Pietro Supino sprach am Dienstag vor den Medien in Zürich von einem «guten Geschäftsjahr». Dies sei bemerkenswert, «weil es nicht einfacher geworden ist in der Branche». In Zahlen heisst das: Tamedia hat den Reingewinn vor allem dank Sondereffekten um 39 Prozent auf 170,2 Millionen Franken gesteigert. Das Betriebsergebnis nahm um über 59 Prozent auf 180,7 Millionen Franken zu, während der Gesamtumsatz um 3 Prozent auf 974,2 Millionen sank (persoenlich.com berichtete).
Dieses Ergebnis mache zuversichtlich, sagte Supino, «es motiviert zu neuen Investitionen im Kerngeschäft – und das ist die Publizistik». Ob dazu auch der Kauf der «Basler Zeitung» gehört, wie die «Schweiz am Wochenende» berichtet hatte, bleibt offen. Bestätigen wollte Supino am Dienstag nur, dass immer wieder Gespräche stattfinden und die BaZ seiner Ansicht nach gut zu Tamedia passen würde.
Lob und Tadel für die Redaktoren
Mit der journalistischen Qualität im eigenen Haus ist der VR-Präsident zufrieden. Trotz sinkender Einnahmen leisteten die Redaktionen «gleich guten, wenn nicht besseren Journalismus». Ob das so ist, soll nächstes Jahr das Qualitätsmonitoring erfassen. Der erste Tamedia-Qualitätsbericht wurde ebenfalls am Dienstag vorgestellt.
Unter der Leitung des ehemaligen «Tages-Anzeiger»-Chefredaktors Res Strehle haben Experten die einzelnen Titel untersucht. Als Schwachstellen nennen sie Verbesserungswürdiges, wie fehlende Distanz zu den Quellen oder fehlende Trennung von redaktionellem Teil und Inhalt (persoenlich.com berichtete).
Zu viel Personal für neue Aufstellung
Auch das Projekt 2020 – die Neuaufstellung der bezahlten Zeitungen mit gemeinsamem Mantelteil – gilt intern als Erfolg. Noch stehen Verbesserungen bevor, vor allem technische. Bislang sei die Umsetzung perfekt vonstatten gegangen, sagte Konzernchef Christoph Tonini und sprach der Redaktion ein Kompliment aus. Natürlich sei die Vielfalt weniger gross, doch die Leser bekämen dies nicht zu spüren. Seit der Zusammenlegung Anfang Januar 2018 habe es 100 Abokündigungen gegeben, vor allem bei Doppelabonnenten – das sind solche, gleichzeitig etwa die «Berner Zeitung» und den «Tages-Anzeiger» lesen und nun in beiden Titeln die genau gleichen Artikel finden.
Auf die Nachfrage eines Journalisten ergänzte Tonini allerdings, dass derzeit mit der neuen Arbeitsweise zu viel Personal angestellt sei. Man wolle am Vorhaben festhalten, die Reorganisation über die Fluktuation zu bewältigen. Falls es jedoch in den kommenden drei Jahren nicht mehr natürliche Abgänge gebe, sei «nicht auszuschliessen, dass es in Zukunft zu Kündigungen kommen wird».
«Sehr garstiges» Umfeld
Trotz journalistischer Qualität und gutem Ergebnis: Der Medienwandel setzt sich ungebremst fort. «Das Umfeld im Printmedienmarkt war wieder sehr garstig», sagte Konzernchef Tonini. So gingen bei Tamedia die Werbeumsätze im Print um 35 Millionen Franken zurück.
Deutlich zugelegt haben im Gegenzug die digitalen Angebote. Ihr Umsatzanteil stieg innert Jahresfrist von 31 Prozent auf 37,5 Prozent. Tonini führt dies unter anderem auf neue Angebote wie den Tagespass zurück. Zwischen Januar und Dezember 2017 stieg die Zahl der Digitalabos von 35'506 auf 55'508 (vgl. Abbildung oben). Dazu zählen Einzelausgaben ebenso wie etwa Tagespässe, mobile Abos oder die «12 App». Ob Print, App oder Online: Tamedia will die Abozahlen weiter steigern. Die Tendenz der letzten Jahre müsse sich so fortsetzen, sagte Tonini.
Annäherung an Admeira
Nach Jahren des Umsatzrückgang und der Stabilisierung wolle Tamedia nun wieder wachsen, sagte Tonini. Mit der Integration von Goldbach und Neo Advertising wolle man eine gemeinsame Werbepalette aus einer Hand anbieten (siehe Abbildungen unten).
«Hier wollen wir zusammen mit anderen Partnern einen Teil der Gelder, die an Google oder Facebook gehen, zu uns holen oder sie da behalten», so Tonini. Ein solcher Partner könnte oder müsste Admeira sein, umriss er seine Vision – und ergänzte: Allerdings müssten sich vor einer solchen Zusammenarbeit die Emotionen wohl erst etwas abkühlen.
Moratorium für Kündigungen
Das gute Ergebnis hat am Dienstag die Arbeitnehmervertreter auf den Plan gerufen. Der Berufsverband Impressum forderte ein zweijähriges Kündigungsmoratorium. Zudem solle Tamedia die Doktrin aufgeben, Quersubventionierungen zu vermeiden und stattdessen Journalismus aus dem Konzerngewinn finanzieren. Die Gewerkschaft Syndicom forderte Garantien für den Erhalt der medialen Vielfalt und ein Moratorium für Abbaumassnahmen.
Auf eine Frage zum Abbau bei der Nachrichtenagentur SDA sagte Verwaltungsratspräsident Supino: «Wir halten die SDA für eine wichtige Unternehmung, der wir weiterhin treu sein wollen.» Aber sie müsse sich angesichts des Umfelds in der Branche ändern. «Wir hoffen, dass die ungute Situation in den nächsten Monaten bewältigt werden kann.» Tamedia ist in der derzeitigen Struktur die grösste Aktionärin der Agentur. (sda/eh)