04.02.2004

Byebye Mac?

Nach Ringier, Tamedia und NZZ planen auch Jean Frey, Basler Zeitung Medien und Espace Media Groupe den Ausstieg aus der Apple-Welt. Der letzte Entscheid wird für Mitte Jahr erwartet. Nachdem auch die AZ Medien mehrheitlich mit Windows produziert, arbeitet mittelfristig möglicherweise kein Deutschschweizer Grossverlag mehr mit Macintosh-Computern.
Byebye Mac?

Auf Apple kommen in der Schweiz schwere Zeiten zu -- zumindest bei den Geschäftskunden. Ende Dezember machte "persoenlich.com" publik, dass Tamedia, Ringier und NZZ nach einer gemeinsam durchgeführten Evaluation den Abschied von Macintosh beschlossen haben. Weitere Recherchen haben nun ergeben, dass der Beschluss der Zürcher Grossverlage Signalwirkung hatte.

So will auch die Basler Zeitung Medien (BZM) ihre IT-Plattformen vereinheitlichen, wie Informatik-Leiter Hansjörg Gerster auf Anfrage von "persoenlich.com" erklärt. Der Unterhalt von verschiedenen Betriebssystemen sei zu kostspielig. Ausserdem rechne er mit einer Zunahme von zeitkritischen Verlagsprojekten, weshalb Schnittstellenprobleme ausgemerzt werden müssten. Es seien deshalb verschiedene Varianten geprüft worden, darunter auch Linux, das als langfristige Lösung "im Hinterkopf" bleibe.

Im Bezug auf Apple meint Gerster: "Unsere Abklärungen gehen in die gleiche Richtung wie bei den Grossverlagen." Ein Betriebssystem mit zwei Prozent Marktanteil mache einfach keinen Sinn. Zumal das Unternehmen seine im Konsumgütermarkt erfolgreiche Strategie von Überraschung und Verschwiegenheit auch auf den Business-Bereich übertrage, was bei Kunden und Software-Entwicklern zu Verunsicherung führe. Dass das Redaktionssystem QPS von Quark zudem lange Zeit nicht auf dem neuen Mac-Betriebssystem OS X gelaufen sei, habe zu einer Patt-Situation geführt. Dies umso mehr, als grossen Update-Kosten keine eigentliche Innovation gegenübergestanden seien.

Bis Mitte Jahr will Hansjörg Gerster nun der BZM-Unternehmensleitung einen Projektplan unterbreiten. Dabei soll die Druckvorstufe als letzte Abteilung 2007 umgerüstet werden. Noch zügiger will Gerster bei der ehemaligen BZM-Tochter Jean Frey voranschreiten, wo er ebenfalls als oberster IT-Verantwortlicher amtiert. Hier erwartet er einen Entscheid bereits im April. "Die Umsetzung kann schnell gehen, wurde die nötige Vorarbeit doch bereits von den anderen Verlagen geleistet."

Bei der Espace Media Groupe (EMG), der Mehrheitsaktionärin der Berner Zeitung, ist die Abkehr vom Mac bereits beschlossen, wenngleich man die Sache hier etwas gemächlicher angehen will. "Der grundsätzliche Entscheid ist gefallen, unser Fahrplan ist aber nicht so absolut wie beispielsweise bei Ringier", meint EMG-Informatik-Chef Franz Bürgi auf Anfrage. Der Trend sei jedenfalls klar: "Wir stellen fest, dass die Entwicklung im Bereich der Redaktions- und Anzeigenlösungen klar in Richtung Windows läuft -- dies schafft einen Sachzwang. Wir werden ab sofort nach dem Motto 'Mac wo nötig, Windows wo möglich' investieren, bei Neuevaluationen wird grundsätzlich auf die Windows-Plattform gesetzt." Trotzdem werde bei EMG die Mac-Plattform noch einige Jahre weiterbetrieben werden. Konkrete Pläne für die Migration im Akzidenzbereich gebe es noch nicht.

Für Apple entsteht gemäss Bürgi durch den Entscheid der Grossverlage eine schwierige Situation, habe doch die Schweiz im Medienbereich im Vergleich zu anderen Ländern eine grosse Mac-Population. Weiter sei aufgrund der zunehmenden Anzahl von Kooperationen unter den Medien zu erwarten, dass eine Vereinheitlichung in absehbarer Zeit auch kleinere Verlage und Agenturen betreffen dürfte.

Diese düstere Prognose wird dadurch bestätigt, dass der Entscheid gegen Apple in der IT-Projektgruppe "RNT" -- so benannt nach den beteiligten Verlagen Ringier, NZZ und Tamedia -- dem Vernehmen nach mit überwiegender Mehrheit gefallen sein soll. Erschwerend wirkt zudem, dass die AZ Medien Apple bereits heute nur noch in der Druckvorstufe einsetzt.

Bei Apple Schweiz wusste man am Mittwochnachmittag noch nichts über die Pläne von Espace Media, BZM und Jean Frey. General Manager Roger Brustio: "Uns ist bekannt, dass ausserhalb von RNT auch bei allen anderen grossen Verlagen Entscheide über die Weiterentwicklung der IT-Plattform anstehen. Über konkrete Beschlüsse hat man uns aber noch nicht informiert." Entsprechend wollte Brustio auch "nicht auf Spekulationen reagieren". Immerhin meinte er: "Sollten wir von den Top Ten der Verlagsbranche sieben verlieren, wäre das sicher einschneidend. Wir werden jedenfalls weiter aktiv sein und die IT-Verantwortlichen über unsere Produkte informieren. Wir geben nicht so schnell auf."

Eine Massenabwanderung der KMU befürchtet er denn auch dann nicht, wenn alle grossen Häuser sich gegen Mac entscheiden. "Ich sehe das nicht so schwarz-weiss. Ich vertraue darauf, das gerade kleinere und mittlere Betriebe eine saubere Kosten-Nutzen-Rechnung machen. Ausserdem liegt unsere Kompatibilität mit Windows heute bei nahezu hundert Prozent."


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