19.04.2017

Ringier

«Blick» fordert Vertrag für Flüchtlinge

Die grösste Boulevardzeitung der Schweiz startet eine weitere ungewöhnliche Aktion: Sie lanciert einen Integrationsvertrag für alle Migranten. Christian Dorer, Chefredaktor der «Blick»-Gruppe, erklärt im Video, wie es dazu gekommen ist.
Ringier: «Blick» fordert Vertrag für Flüchtlinge
von Marion Loher

«Vertrag für alle Flüchtlinge», so titelt die grösste Boulevardzeitung am Mittwoch und präsentiert einen Integrationsvertrag für Migranten – mit fünf Werten, fünf Pflichten und fünf Normen. Es ist die zweite aussergewöhnliche Aktion aus dem «Blick»-Newsroom innerhalb weniger Wochen.

Mitte März erschienen im «Blick» verschiedene Artikel auf Türkisch. Die Redaktion hatte damals beschlossen, sich in die Verfassungsabstimmung in der Türkei vom 16. April einzumischen. Die in der Schweiz lebenden Türken wurden aufgefordert, Nein zu Erdogans Diktatur zu sagen (persoenlich.com berichtete). Mit dieser klaren Haltung löste Chefredaktor Christian Dorer damals viele Reaktionen aus. Und das dürfte er mit der neuesten Aktion wieder tun.

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Wer in einem Gastland leben wolle, soll dessen Werte, Pflichte und Normen respektieren, schreibt der «Blick» in seiner aktuellen Ausgabe. Was selbstverständlich klinge, sei es in der Praxis nicht immer. Seit fast zehn Jahren hätten die Kantone die Möglichkeit, mit Flüchtlingen einen Integrationsvertrag abzuschliessen. Doch nur die wenigsten würden es tun. Deshalb nehme sich der «Blick» des Themas an, «mit einem konstruktiven Vorschlag, mit einer konkreten Idee», sagt der Chefredaktor im Video auf der Homepage.

Gefordert wird: «Jeder Flüchtling, der in der Schweiz leben will, soll einen Integrationsvertrag unterschreiben. Damit verpflichtet sich er oder sie, unsere wichtigsten Werte, Pflichten und Normen zu respektieren.» Und den «lieben Zugezogenen» biete der Vertrag «entscheidende Vorteile»: Er verpflichte nicht nur den Staat, dafür zu sorgen, dass «Sie sich auch wirklich so gut wie möglich integrieren können», sagt Dorer im Film weiter.

Der Vertrag gebe darüber hinaus auch die Sicherheit, dass «Sie hier willkommen sind – weil Sie uns Schweizern damit versprechen, die Spielregeln einzuhalten». Denn diese Spielregeln würden für alle in diesem Land gelten. «Wer sich daran hält, macht die Schweiz freundlicher, zuverlässiger, stärker, freier», sagt Dorer.

Kein Gag, sondern «starke Botschaft»

Als der «Blick» Mitte März auf Türkisch erschienen war, sagte der Chefredaktor in einem Interview mit persoenlich.com auf die Frage, ob Boulevard so stark politisch sein müsse, damit er sich weiterhin verkaufe: Der «Blick» habe eine Haltung, eine Meinung – und tue diese auch kund. Er wolle Diskussionen ermöglichen, anregen und dabei immer mal wieder aus den üblichen Formen ausbrechen. «Nicht als Gag, sondern als starke Botschaft.»



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Kommentare

  • claude cueni, 21.04.2017 13:18 Uhr
    in vertraegen sind nicht nur die pflichten aufgeführt, sondern auch die strafen die bei vertragsverletzungen erfolgen. und wer falsche angaben zu person und herkunft macht, wird dieses papier sofort unterschreiben und sich wohl kaum daran halten.
  • Roger Doelly, 20.04.2017 13:08 Uhr
    Hier geht es um einen Wichtigtuer, viel Anmassung und noch mehr Schaumschlägerei. Bin mal gespannt, wie lange Christian Dorer auf seinem Posten bleibt.
  • Dieter Widmer, 20.04.2017 09:08 Uhr
    Ich finde den Integrations-Vertrag nicht nur eine Schnapsidee, sondern auch dumm. Blick meldet, die ersten Ausländer hätten den Vertrag unterzeichnet. Und was nun? Der Vertrag hat schlicht und einfach keine Wirkung. Er gaukelt den Unterzeichnen irgendeine Sicherheit vor, sie könnten im Land integriert werden und bleiben. In Tat und Wahrheit ist es ein Stück Papier, das nutzlos ist. Nur Verträge mit der öffentlichen Hand sind rechtlich verbindlich.
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