21.12.2023

Zwölf

Die Fussball-Nische wurde immer grösser

Das inzwischen einzige Fussballmagazin der Schweiz ist in den letzten 17 Jahren quasi von der Amateur- in die Profiliga aufgestiegen. Zur 100. Ausgabe von Zwölf bietet Mitgründer Sandro Danilo Spadini einen Einblick in die Entstehungs- und Erfolgsgeschichte
Zwölf: Die Fussball-Nische wurde immer grösser
Er kennt die Geschichte und die Zahlen: Sandro Danilo Spadini, Buchhalter und Mitgründer des Fussballmagazins Zwölf. (Bilder: zVg)

Da waren es schon hundert. Am 23. Dezember erscheint die Jubiläumsausgabe des – inzwischen einzigen – Schweizer Fussballmagazins. «Dass es mal so weit kommt, damit hätten wir vor 17 Jahren nicht wirklich gerechnet, aber es wurde halt alles immer etwas grösser», kommentiert Wolf Röcken, eines von drei Gründungsmitgliedern, die erfreuliche Entwicklung. Der zunehmende Publikumszuspruch hätte ein Aufgeben schwierig gemacht. Sie haben immer weitergemacht, weil ein Bedürfnis besteht und weil sich das Heft redaktionell und finanziell auf solide Beine stellen liess.

Heute prägt vor allem Chefredaktor Mämä Sykora das Blatt. Ein breiteres Publikum kennt das wandelnde Fussballlexikon wegen des SRF-Podcasts «Sykora Gisler» und weiterer Radio- und Fernsehauftritte. Bei der Gründung war Sykora nicht dabei. Er kam als Kolumnist zu Zwölf, übernahm immer mehr Verantwortung und fand, so besagt es zumindest die Legende, per Zufall in die Chefredaktion, weil der Layouter seinen Namen an der entsprechenden Stelle ins Impressum schrieb. Sykora hatte nichts gegen die spontane Beförderung einzuwenden. Das war 2012.

11 Freunde als Vorbild

Sechs Jahre zuvor hatten zwei Freunde eine Bieridee. Sandro Danilo Spadini (im Bild oben rechts) und Gian-Andri Casutt, zwei Bündner im Berner Exil, sassen in einem Pub und fanden: So ein Magazin wie in Deutschland mit 11 Freunde eines erscheint, müsste es eigentlich auch in der Schweiz geben; Fussballgeschichten statt Matchberichterstattung, tief- und hintergründiger über die schönste Nebensache der Welt berichten, als dies Tageszeitungen, Radio und Fernsehen damals taten. Und vor allem: ein Heft von Fans für Fans. Daher auch der Name Zwölf, für den sprichwörtlichen «zwölften Mann» auf dem Platz.

«Schnell war es mehr als eine Bieridee», sagt Spadini im Gespräch mit persoenlich.com, der dem Heft bis heute als Präsident des Herausgebervereins vorsteht und als Buchhalter die Kasse im Griff hat. Aus den zwei Freunden wurde ein Trio zusammen mit dem Berner-Zeitung-Redaktor Wolf Röcken, den sie ins Boot holten. Er brachte das noch fehlende journalistische Know-how mit und als Historiker auch das Geschichtsbewusstsein.

Jeder der drei Gründer kannte irgendwen, der irgendetwas konnte, das es für die Herstellung eines Hefts brauchte. Das kleinste Problem war es, Journalisten zu finden (bis heute sind es grossmehrheitlich Männer, die für Zwölf schreiben), die Fussball-Geschichten aus der Schweiz erzählen wollten. Das neue Magazin versprach eine Plattform zu bieten für einen Journalismus, den es damals so noch nicht gab.

«Das waren komplett andere Zeiten»

Die erste Ausgabe erschien im Mai 2007. Vieles von dem, was die Eigenart des Magazins bis heute ausmacht, zeigte sich schon damals. Interviews mit Akteuren des Schweizer Fussballs, die tiefer schürfen, als es damals in Massenmedien üblich war. So schilderte Raimondo Ponte detailreich, wie seine Entlassungen als Trainer bei zwei Zürcher Vereinen abliefen, und nannte die beteiligten Akteure beim Namen. «Solche Interviews machten richtig Freude. Aber die Gesprächspartner wussten damals auch, dass ihre Aussagen nicht in der Öffentlichkeit breitgetreten werden», sagt Spadini im Rückblick. «Social Media spielte noch keine Rolle. Das waren komplett andere Zeiten.» Während sich die Onlinemedienwelt in den letzten 17 Jahren rasant entwickelt hat, bleib Zwölf dem Papier treu. Die grösste digitale Innovation bisher: ein E-Paper, das kürzlich eingeführt wurde.

In all den Jahren ging es immer aufwärts, wenn auch in kleinen Schritten und in gemächlichem Tempo. Als Grund dafür nennt Spadini «die realistische Anspruchshaltung». Keine Abenteuer und keine grossen Sprünge und vor allem: nur das Geld ausgeben, das reinkommt.

Nach einem Jahr hatten 1000 Personen Zwölf abonniert, heute sind es über 4500; dazu kommt der Einzelverkauf über Kiosk und Eigenvertrieb. Mit der Werbung lief es dagegen nicht immer wie gewünscht. Vor rund fünf Jahren verlor das Heft gleich mehrere grössere Inseratepartner. Inzwischen sieht es dank dem neuen Verkäufer Nico Pfäffli auch hier wieder gut aus. Spadini spricht im Fussballjargon von einem «Königstransfer», den man mit ihm gelandet habe.

Nebenprojekte füllen Kasse

Allein aus dem Leser- und Werbemarkt liess sich das Magazin bis vor Kurzem nicht vollständig finanzieren. «Wir haben schon immer wieder betriebsfremde Projekte gebraucht, um den Verlust zu decken», sagt Sandro Spadini. Ein solches war etwa eine faksimilierte Re-Edition sämtlicher Panini-Alben, die es je von den Schweizer Ligen gab. Das ergab zwei massige Alben im Kartonschuber für 150 Franken; eine Liebhaberei, die beim Zwölf-Publikum gut ankam – und die Kasse füllte.

Die Einnahmen aus Abos, Inseraten und Sonderaktionen ermöglichen inzwischen die Finanzierung von rund 180 Stellenprozenten für Redaktion und Layout. Erst kürzlich konnte man das Redaktionspensum um 20 Prozent aufstocken. Dafür hat Zwölf den beim Tages-Anzeiger entlassenen Kevin Brühlmann angestellt.

Auch die Honorare für freie Mitarbeiter bewegen sich inzwischen weit über den symbolischen 100 Franken, die es in den Anfängen für einen Artikel gab. Heute zahlt Zwölf für einen grösseren Text schon mal 700 Franken. Das sei heutzutage im Journalismus «auch kein Hungerlohn mehr», sagt Buchhalter Spadini.

100 Porträts als umfassende Werkschau

Die Professionalisierung der Redaktion widerspiegelt sich auch in den Texten. Man stellt höhere Ansprüche an sich selbst. Es werde mehr gefeilt und geschliffen an den Texten. «Früher waren wir beim Redigieren grosszügiger und haben mehr Ecken dringelassen», erinnert sich Spadini. Die 100. Ausgabe zeigt gut, wo das Heft heute steht. Die Porträts der «100 ungewöhnlichsten Fussballer auf unseren Plätzen» (ein paar Fussballerinnen sind auch dabei) lesen sich wie eine Werkschau: Von der subjektiven Miniatur über das historische Porträt bis zum (Kurz)-Interview in bewährter Zwölf-Machart zeigt die Redaktion zum Jubiläum ihr ganzes Können.

Mit der Wahl von Carlos Varela zur Nummer 1 auf der Liste der 100 traf die Redaktion zudem einen mindestens ebenso kontroversen Entscheid, wie die porträtierte Figur selbst umstritten war zu Aktivzeiten als Raubein, Grossmaul und Kartenkönig.


Newsletter wird abonniert...

Newsletter abonnieren

Wollen Sie Artikel wie diesen in Ihrer Mailbox? Erhalten Sie frühmorgens die relevantesten Branchennews in kompakter Form.

Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Die Branchennews täglich erhalten!

Jetzt Newsletter abonnieren.