02.10.2018

Ringier und RASCH

«Wir machen die Print-Preise nicht kaputt»

Ein Novum in der Schweiz: Ringier und Ringier Axel Springer Schweiz verkaufen ab 2019 ihre Anzeigen über die webbasierte Buchungsplattform «Marketplace Print». Braucht es so bald viel weniger Anzeigenverkäufer? Ralph Büchi erklärt die Änderungen.
Ringier und RASCH: «Wir machen die Print-Preise nicht kaputt»
Ralph Büchi ist COO Ringier Group und CEO Ringier Axel Springer Schweiz. (Bild: ringier.ch)
von Edith Hollenstein

Herr Büchi, Sie bieten ab Januar dynamische Preise für Anzeigen. Damit machen Sie ja die bislang vergleichsweise hohen Print-Preise kaputt! Warum gehen Sie diesen Weg?
Wir machen die Print-Preise nicht kaputt, sondern gestalten sie flexibler und passen sie besser der Nachfrage an. Mit unserem dynamischen Preismodell geben wir den Werbekunden und Agenturen ein Instrument an die Hand, mit dem sie auf einfache und transparente Weise ihre Buchungen in unseren Zeitungen und Zeitschriften optimieren können. Und dies nicht nur mit Blick auf den Preis, sondern auch bezüglich Erscheinungszeitpunkt, Titelkombinationen, Frequenzen, Platzierungen und weiteren Kampagnenkriterien.

Wozu?
Mit dieser Innovation wollen wir die Diskussion um die Preisgestaltung in den Printmedien zeitgemässer gestalten und Print im Werbemarkt wieder die Aufmerksamkeit zurückgeben, welche die Gattung aufgrund der nach wie vor herausragenden Bedeutung im Lesermarkt auch verdient. Im Übrigen werden Kunden und Agenturen, die es bevorzugen, unsere Printmedien auch 2019 nach dem bisherigen System und den bekannten Preislisten zu buchen, weiterhin diese Möglichkeit haben.

Reagieren Sie damit darauf, dass die Leserschaftszahlen seit Jahren sinken, wie ja die Auswertungen der Wemf zeigen?
Die Einführung von Dynamic Pricing ist keine Antwort auf sinkende Leserzahlen, sondern auf grundlegende Veränderungen im Werbemarkt. Die digitale Transformation hat neue globale Schwergewichte hervorgebracht, die Angebote haben sich vervielfacht, die Ansprüche der Werbekunden sind gestiegen. Ein flexibles Pricing, das die jeweilige Nachfragesituation widerspiegelt, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit von Print in diesem dynamischen Umfeld. Leserschafts- und Reichweitenanalysen werden dabei weiterhin ihre Berechtigung haben. Wir glauben aber, dass die qualitativen Werte in Zukunft eher an Bedeutung gewinnen werden. Da ist Print sehr gut positioniert.

Dynamische Preise gibt es bislang vor allem in der Luftfahrt.
Ja, das Modell ist heute an vielen Orten anzutreffen. Nicht nur bei Flug- und Hotelbuchungen, auch bei digitalen Werbeangeboten sind dynamische Preismodelle weit verbreitet, die Werbebranche ist damit bestens vertraut. Am Ende geht es darum, Angebot und Nachfrage optimal aufeinander abzustimmen. Im Unterschied aber zu den Flugpreisen, haben wir bei unserem Preismodell grossen Wert auf Transparenz der preisbestimmenden Kriterien gegenüber unseren Kunden gelegt.

Können Sie ein Beispiel machen, um die Preisspanne zu verdeutlichen: Was kostet ein ganzseitiges Inserat auf den ersten Seiten im «Beobachter»?
Ein Zahlenbeispiel in absoluten Grössen wäre da wenig aussagekräftig, da das Buchungsvolumen nach wie vor eine grosse Rolle spielen wird. Wir sprechen aber über sehr substantielle Angebote für alle Printmedien von Ringier und Ringier Axel Springer Schweiz. Ein prozentuales Berechnungsbeispiel: Ausgehend vom Basispreis gemäss Tarifliste und den individuellen Volumenrabatten können saisonale Faktoren eine zusätzliche Preisreduktion von bis zu 4 Prozent ermöglichen, die Anzahl der belegten Titel von bis zu 6 Prozent sowie Zeitpunkt und Flexibilität der Buchung von bis zu weiteren 7 Prozent. 

«Bei den Kunden wächst die Nachfrage nach individueller Beratung»

Wer kann über die webbasierte Buchungsplattform «Marketplace Print» Anzeigen buchen?
Verkauf und Buchung unserer Werbeangebote laufen über unsere Vermarkterin Admeira. Selbstverständlich wird die neue digitale Buchungsplattform, die Admeira im zweiten Quartal 2019 lancieren wird, sowohl Agenturen als auch Direktkunden zur Verfügung stehen. 

Wenn nun alle Werbeauftraggeber respektive die Agenturen selber buchen: Wie viele Anzeigenverkäufer werden Sie 2020 weniger beschäftigen als noch im diesem Jahr? 
Diese Frage müsste Ihnen Admeira als Arbeitgeber der Verkaufsteams beantworten. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir gemeinsam mit Admeira ambitiöse Wachstumspläne in der Werbevermarktung verfolgen und ich persönlich für 2020 eher mehr als weniger Beschäftigte in der Vermarktung erwarte. Auch wenn Buchungsprozesse in Zukunft automatisiert werden, wächst auf Kundenseite die Nachfrage nach kompetenter und individueller Beratung im immer komplexer werdenden Werbemarkt. Da sehen wir grosse Chancen.

«Print wurde unter dem Wert geschlagen»

Im Frühling starten Sie «Marketplace Print». Wie wollen Sie die Plattform anschliessend bis 2022 weiterentwickeln?
In der aktuellen Diskussion um Qualität und Wirkung des Werbeumfelds verfügen unsere hochwertigen Printtitel über gute Karten. Für viele unserer Medienmarken haben wir digitale Angebote entwickelt, die wir sowohl im Vertriebs- als auch im Werbemarkt mit hoher Kadenz vorantreiben werden. Da haben wir einiges in der Pipeline für 2019. 

Wo sehen Sie denn die Zukunft für den Schweizer Printmarkt?
Auch wenn der Printmarkt für sich allein kein Wachstumsmodell mehr darstellt, sind wir fest davon überzeugt, dass unsere Zeitungen und Zeitschriften noch während langer Zeit für die Leserinnen und Leser attraktiv bleiben werden. Allein die Zeitschriften von Ringier Axel Springer Schweiz zählen weit über eine Million Abonnenten, und es kommen täglich neue dazu. Print ist aus unserer Sicht in den vergangenen Jahren am Werbemarkt etwas unter Wert geschlagen worden. Da wollen wir nun mit einem innovativen Preismodell offensiv Gegensteuer geben.

*Ralph Büchi hat die Fragen schriftlich beantwortet.



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