12.01.2004

GAV-Verhandlungen

Comedia droht mit Streik

Sozialpartner vorerst noch auf Konsenssuche.

In der Druckereibranche bahnt sich ein schwerer Arbeitskonflikt an. Die Gewerkschaft comedia droht mit einem nationalen Streik, sollte der auslaufende Gesamtarbeitsvertrag (GAV) der grafischen Industrie nicht verbessert werden. Nach den erfolgreichen Streiks bei Allpack und Tamedia (ARO) werde comedia gegebenenfalls nicht zögern, die Beschäftigten zu einem landesweiten Streik aufzurufen, sagte comedia- Zentralsekretärin Denise Chervet am Montag an einer Medienkonferenz in Bern. Die Mobilisierung laufe, fünf regionale Aktionskomitees seien geschaffen worden.

Der geltende GAV läuft nach zehn Jahren am 30. April aus. Die comedia fordert für den neuen GAV einen automatischen Teuerungsausgleich (inklusive Anstieg der Krankenkassenprämien) und eine Reallohnerhöhung von 200 Franken für alle. Es bestehe Nachholbedarf, denn die Löhne hätten in den letzten zehn Jahren stagniert (+0.1 Prozent) während die Produktivität um 30 Prozent zugenommen habe. Zu Arbeitszeitverkürzungen sei es nicht gekommen.

Zudem verlangen die Gewerkschafter, dass der GAV allgemeinverbindlich erklärt wird. Heute gilt er nur für 12'000 von gut 30'000 Beschäftigten. Abseits stehen gemäss den Angaben etwa der grösste Westschweizer Verlagskonzern Edipress, die Zürichsee Druckereien oder der Verlag "Südostschweiz". Ein weiterer Schwerpunkt ist für comedia die Lohngleichheit für Frauen und Männer. Zudem müssten die Mindestlöhne erhöht und der Kündigungsschutz verbessert werden. Die Vorschläge der Arbeitgeber seien eine Beleidigung der Beschäftigten, sagte comedia-Zentralsekretär Pierre-André Charrière. Mindestlöhne, Arbeitszeit, Nacht- und Sonntagszuschläge, Ferienanspruch und Feiertage sollten demnach nicht mehr im Rahmen des GAV, sondern direkt in den Betrieben verhandelt werden.

Sollte der Arbeitgeberverband viscom die Verhandlungen scheitern lassen, werde comedia ihre Mitglieder in einer Urabstimmung konsultieren und über einen Streikaufruf befinden. Für den neuen GAV haben sich die Vertragspartner am letzten Donnerstag getroffen; sieben weitere Verhandlungsrunden stehen an. "Wir haben die Mittel, auch finanziell, für einen nationalen Streik", drohte Chervet. "Zuerst suchen wir aber das Gespräch".

Auch die Arbeitgeber setzten vorerst auf Verhandlungen. Es gelte, nun einen Kompromiss zu suchen, denn die gestellten Forderungen würden die Personalkosten insgesamt um unannehmbare 35 Prozent erhöhen, sagte Viscom-Direktor Hans-Ulrich Bigler auf Anfrage. Dabei rechne Viscom damit, dass in den nächsten Jahren ein Fünftel der Betriebe wegen des Strukturwandels verschwinden werde. Er denke, dass sich auch bei den Gewerkschaften die konstruktiven Kräfte durchsetzen werden, denn sonst gebe es gar keinen GAV mehr, sagte Bigler. Viscom hatte von den Gewerkschaften ein Bekenntnis zur Friedenspflicht gefordert, solange der GAV gilt oder ein neuer in Kraft tritt.


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