12.09.2023

Unikom

Darum verlassen Alternativradios ihren Verband

Die Union nicht-gewinnorientierter Lokalradios ist in den letzten Jahren gewachsen. Die historischen Mitglieder sehen sich durch die neuen Sender marginalisiert. persoenlich.com hat mit beiden Seiten gesprochen.
Unikom: Darum verlassen Alternativradios ihren Verband
Thomas Gilgen (links), Vorstandsmitglied Unikom, vertritt die meldepflichtigen Sender, die im Verband verbleiben. Jürg Morgenegg, Geschäftsführer Kanal K, ist mit seinem Sender ausgetreten. (Bilder: Keystone/Gaëtan Bally und zVg)

Die Mitteilung kam nicht ganz überraschend. Schon länger trug sich eine Reihe von Radios mit dem Gedanken, den Verband Unikom zu verlassen. Nun haben Radio X (Basel) RaBe (Bern), 3Fach (Luzern), Toxic.fm (St. Gallen), Stadtfilter (Winterthur), RaSa (Schaffhausen) und Kanal K (Aarau) den Schritt getan. Sie verlassen die Union nicht gewinnorientierter Lokalradios Unikom (persoenlich.com berichtete). Die sieben, die nun gehen, sind alles Lokalradios, die massgeblich über die Medienabgabe finanziert sind. Sie erhalten das Geld dafür, dass sie einen Leistungsauftrag erfüllen, indem sie insbesondere die sprachlichen und kulturellen Minderheiten berücksichtigen.

Der Grund für den Austritt liegt gemäss den sieben Sendern in der Mitgliederentwicklung des Verbands. Gegründet wurde Unikom 1983 als Verein der damals neu entstandenen Alternativradios, «deren Betrieb nicht auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist». Sie sollten in der damals liberalisierten Radiolandschaft eine Ergänzung zu den kommerziellen Lokalradios bieten und erhalten dafür Gebührengeld und einen Konzessionsauftrag. Bis heute strahlen diese Radios ihr Programm auch über UKW aus.

Öffnung des Verbands für Internetradios

Vor gut zehn Jahren öffnete sich Unikom für Nischensender, die als sogenannte meldepflichtige Radios ohne Konzession und ohne UKW ihr Programm via Internet oder DAB+-Digitalradio verbreiten. Inzwischen stellt dieser Radiotyp die Mehrheit der Unikom-Mitglieder.

Dieses Ungleichgewicht sorgte in den letzten Jahren für Spannungen und nun zum Entscheid der sieben Sender, den Verband zu verlassen. «Die Situation, die nun in unserem Austritt gemündet ist, entstand dadurch, dass die Meldepflichtigen Radios seit circa 2019 die klare Mehrheit bildeten. Dies liessen sie uns anlässlich der letzten Mitgliederversammlung spüren, indem zum Beispiel unsere Vertreterinnen und Vertreter aus dem Vorstand abgewählt wurden», sagt Jürg Morgenegg, Geschäftsführer Kanal K, gegenüber persoenlich.com zum unmittelbaren Anlass für den Austritt.

«Waren sonst immer gleicher Meinung»

So sind dies denn auch nicht in erster Linie inhaltliche Differenzen, die zur Abspaltung führten. Einzig zum Abschalttermin von UKW habe es unterschiedliche Ansichten gegeben. Wobei es so war, dass die meldepflichtigen auf ein schnelles UKW-Ende drängten, während die Alternativradios keine einheitliche Meinung dazu vertraten. «Abgesehen davon gab es kein Geschäft, wo wir unterschiedlicher Meinung waren», sagt Thomas Gilgen, der die meldepflichtigen Radios im Unikom-Vorstand vertritt. Gilgen weist zudem darauf hin, dass mit Radio Lora (Zürich) einer der historischen UKW-Alternativsender im Verband verbleibt und auch weiterhin im Vorstand mitarbeitet.

Auch wenn es bisher keine inhaltlichen Differenzen gegeben hatte zwischen den beiden unterschiedlichen Radiotypen innerhalb von Unikom, so lagen die Prioritäten doch anders. Für die konzessionierten Sender geht es etwa aktuell um die Neukonzessionierung, um die Erhöhung des Abgabenanteils für private TV- und Radiostationen und um die Weiterführung rund um die Subvention der Aus- und Weiterbildung. «Die meldepflichtigen Radios betreffen diese Punkte nicht oder weniger», sagt Jürg Morgenegg.

Ausgetretene Radios bauen neue Struktur auf

Für die aus Unikom ausgetretenen Sender war es auch eine Frage der Ressourcen, ob sie sich mit der Reform der Verbandsstrukturen befassen wollen oder mit Radiopolitik. Jürg Morgenegg von Kanal K sieht die Trennung auch als Aufbruch. «Vielleicht werden wir als kleine Gruppe sogar besser wahrgenommen, weil wir alle die gleichen Interessen vertreten.» So würde es beispielsweise für das Bakom einfacher, weil sie klare Ansprechpersonen für die konzessionierten Radios mit Leistungsaufträgen haben. Darum sei man nun daran, so Morgenegg, zusammen eine neue Struktur aufzubauen. «Wir wollen auf jeden Fall gemeinsam unsere Interessen vertreten können.»

Auf Seiten der im Verband verbleibenden Radios findet man es schade, dass die sieben Sender keinen anderen Ausweg als den Austritt gesehen haben. «Wir hoffen darum, dass sie irgendwann zurückkommen», sagt Unikom-Vorstandsmitglied Thomas Gilgen.

Was die weitere Zusammenarbeit angeht, zeigt man sich zuversichtlich. Man sei nicht im Streit auseinandergegangen, sagt Jürg Morgenegg, und ergänzt: «Wir können immer noch miteinander reden und wir werden das auch tun, schliesslich vertreten wir weiterhin gemeinsame Anliegen.»


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