03.10.2025

20 Minuten

«Das Kleid passt wieder perfekt zum Inhalt»

Mit der Einstellung der Printausgabe Ende Jahr startet 20 Minuten in die digitale Zukunft – und präsentiert sich in neuem Gewand. CEO Bernhard Brechbühl erklärt, warum die Marke ein umfassendes Upgrade erhalten hat und weshalb der Slogan «Lesen macht sexy» bewusst nicht das eigene Produkt in den Mittelpunkt stellt.
20 Minuten: «Das Kleid passt wieder perfekt zum Inhalt»
«Wir haben uns ganz auf Nutzerzentrierung eingeschworen und in Befragungen mit mehr als 3000 Antworten festgestellt: Die Leserinnen und Leser wollen maximale Einfachheit», so Bernhard Brechbühl, CEO der 20 Minuten Gruppe. (Bild: 20 Minuten/Marco Zangger)

Herr Brechbühl, 20 Minuten lanciert ein neues Erscheinungsbild. Was war der Auslöser für diese Veränderung?
Der Eintritt in die neue Ära von 20 Minuten. Mit der Einstellung unserer Printausgabe per Ende Jahr gehen wir in die digitale Zukunft. Zwar sind wir bereits sehr weit transformiert – mit einer klaren Führungsposition im digitalen Nutzermarkt der Schweiz und einem digitalen Umsatzanteil von mehr als 75 Prozent. Aber wir haben die neue Ära zum Anlass genommen, unserer Marke und unserem Produkt ein umfassendes Upgrade zu verpassen, damit wir mit voller Beschleunigung in die Zukunft starten können.

Was verändert sich konkret für die Userinnen und User?
Zunächst dürfte ihnen das neue Logo auffallen, das seinen ikonischen Charakter beibehalten, aber nun im digitalen Raum mehr Strahlkraft hat. Mit dem neuen Designsystem hat die Marke auf allen Touchpoints eine höhere Wiedererkennbarkeit. Dann werden die Nutzerinnen und Nutzer sehen, dass die Inhalte und die Werbung eine zeitgemässe digitale Bühne bekommen haben, die den Besuch auf 20 Minuten zu einem besseren Erlebnis macht. Das neue Produktdesign und die Schriften sorgen für mehr Wertigkeit, Klarheit und bessere Lesbarkeit. Wir haben die Nutzerführung radikal vereinfacht.

«Es ist im Prinzip eine Gattungskampagne für das Lesen»

Warum war das nötig?
Wir haben uns ganz auf Nutzerzentrierung eingeschworen und in Befragungen mit mehr als 3000 Antworten festgestellt: Die Leserinnen und Leser wollen maximale Einfachheit. Nice-to-have-Features aus der Vergangenheit haben wir eingestellt. Dafür haben wir elementare Funktionen, die sich unsere Nutzerschaft ausdrücklich gewünscht hat, hinzugefügt, zum Beispiel die Merkliste zum Abspeichern von Artikeln oder das Notification Center, in dem die Kommentarverfasser bei Reaktionen auf ihre Kommentare umgehend benachrichtigt werden. Es galt «Reduce to the max», um auf einer zukunftsfähigen Basis weitere Innovationen an den Start bringen zu können: So lancieren wir im kommenden Jahr in unserem Digitalprodukt ein Vertical-Video-Erlebnis, das die Storytelling-Stärken von 20 Minuten voll zur Geltung bringen wird, sowie ein Fussball-Content-Universum, das insbesondere junge Zielgruppen ansprechen wird. Beide Initiativen werden unseren Werbekunden neue, attraktive Umfelder und Platzierungen bieten.

Ihr Slogan heisst «Lesen macht sexy», also der Name 20 Minuten kommt darin nicht vor. Ist dies bewusst gewählt?
Unser neues 20-Minuten-Logo wird immer neben dem Slogan stehen. Aber es ist tatsächlich so, dass wir in dieser Kampagne nicht unser Produkt in den Mittelpunkt stellen, sondern die Menschen, die 20 Minuten lesen, oder auch andere journalistische Erzeugnisse. Es ist im Prinzip eine Gattungskampagne für das Lesen. Wer verlässliche Informationen aufnimmt, wird klüger und kann in der Gesellschaft mitreden. Das macht einen attraktiver. Die Verwandlung im Gesicht einer lesenden Person ist eindrücklich: Sie ist plötzlich konzentriert und fasziniert. Eine innere Schönheit kehrt sich in diesen Momenten nach aussen. Eine wunderbare Beobachtung der Schöpfer der Kampagne, Thomas Wildberger und Thomas Schöb, die zum pointierten Claim «Lesen macht sexy» geführt hat. Der renommierte Westschweizer Fotograf Anoush Abrar und der mehrfach preisgekrönte deutsche Filmregisseur Simon Verhoeven haben unsere zwölf Fotosujets und vier Werbefilme in perfekter Ästhetik umgesetzt.

Sie erwähnen es: Prophet und Thomas Wildberger waren von der Agenturseite für Ihren neuen Auftritt verantwortlich. Welche Vorgaben haben Sie gegeben, und wie verlief die Zusammenarbeit?
Es hat damit angefangen, dass Thomas Wildberger und ich einmal bei einem Mittagessen nur sehr wenige herausragende Kampagnen von Medienmarken aufzählen konnten. Das hat er wohl als Ansporn genommen, um uns dann zusammen mit Thomas Schöb spontan die Idee «Lesen macht sexy» zu pitchen. Das war letztes Jahr. Mit der gemeinsamen Arbeit haben wir erst im Frühsommer dieses Jahres begonnen, als sich für uns abzeichnete, dass wir im Dezember die Tageszeitung einstellen werden. Der Auftrag an Prophet unter der Leitung von Thomas Wildberger umfasste Markenpositionierung und -design sowie die Kampagne. Wir hatten als 20-Minuten-Team das Privileg, mit exzellenten Strategen, Designern und Kreativen zusammenzuarbeiten. Dank eines ausgeprägten gegenseitigen Verständnisses konnten wir starke Ideen von beiden Seiten zu einem fantastischen Ergebnis verschmelzen.

«Der neue Marktauftritt wird uns neue Nutzerinnen und Nutzer für unser Digitalangebot bringen»

Was ist das Ziel des neuen Marktauftritts?
Alle Veränderungen von Marke, App und Webseite sowie die neue Kampagne strahlen eine hohe Wertigkeit aus und gleichzeitig die Lebensfreude, die 20 Minuten seit mehr als 25 Jahren ausmacht. Während wir unser Markenversprechen und unsere Publizistik in den letzten drei Jahren laufend geschärft haben, was in einer tollen Entwicklung auf dem Nutzermarkt resultierte, konnten Marke und Digitalprodukt nicht im Gleichschritt mitgehen. Jetzt passt das Kleid wieder perfekt zum Inhalt. Damit steigt die wahrgenommene Gesamtqualität unseres Angebots weiter, und wir verstärken die Relevanz von 20 Minuten für das junge Zielpublikum. Der neue Marktauftritt wird uns neue Nutzerinnen und Nutzer für unser Digitalangebot bringen.

Findet er nur in der Deutschschweiz statt? Oder auch in der Romandie?
Gleichzeitig in der Deutsch- und Westschweiz. In der Romandie ist der neue Slogan ebenfalls prägnant und hat sogar zwei Buchstaben weniger: «Lire rend sexy».

Wie und wo bewerben Sie das «neue» 20 Minuten?
Wir spielen die ganze Klaviatur: von Out of Home, Kino, TV, Radio, Print über Display und Social bis hin zum VBZ-Tram im «Lesen macht sexy»-Look.

Sie sind heute CEO der 20-Minuten-Gruppe, gehörten aber bereits 2000 dem Urteam der damaligen Pendlerzeitung an. Was hat sich am meisten verändert? Was aber ist gleich geblieben?
20 Minuten ist seinen Kerneigenschaften wie zum Beispiel Kompaktheit und Neutralität stets treu geblieben und hat sich gleichzeitig sehr schnell an die neuen Gegebenheiten des Mediengeschäfts angepasst und die Qualität des Angebots laufend gesteigert, was allgemein anerkannt wird. Was zum Glück auch gleich geblieben ist: Wir nehmen uns damals wie heute die Freiheit, unseren eigenen Weg zu gehen.


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KOMMENTARE

Max Röthlisberger
03.10.2025 15:48 Uhr
«Das Kleid passt wieder perfekt zum Inhalt». Dem möchte ich auf keinen Fall wiedersprechen.
armin Kaspar
03.10.2025 15:37 Uhr
Der Tamedia Verlag sollte genug Geld haben für eine Papierzeitung wie der rentable Tagesanzeiger.
Urs Weibel
03.10.2025 15:14 Uhr
Mir ist der Inhalt wichtiger als der Markauftritt; schauen wir einmal wie sich die Sache entwickelt.
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