20.05.2019

Die Höhle der Löwen

«Bei einer Dance-Show hätte ich nicht mitgemacht»

Anja Graf hat in der Schweiz vor 20 Jahren ein neues Business erfunden. Nun tritt sie ab Dienstag in der Erfolgssendung «Die Höhle der Löwen» auf TV24 auf. Ein Gespräch über möblierte Wohnungen und Jungunternehmer auf dem Weg zum Erfolg.
Die Höhle der Löwen: «Bei einer Dance-Show hätte ich nicht mitgemacht»
Anja Graf, 1977 geboren, ist Gründerin, Besitzerin und Geschäftsführerin von Visionapartments – hier in der Sendung «Die Höhle der Löwen Schweiz». (Bilder: TV24)

Frau Graf, alle Branchen erleben momentan schwierige Umbruchzeiten. Ausser Sie. Wie machen Sie dies?
Auch unser Markt hat sich stark verändert, und unsere Konkurrenz ist grösser und stärker geworden. Dazu kommen die Negativzinsen im aktuellen Markt, wodurch allgemein mehr Menschen in Immobilien investieren: Die Nachfrage nach Liegenschaften ist grösser als das Angebot, was uns den Kauf von neuen Gebäuden erschwert. Mittlerweile sind auch die Pensionskassen auf den Geschmack von möblierten Wohnungen gekommen. Dies unterstreicht zwar das Potenzial von Serviced Apartments, vereinfacht aber eine Gebäudeakquisition nicht. Wir haben das Glück, dass wir vor zwanzig Jahren die Pioniere waren und darum über ein sehr grosses, etabliertes Netzwerk, internationale Partnerschaften und einen beachtlichen Kundenkreis verfügen, der bei Bedarf an einer Unterkunft auf Zeit immer wieder auf uns zukommt.

Wann haben Sie erkannt, dass man mit möblierten Wohnungen Geld verdienen kann?
Mein Konzept, möblierte Apartments, war im Grunde nicht komplett neu. Bereits vor meiner Zeit konnte man möblierte Wohnungen buchen. Dies fand aber nicht auf professioneller Basis statt, und oft wurden freie Hinterzimmer in Privathaushalten zur Verfügung gestellt.  Ich erkannte schnell, dass ich den gesamten Ablauf auf ein qualifiziertes und effizienteres Level bringen muss, um daraus ein Geschäft zu machen. So hat unsere Firma bereits vor zehn Jahren ein professionelles Buchungstool eingeführt, um unkomplizierte Onlinereservationen zu ermöglichen. Zudem sind bei uns jegliche Dienstleistungen wie Reinigung, Wechsel von Bettwäsche und Handtüchern, Fernseh-anschluss und Internet inklusive.

«Mein Businessmodell zeichnet sich durch Flexibilität aus»

Aber gab es den berühmten Klickmoment, in dem Sie Ihre Firma gegründet haben?
Ich arbeitete als Fotomodell und betrieb schon im jungen Alter eine Modelagentur. Deshalb suchte ich für meine Kolleginnen und die Fotografen nach möblierten Wohnungen in Zürich, die extrem schwer zu finden waren. Es gab zwar viele Hotels, die aber eher hochpreisig waren, Frauenhäuser, die nicht jedermanns Geschmack trafen, Jugendherbergen und unmöblierte Wohnungen. Die wenigen Apartments, die möbliert waren, musste man über eine längere Zeit mieten und zugleich ein Depot von mehreren Monatsmieten hinterlegen. Für mich waren diese Optionen zu kompliziert und mit zu viel Aufwand verbunden. Das war die Geburtsstunde meines Unternehmens: Genau genommen habe ich das Produkt vor 20 Jahren für mich selbst «erfunden». Mein Businessmodell zeichnet sich durch Flexibilität aus – einfache Buchungen und kurzzeitige Mieten waren schon von Anfang an möglich. Ich wusste, dass diese Faktoren über Erfolg oder Misserfolg entscheiden würden.

Aber woher nahmen Sie das Gottvertrauen, dass es funktionieren könnte?
Ich wusste, dass solche Angebote bereits in Mailand und den USA existierten und funktionierten. Es war aber die grosse Nachfrage, die mir das Vertrauen gab: Die ersten Wohnungen vermietete ich in Zürich in meinen «Fashionkreisen» weiter, also an Models oder Fotografen. Plötzlich interessierten sich auch grössere Firmen für mein Angebot. Als ABB als erster Kunde bei mir Wohnungen mietete, war ich überzeugt, dass meine Vision florieren wird.

Trotzdem ist der Schritt in die Selbstständigkeit sehr gross …
Ich war schon immer eine «Gschäftlimacherin», sogar als Kind. So habe ich zum Beispiel Gemüse in unserem Garten ausgegraben und an die Nachbarn verkauft, Pferdeboxen vermietet und Schülerzeitungen vermarktet – es machte mir Spass, Geschäfte zu machen. Diese Fähigkeit lernte ich von meinem Grossvater, der in seiner Freizeit mit Münzen und Briefmarken handelte.

«Es gab Konzepte, die mich als One-Man-Show völlig überzeugt hätten»

Sie machen nun in der Sendung «Die Höhle der Löwen» mit den Unternehmern Tobias Reichmuth, Bettina Hein, Roland Brack und Jürg Marquard auf TV24 mit (persoenlich.com berichtete). Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?
Die Dreharbeiten haben schon stattgefunden, die Show wird ab dem 21. Mai ausgestrahlt. Da ich früher selbst Start-up-Unternehmerin oder Founderin war, hatte ich grosses Interesse an der Show. Bei einer Dance-Show hätte ich höchstwahrscheinlich nicht mitgemacht. Bei «Die Höhle der Löwen» hatte ich die Chance, mir verschiedene Businesskonzepte anzuschauen und mich dann für oder gegen eine Investition zu entscheiden. Es gab Konzepte, die mich als One-Man-Show völlig überzeugt hätten, leider aber fehlte die Skalierbarkeit. Dies ist für mich als Unternehmerin sehr wichtig: Selbst wenn das Produkt völlig überzeugend ist, bedeutet es längst nicht, dass es am Markt funktioniert. Ein weiterer Faktor war die Höhe des Aktienanteils, den ich erhalten würde. Ich hatte in der Sendung keine Lust, in Start-ups zu investieren, bei denen ich am Schluss nur wenige Prozent der Aktien besitze. Viel interessanter waren bereits bestehende Firmen, die sich während der vergangenen Jahre etabliert hatten und über ein funktionierendes Team verfügen.

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Was sind für Sie die entscheidenden Punkte, um als Jungunternehmer Erfolg zu haben?
Der wichtigste Faktor ist der Mensch, dann zweifellos das Produkt und, wie erwähnt und nicht zu unterschätzen, die Skalierbarkeit. Wenn ein grösseres Wachstum der Unternehmertätigkeiten trotz tollem Produkt auszuschliessen ist, kommt eine Investition leider nicht infrage.

Ist es heute für einen Start-up-Unternehmer schwieriger oder einfacher als noch vor 20 Jahren?
Eher einfacher. Viele Pensionskassen und Family-Offices haben eingesehen, dass es als Investments nicht nur Aktien und Immobilien gibt. Dies ist für Start-ups ein enormer Vorteil. Ich hätte mich vor zwanzig Jahren sehr gefreut, wenn mich ein Family-Office bei meiner Vision unterstützt hätte.



Das ausführliche Interview mit Anja Graf lesen Sie in der «persönlich»-Ausgabe vom April.

 

 

 


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