03.01.2024

Kassensturz

«Das war revolutionär»

Roger Schawinski hat vor über 50 Jahren das Konzept für die SRF-Sendung «Kassensturz» verfasst. Nächste Woche ist er in der Jubiläumsausgabe zu Gast. Ein Gespräch über die Entstehung und den Erfolg des Formats.
Kassensturz: «Das war revolutionär»
«Ich habe als 27-jähriger Jungspund ein Konzept vorgelegt», sagt Roger Schawinski zur SRF-Sendung «Kassensturz». (Bilder: SRF/Keystone/Gaetan Bally)

Herr Schawinski, der «Kassensturz» wurde am 4. Januar 1974 erstmals ausgestrahlt und ist heute neben der «Rundschau» und «Tagesschau» die älteste Informationssendung des Schweizer Fernsehens. Was ist das Erfolgsgeheimnis des Formats?
Ich habe alles umgedreht. Nicht mehr Wirtschaftsinformation von oben wie zuvor, sondern von unten, also aus der Sicht der Konsumenten. Das war revolutionär.

Wie kam es zur Gründung dieser Sendung?
Es hiess, man wolle ein Wirtschaftsmagazin ins Programm nehmen. Ich habe als 27-jähriger Jungspund ein Konzept vorgelegt – und alle fanden es zu meiner Verblüffung auf Anhieb toll. Ich entschied in der Folge alles alleine: Sendungsname, Signet, Studiogestaltung und übernahm sogar die Moderation, obwohl ich weder ein Casting durchlief noch irgendwelche Erfahrung mitbrachte. All dies wäre heute absolut undenkbar.

Hatten Sie ein Vorbild für den «Kassensturz»?
Nein.

Sie waren ja eigentlich nur dritte Wahl der SRG-Oberen, wie Sie in Ihrer Biografie schreiben …
Die mir Vorgesetzten wollten nicht eine Sendung im Vorabendprogramm machen. Das empfanden sie als entwürdigend. Mir war das egal. Nach einem Jahr war der «Kassensturz» wegen des grossen Erfolgs bereits im Hauptabendprogramm.

Hat der «Kassensturz» sogleich beim Publikum eingeschlagen?
Von der ersten Sendung an – wie eine Bombe. Mit bis zu 70 Prozent Marktanteil! Das wäre heute absolut undenkbar.

Berühmt wurde die Berichterstattung über Henniez, das angeblich zu wenig Mineralstoffe hatte, aber auch der legendäre Ravioli-Test. Wie haben Ihre Chefs darauf reagiert?
Eher naserümpfend. Der damalige Fernsehdirektor Guido Frei hat sich bei mir einmal beklagt, dass er wegen mir am Wochenende die eingereichte Klage bearbeiten müsse. Ich habe geantwortet, solange wir gewinnen, sei doch alles in Ordnung. Dann hätten wir alles richtig gemacht. Und genauso ist es gekommen. Wir haben in keinem einzigen Fall verloren.

Hat sich der Konsumentenschutz in den vergangenen 50 Jahren verändert?
Überraschend wenig. Die Konsumentenschutz-Organisationen führen leider immer noch ein Mauerblümchen-Dasein. Ganz anders der «Kassensturz». Er ist die wichtigste Konsumentenschutz-Instanz geblieben. Dies ist absolut unglaublich. Ein halbes Jahrhundert lang das erfolgreichste Magazin – und das im schnelllebigen Medium Fernsehen. Und besonders erstaunlich: Der Gründer und erste Moderator lebt noch und kommt ohne Rollator in die Jubiläumssendung am nächsten Dienstag.


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