Herr Peritz, die Migros hält die Schweizer Werbeindustrie in Atem. Sind Sie ebenso gespannt auf die neue Marketing-Strategie Ihres Konkurrenten?
Soviel wir den Medien entnommen haben, überarbeitet Migros nicht seine Marketing-, sondern lediglich seine Werbestrategie. Ich vermute, diese Entscheidung ist darauf zurückzuführen, dass der Migros ähnliche Marktforschungsdaten zur Werbung vorlagen wie uns. Demnach hat Coop seit Einführung der integrierten "Für mich und dich"-Kampagne in 2006 erheblich an Markensympathie, Markenloyalität und Werbegefallen zugelegt. Gegenüber den Wettbewerbern haben wir hier heute aus Konsumentenperspektive deutlich die Nase vorn. Da verwundert es nicht, dass diese Wettbewerber ihre bisherige Werbe-Strategie kritisch hinterfragen. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Überprüfung lassen wir uns überraschen.
Erwarten Sie, dass sich die Strategie derjenigen von Coop angleicht?
Die Erfahrung zeigt, dass es sich nicht lohnt, sich im Vorfeld zu viele Gedanken über den Wettbewerber zu machen. Wir fokussieren uns lieber auf unsere eigene Strategie und die daraus abgeleiteten Massnahmen und arbeiten so kontinuierlich im Sinne der Zufriedenheit unserer Kunden weiter. Hierdurch stellen wir sicher, auch zukünftig der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein -- und wer kopiert wird, ist immer einen Schritt voraus.
Jean Etienne Aebi, der lange Zeit für die Migros Werbung machte, sagte kürzlich in einem Interview mit "persoenlich.com", das Coop-Modell sei für die Migros falsch und kritisierte: "Der da für einfach alles geltende Aufhänger Für dies , Für das wird bereits heute als aufgepfropftes Konstrukt empfunden, das die einzelnen Botschaften korsettiert und kumulativ auf Langeweile hinausläuft." Was entgegnen sie dem?
Ich gehe davon aus, dass dies die Meinung eines Einzelnen, offensichtlich und aus nachvollziehbaren Gründen nicht ganz unbefangenen Werbers ist. Die Mehrheit der Marketing- und Werbeexperten sieht dies bekanntlich anders. So hat der bsw, der Verband der führenden Werbe- und Kommunikationsagenturen der Schweiz die Coop Werbung "Für mich und dich" dieses Jahr mit dem "Goldenen Effie" ausgezeichnet. Viel wichtiger als die Meinung der Werber ist uns aber das Urteil der Konsumenten sowie vor allem deren Kaufverhalten. Und hier sprechen alle Indikatoren für Coop. Gerne zitiere ich hier aus der Entscheidung der Effie-Jury: "'Für mich und dich.' wird rasch und nachhaltig erinnert, die Botschaft 'Vielfalt' wird richtig verstanden, die Marke Coop ist auf Anhieb auf hohem Niveau sympathisch, der Coop-Umsatz wächst stärker als der, des direkten Konkurrenten Migros und es gelingt, die Marktanteilslücke zu Migros um fast die Hälfte zu schliessen."
Die Migros wird ihr Werbebudget kürzen. Wie sieht es bei Coop aus?
Das Werbebudget beläuft sich 2009 im Rahmen des Vorjahres.
Wie steht es um die Agenturbeziehungen bei Coop, Ihr Konkurrent hat allen Agenturen gekündigt um neue Konditionen auszuhandeln?
Wir sind sowohl mit der Arbeit unserer Lead-Agentur als auch der unserer anderen Werbeagenturen sehr zufrieden. Natürlich überprüfen wir dennoch kontinuierlich im Rahmen eines Regel-Prozesses sämtliche Lieferantenbeziehungen, also auch die zu unseren Agenturen -- sowohl in Bezug auf die Qualität der Arbeit als auch hinsichtlich der Kosten.
Oskar Sager sagt: "Es gibt ein simples Prinzip: Wer am meisten einkauft, kriegt den besten Preis." Stimmen Sie Ihrem Amtskollegen zu?
In der Theorie ist das so. Die Praxis zeigt allerdings häufig, dass nicht das reine Einkaufsvolumen des Käufers über den Preis entscheidet, sondern dessen Fähigkeit, clever zu verhandeln und auch Win-Win-Situationen für Einkäufer und Verkäufer zu identifizieren. In diesem Verständnis sind natürlich auch wir stets bestrebt, den besten Preis bei unseren Partnern zu erzielen.
Coop hat mehr Markenartikel im Angebot als Migros, also profitieren Sie auch mehr von der Werbung der Hersteller. Wieviel Werbegelder sparen Sie dadurch?
Natürlich profitiert Coop von der Werbung der Markenartikler stärker als die Wettbewerber. Die Frage, wie viel Geld wir hierdurch sparen, stellen wir uns jedoch nicht, weil sie nicht relevant ist. Wir überprüfen jedoch kontinuierlich, welche Werbeinvestitionen zur Erreichung unserer Marketing- und Werbeziele erforderlich sind und investieren entsprechend.
Welche Werbung bringt eigentlich mehr Leute in die Coop-Läden: Imagewerbung oder Produktwerbung?
Wir sind der festen Überzeugung, dass beide Werbeformen erforderlich sind. Kurzfristig stellen Aktionen die Frequenz in den Coop-Läden sicher. Mittel- und langfristig trägt aber insbesondere die Imagewerbung dazu bei, Sympathie und Einstellungen gegenüber Coop positiv zu beeinflussen und hierdurch auch den Abverkauf zu steigern. Entsprechend berücksichtigt unsere Werbestrategie beide Werbeformen.
Aufgrund der Finanzkrise könnte der Preis von Produkten als Kaufkriterium wieder wichtiger werden. Torpediert dies den Trend zur Nachhaltigkeit, auf den Coop in der Werbung massiv setzt?
Coop steht für Leistungsvielfalt, Frische, Preisgünstigkeit und Nachhaltigkeit. Hiermit adressieren wir die wichtigsten Konsumentenbedürfnisse und richten an diesen unsere gesamte Strategie und daraus abgeleitete Massnahmen aus -- vom Sortiment, über die Preise, die Kommunikation bis hin zu beispielsweise unserer Beschaffung und Logistik.
Coop hat aber immer noch bei vielen Leuten das Image, teurer als gewisse Konkurrenten zu sein.
Wir haben in den vergangenen Jahren mehr als jeder andere Detailhändler in der Schweiz in Preisabschläge investiert und tun dies auch in Zukunft. Heute sind wir sowohl bei der Tiefstpreislinie, als auch bei den Eigenmarken und den Markenartikeln mindestens auf Preisparität zu unserer Hauptkonkurrenz. Der unabhängige Preismonitor von AC Nielsen beweist dies Monat für Monat. Daher sind wir auch für Zeiten bestens gerüstet, in denen der Preis stärker in den Fokus der Konsumenten rückt. Wir sind aber auch davon überzeugt, dass Themen wie Nachhaltigkeit, Frische und Leistungsvielfalt auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten von hoher Bedeutung für die Schweizer Konsumenten sind und werden auf diese langfristigen Coop-Werte nicht verzichten.
Nächstes Jahr wird Aldi noch präsenter und vor allem tritt auch Lidl in den Schweizer Markt ein. Werden sie dadurch ihre Marketing-Strategie zum Teil auch auf die neuen Wettbewerber ausrichten?
Konkurrenz belebt den Markt und spornt uns an, noch besser zu werden. Coop ist sehr gut aufgestellt. Wir führen ein Vollsortiment -- einen Mix aus Marken- und Eigenmarkenartikeln. Coop hat bspw. rund 1600 Bio-Artikeln im Angebot, mehr als doppelt so viele Artikel, als Aldi insgesamt im Sortiment hat. Wir haben emotionale Produkte und machen den Einkauf zum Erlebnis. Unsere Stärken sind die Wahlfreiheit, die Nähe zum Kunden sowie die unterschiedlichen Verkaufsformate. Insofern halten wir an unserer erfolgreichen Ausrichtung und Strategie fest.
Abschlussfrage: Wenn wir schon bei der Preispolitik sind. Das Parlament will nun Parallelimporte zulassen. Können sich die Coop-Kunden freuen?
Mit der Gesetzesänderung werden wir bspw. patentgeschützte Produkte günstiger importieren können. Prinzipiell geht es aber vor allem um eine Grundsatzfrage. Ein so kleiner Markt wie die Schweiz ruft nach Liberalisierung in allen Bereichen, auch vor dem Hintergrund des Agrarhandelsabkommens.
(Interview: Stefan Wyss)