06.07.2004

Presserat

Beschwerde gegen SoBli teils gut geheissen

Anhörungspflicht gegenüber Generalsekretär Beat Giraudi verletzt.

Der SonntagsBlick berichtete am 27. April 2003 über einen möglichen Grund der "Entmachtung" des Gemeinderats Kurt Wasserfallen als Polizeidirektor der Stadt Bern. Laut SoBli war Wasserfallen möglicherweise über den seit Januar 2003 freigestellten Generalsekretär Beat Giraudi gestolpert, dem von Mitarbeiterinnen sexuelle Belästigung und Mobbing vorgeworfen werde.

Der Artikel wurde auf der Titelseite gross angekündigt: "Geheimer Bericht legt offen: Wasserfallen stolpert über Chefbeamten -- Es geht um sexuelle Belästigung". Im Artikel selber war darüber hinaus zu den konkreten Vorwürfen gegen Giraudi insbesondere Folgendes zu lesen: "Ein hoher Chefbeamter zu SonntagsBlick: 'Meine Mitarbeiterinnen fühlten sich von Giraudi belästigt. Sie beklagten sich darüber, dass er sie mit den Augen förmlich auszog und ständig zweideutige und schlüpfrige Sprüche machte.'" Schliesslich war auf Seite 4 ein kleines Foto von Giraudi im Format 2 x 2.5 cm abgedruckt. Die zugehörige Legende lautete: "Suspendiert: Generalsekretär B. Giraudi".

Am 12. November 2003 gelangte der anwaltlich vertretene Beat Giraudi an den Presserat und rügte, der SonntagsBlick habe mit dem und insbesondere der Wiedergabe der gegenüber ihm erhobenen Vorwürfe die Anhörungspflicht sowie die Unschuldsvermutung verletzt.

In einer Stellungnahme vom 23. Januar 2004 beantragte die ebenfalls anwaltlich vertretene Redaktion des SonntagsBlick, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Es sei zumindest erstaunlich, dass der Beschwerdeführer erst im November 2003 Beschwerde gegen einen einzigen Satz eines Artikels führe, der bereits im April 2003 erschienen sei.

Zumal in der Zwischenzeit zahlreiche ihn namentliche nennende und weit "härter" angreifende Medienberichte publiziert worden seien, gegen die er sich soweit ersichtlich nicht zur Wehr gesetzt habe. Materiell sei die Unschuldsvermutung nicht auf ein Disziplinarverfahren anwendbar. Und schliesslich sei die den Beschwerdegegenstand bildende Aussage unanfechtbar, "weil man sich nicht gegen die wahre Aussage eines Dritten wehren kann, zumal wenn diese inhaltlich durch einen Disziplinarbericht mehr als bestätigt wurde".


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