natürlich auch wieder Zeit.


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen